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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Neben <strong>de</strong>n Abführungen „in die Zahlungsbilanz"<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Reservebildung fällt die Verwendung <strong>de</strong>r<br />

KoKo-Mittel unter volkswirtschaftlichem Aspekt<br />

kaum ins Gewicht. Technologieimporte hat KoKo<br />

nur vorfinanziert, die quantitativ relativ be<strong>de</strong>utungslosen<br />

Versorgungsimporte nur mitfinanziert (grob<br />

geschätzt in Höhe von 1 Mrd. VM insgesamt).<br />

Entsprechend seinem ursprünglichen Auftrag hat <strong>de</strong>r<br />

Bereich <strong>de</strong>m MfS <strong>und</strong> <strong>de</strong>r SED bzw. <strong>de</strong>r Nomenklatura<br />

sowie kommunistischen Län<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Organisationen<br />

Mittel zur Verfügung gestellt <strong>und</strong> diese <strong>de</strong>r<br />

Volkswirtschaft <strong>de</strong>r DDR entzogen. Dies trug <strong>de</strong>m<br />

Bereich nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> — neben <strong>de</strong>m Bekanntwer<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Waffengeschäfte — die schärfste öffentliche<br />

Kritik ein. Unter volkswirtschftlichem Aspekt fallen<br />

die dafür aufgewandten Beträge jedoch kaum ins<br />

Gewicht.<br />

5. Kreditmanagement<br />

Der Bereich KoKo, vornehmlich <strong>de</strong>ssen Leiter, dürfte<br />

einen nicht unerheblichen Anteil daran gehabt haben,<br />

daß es <strong>de</strong>r DDR gelungen ist, in <strong>de</strong>n 80er Jahren<br />

das drohen<strong>de</strong> Morato rium abzuwen<strong>de</strong>n. Diese Leistung<br />

KoKos zu bewe rten ist schwierig. Denn man<br />

kann durchaus <strong>de</strong>n Standpunkt einnehmen, daß, da<br />

ein Moratorium die DDR gezwungen hätte einen soli<strong>de</strong>ren<br />

wirtschaftspolitischen Kurs einzuschlagen,<br />

dies <strong>de</strong>r DDR-Wirtschaft genutzt hätte. Die Vermeidung<br />

<strong>de</strong>s Moratoriums durch bloße Verschleierung<br />

<strong>de</strong>r wirklichen wirtschaftlichen Situation <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />

— ohne gleichzeitige Sanierungsbemühungen —<br />

war ein politisches, kein wirtschaftliches Ziel, ging es<br />

doch darum, <strong>de</strong>r SED die Macht zu erhalten <strong>und</strong> sie<br />

vor <strong>de</strong>m Zwang zu Reformen zu bewahren.<br />

Man darf auch nicht übersehen, daß die Abwendung<br />

bzw. Hinausschiebung <strong>de</strong>s Moratoriums auch direkt<br />

mit volkswirtschaftlichen Kosten verb<strong>und</strong>en war.<br />

6. KoKo ala „Unternehmen"<br />

Die Untersuchung <strong>de</strong>r „mikroökonomischen Effizienz"<br />

<strong>de</strong>s Bereichs KoKo war zwar nicht unsere Aufgabe<br />

<strong>und</strong> dürfte auch nur schwer möglich sein. Dennoch<br />

halten wir dazu die folgen<strong>de</strong>n Anmerkungen<br />

für notwendig, um <strong>de</strong>r Gefahr einer Legen<strong>de</strong>nbildung<br />

entgegenzuwirken.<br />

Nach Meinung vieler Menschen in <strong>de</strong>r DDR <strong>und</strong><br />

auch westlicher Beobachter war KoKo ein „kapitalistisches"<br />

o<strong>de</strong>r „marktwirtschaftliches" Unternehmen<br />

innerhalb <strong>de</strong>r Planwirtschaft <strong>de</strong>r DDR. Diese Einschätzung<br />

trifft ein<strong>de</strong>utig nicht zu.<br />

KoKo war, wie eingangs aufgezeigt, Teil <strong>de</strong>r Planwirtschaft,<br />

genauer gesagt Teil <strong>de</strong>s für die DDR charakteristischen<br />

Außenwirtschaftsduopols. Seine unter<br />

einzelwirtschaftlichem Aspekt erstaunlichen<br />

wirtschaftlichen Erfolge — jährliche Milliar<strong>de</strong>ngewinne<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 80er Jahre, „erwirtschaftet" mit<br />

einer „Belegschaft" von etwa 3 000 Beschäftigten —<br />

verdankte <strong>de</strong>r Bereich nur zu einem geringen Teil<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

seiner wirtschaftlichen Leistung. Eine echte We rt<br />

-schöpfung fand im Bereich nur insoweit statt, wie er<br />

wirkliche Dienstleistungen erbrachte. Deren Wert<br />

(auf <strong>de</strong>r Basis von Marktpreisen) läßt sich nicht quantifizieren,<br />

dürfte aber in keinem Verhältnis zu <strong>de</strong>n im<br />

Bereich tatsächlich erzielten Umsätzen <strong>und</strong> Gewinnen<br />

stehen. Seinen Erfolg verdankt <strong>de</strong>r „KoKo-Konzern"<br />

seiner Son<strong>de</strong>rstellung, die ihm nicht nur die<br />

Erzielung relativ hoher Gewinne im Im-Exportgeschäft<br />

ermöglichte, son<strong>de</strong>rn vor allem auch die Abschöpfung<br />

<strong>de</strong>r privaten sowie eines Teils <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Transfers aus <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik in die DDR<br />

bzw. <strong>de</strong>r Devisenausgaben von B<strong>und</strong>esbürgern in<br />

