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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode
reich Kommerzielle Koordinierung die notwendigen
Devisen.
Die HA VIII (Abwehrarbeit MdI/DVP) unterstützte
den Bereich Kommerzielle Koordinierung mit Informationen
über Kunstsammler und -händler, mit deren
Hilfe der Kunst und Antiquitäten GmbH der Zugriff
auf Kunstgegenstände im Privatbesitz ermöglicht
wurde.
Die HA VI (Paßkontrolle, Tourismus, Interhotels) half
dem Bereich Kommerzielle Koordinierung u.a. bei
Zollfragen und der Überwachung der Besucher aus
der Bundesrepublik Deutschland und dem Ausland.
Die HA XXII (Terrorabwehr) vermittelte dem Bereich -
Kommerzielle Koordinierung, d.h. der IMES GmbH,
Kontakte mit Waffenhändlern aus dem terroristischen
Bereich und nutzte diese Geschäftskontakte gleichzeitig
zur gezielten Unterstützung bestimmter terroristischer
Organisationen.
Die Abteilung BCD (Bewaffnung/Chemischer Dienst)
stellte der IMES GmbH Lagerräume für Waffen zur
Verfügung und sicherte deren Waffentransporte ab.
Die VRD (Verwaltung Rückwärtige Dienste) erhielt
eine Unterstützung durch den Bereich Kommerzielle
Koordinierung sowohl bei der Beschaffung von Embargowaren
als auch in finanzieller Hinsicht.
Insbesondere die AG Baude erhielt durch den Bereich
Kommerzielle Koordinierung massive logistische Unterstützung.
Das MfS nutzte schließlich den Bereich Kommerzielle
Koordinierung auch zu nachrichtendienstlichen
Zwecken, vor allem zur Wirtschaftsspionage. Eine besondere
Zusammenarbeit bestand dabei mit dem Sektor
Wissenschaft und Technik (SWT) und mit der Arbeitsgruppe
Koordinierung (AG K) der HVA. Während
der SWT den Bereich Kommerzielle Koordinierung
als Beschaffungsorgan für Embargowaren und
zur Finanzierung bzw. Tarnung eigener Beschaffungen
einsetzte, war die AG K für die Anleitung der sog.
HVA-Firmen F.C. Gerlach, Camet und Asimex zuständig.
Diese wurden zur Beschaffung von Waren aller
Art, zur Finanzierung und zur Spionage in der
Bundesrepublik Deutschland und im Ausland eingesetzt.
Zur Erfüllung der Abwehr-, Sicherungs- und Aufklärungsaufgaben,
aber auch zur Durchsetzung eigener
Ziele im Bereich Kommerzielle Koordinierung, setzte
das MfS zahlreiche Inoffizielle und offizielle Mitarbeiter
im Bereich Kommerzielle Koordinierung ein. Dabei
spielte insbesondere die Besetzung von Leitungsfunktionen
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
mit sog. OibE (Offizieren im besonderen Einsatz) eine
bedeutende Rolle. Neben 19 OibE plazierte allein die
AG BKK ca. 180 Inoffizielle Mitarbeiter im Bereich
Kommerzielle Koordinierung.
Dr. Schalck-Golodkowski selbst hatte als OibE zum
Schluß seiner langjährigen „MfS-Karriere" den Rang
eines Oberst des MfS; seine Beförderung zum Generalmajor
war im Prinzip eine beschlossene Sache,
sollte aber erst nach seiner Rückkehr ins MfS erfolgen;
er erhielt aber bereits das Gehalt eines Generalmajors.
Dr. Schalck-Golodkowski trug auch die Ver-
antwortung für die „Nutzung der Möglichkeiten des
Bereichs Kommerzielle Koordinierung für die politisch-operative
Arbeit" des MfS und war in dieser Frage
dem Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke,
persönlich unterstellt. Zu Mielke hatte Dr. Schalck-
Golodkowski intensive Kontakte, zumindest rief er
ihn häufig an. Aufgrund seiner hohen Anbindung im
MfS erlangte Dr. Schalck-Golodkowski im Laufe der
Zeit eine herausragende Position, die teilweise über
die von Abteilungsleitern des MfS hinausging. Enge
Kontakte hatte Dr. Schalck-Golodkowski auch zu anderen
HVA-Mitarbeitern, insbesondere zum Leiter
der HVA, Markus Wolf.
III. Organisation und Aufbau des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung
Die politische und wirtschaftliche Konstellation, die
zur Gründung des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
führte, auch dessen besondere Aufgaben als Teil
des Außenhandels der DDR, sind durch die Ergebnisse
der Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses
deutlich geworden. Der Auftrag zielte primär
auf die Schaffung, den Ausbau und die Nutzung
aller denkbaren Möglichkeiten zur zusätzlichen Devisenbeschaffung
für die DDR, und zwar außerhalb des
Wirtschaftsplans.
Wesentlich für die Stellung und Entwicklung des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung und der ihm unterstehenden
Unternehmen war ihre Ausstattung mit
besonderen Rechten. Das ansonsten geltende Recht
wurde auf sie nicht angewendet. Der Bereich Kommerzielle
Koordinierung konnte seine Aktivitäten
weitgehend unkontrolliert betreiben; als Devisenausländer
durfte er bei DDR-Banken Valutakonten unterhalten
und auch im westlichen Ausland Konten einrichten.
Die bei der Tätigkeit der vom Bereich Kommerzielle
Koordinierung gesteuerten Unternehmen festgestellten
Besonderheiten spiegelten sich in der Organisationsstruktur
des Bereichs wider. Neben der Zuständigkeit
für zahlreiche im Außenhandel tätige und zur Devisenerwirtschaftung
gegründete Unternehmen oblag
dem Bereich Kommerzielle Koordinierung auch
die wirtschaftliche Anleitung von Unternehmen, die
entweder von der Hauptverwaltung Aufklärung
(HVA) des MfS oder von der SED gesteuert wurden.
Unternehmen, die als „operative Firmen" auch nachrichtendienstliche
Aufträge zu erledigen hatten und
der HVA des MfS zugerechnet wurden, unterstanden
der Hauptabteilung I unter der Leitung des OibE und
MfS-Oberst Manfred Seidel. Die mit einer Sonderstellung
ausgestattete Abteilung steuerte darüber hinaus
jene Aktivitäten des Bereichs Kommerzielle Koordinierung,
an denen das Ministerium für Staatssicherheit
beteiligt war oder ein besonderes Interesse hatte.
Unternehmen, die als sog. Parteifirmen bezeichnet
und zunächst von der ZK-Abteilung Verkehr der SED,
später mehr und mehr vom Bereich Kommerzielle Koordinierung
gesteuert wurden, unterstanden der Abteilung
Firmen unter Leitung von Waltraud Lisowski.
Nach Kenntnis des Untersuchungsausschusses han
delte es sich Ende 1989 um ein Netz von mindestens