<strong>de</strong>r DDR. Hinzu kam die Möglichkeit, Ressourcen<br />

aus <strong>de</strong>r DDR-Volkswirtschaft für die Erwirtschaftung<br />

von Devisen abzusaugen <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r materiellen<br />

Staats<strong>de</strong>visenreserve Geschäfte zu machen — von<br />

<strong>de</strong>n Waffen- <strong>und</strong> Antiquitätengeschäften <strong>und</strong> <strong>de</strong>n sogenannten<br />

Kirchengeschäften ganz abgesehen.<br />

Zum Vergleich: Die Thyssen Han<strong>de</strong>lsunion AG, die<br />

Dienstleistungs- <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>lstochter <strong>de</strong>s Thyssen<br />

-Konzerns, erzielte 1991/92 bei einem Umsatz von 15,6<br />

Mrd. DM mit 28 700 Mitarbeitern einen Gewinn (vor<br />

Ertragssteuern) in Höhe von ganzen 265,4 Mio.<br />

DM. 14) Wenn Schalck, <strong>de</strong>r mit 3 000 Mitarbeitern<br />

einen Gewinn min<strong>de</strong>stens in Höhe seiner Abführungen<br />

von 1,5 Mrd. erzielte, wirklich ein „kapitalistischer<br />

Unternehmer" gewesen wäre, <strong>de</strong>r seinen Erfolg<br />

seinen Managementfähigkeiten verdankte,<br />

dann wür<strong>de</strong>n die Thyssen-Manager im Vergleich<br />

sehr schlecht abschnei<strong>de</strong>n.<br />

Obgleich KoKo bei <strong>de</strong>r Personalrekrutierung eine bevorzugte<br />

Stellung genoß, gibt es keine Anzeichen<br />

dafür, daß <strong>de</strong>r Bereich selbst effizienter arbeitete als<br />

die übrige sozialistische Volkswirtschaft <strong>de</strong>r DDR.<br />

Schon wegen <strong>de</strong>r ver<strong>de</strong>ckten Arbeitsweise <strong>de</strong>s Bereichs,<br />

die eine unzureichen<strong>de</strong> Rechnungslegung bedingte<br />

<strong>und</strong> jeglicher Kontrolle entzogen war, kann<br />

-<br />

man vermuten, daß KoKo-Mitarbeiter, vor allem in<br />

<strong>de</strong>n Auslandsbetrieben, manche Verrechnungsmark<br />

veruntreut haben. Wie die Prüfung <strong>de</strong>s Bereichs noch<br />

zu DDR-Zeiten durch die Valutakontrollgruppe ergeben<br />

hat <strong>und</strong> wie auch durch die Zeugenvernehmungen<br />

<strong>de</strong>s 1. UA KoKo bestätigt wur<strong>de</strong>, war im Bereich<br />

ein höchst großzügiger Umgang mit Geld<br />

üblich, etwa nicht zuletzt auch hinsichtlich <strong>de</strong>r „Belohnung"<br />

leiten<strong>de</strong>r Mitarbeiter. Man mag darin ein<br />

Äquivalent dafür sehen zu <strong>de</strong>n hohen Gehältern von<br />

Führungskräften in „kapitalistischen" Unternehmen.<br />

Doch KoKo war alles an<strong>de</strong>re als ein kapitalistisches<br />

Unternehmen. Der Bereich unterlag keiner wirksamen<br />

Eigentümerkontrolle. Er hatte Informationsvorsprünge<br />

<strong>und</strong> eine Wettbewerbsposition, wie sie kein<br />

kapitalistisches Unternehmen in einer Marktwirtschaft<br />

je gehabt hat. Er war Staatsunternehmen,<br />

Steuerbehör<strong>de</strong>, Han<strong>de</strong>lsunternehmen, Holding <strong>und</strong><br />

Bank zugleich, alles mit einzigartigen, quasi hoheitlichen<br />

Befugnissen <strong>und</strong> konkurrenzlos, also eher ein<br />

Mittelding zwischen Staatsorgan <strong>und</strong> Mafia als ein<br />

marktwirtschaftliches Unternehmen.<br />

Daran än<strong>de</strong>rt auch die Tatsache nichts, daß Schalck<br />

selbst offenbar eine sehr dynamische Persönlichkeit<br />

ist, <strong>de</strong>r die ihm gebotenen Möglichkeiten in <strong>de</strong>r einmaligen<br />

geschichtlichen Situation <strong>de</strong>s geteilten

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