Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

taanrecht erwerben. Für diese Zusatzexporte erhielten
sie neben der Bezahlung in Mark der DDR zuzüglich
des Richtungskoeffizienten einen prozentualen
Anteil des Devisenerlöses als Valutaanrecht gutgeschrieben.
Genutzt wurden die Valutaanrechte zum
Import von Gütern, die auf dem Binnenmarkt nicht zu
erhalten waren, wie z.B. Ersatzteile und Maschinen.
Ebenfalls konnten Erzeugnisse aus dem sog. Expo rt
-fonds der Außenhandelsbetriebe erworben werden
(sog. Inlandsexporte) .
Der Bereich Kommerzielle Koordinierung hatte durch
die Valutaanrechtsregelung eine weitere Möglichkeit
zur Devisenerwirtschaftung. Bei den Exportgeschäften
ging der größte Anteil des Devisenerlöses (oftmals
bis zu 70 %) an den Bereich. Zusätzlich wurden die
Valutafonds teilweise über Jahre angesammelt. Hierdurch
konnte der Bereich Kommerzielle Koordinierung
diese Gelder beispielsweise für Geldanlagen
-
nutzen.
Gewährung von Krediten und Kapitaldienst aus Inanspruchnahme
von Krediten
Die HA II des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
hatte auch die Aufgabe eines Kreditgebers bzw. -vermittlers.
Sie gewährte Kredite an einzelne Außenhandelsbetriebe
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung,
die teilweise aus angehäuften Gewinnen, teilweise
aus selbst aufgenommenen Krediten stammten.
Zum Kreis der Kreditnehmer zählten auch die Deutsche
Außenhandelsbank AG (DABA) und das Ministerium
der Finanzen.
Die Gewährung von Krediten an Außenhandelsbetriebe
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung erfolgte
im Zusammenhang mit Industriegüterimporten
auf der Grundlage von einfachen und erweiterten Industrievereinbarungen,
die der Bereich mit den Kombinaten
und Planbetrieben abschloß. Die Kredite
dienten der Vorfinanzierung dieser Impo rte, die insbesondere
von den Außenhandelsbetrieben Intrac
HGmbH , BIEG mbH und der forum HGmbH durchgeführt
wurden.
Ab Mitte der 80er Jahre nahmen die Impo rte im Rahmen
von Industrievereinbarungen einen solchen Umfang
an, daß der Bereich Kommerzielle Koordinierung
diese Importe nicht mehr aus Eigenmitteln finanzieren
konnte, sondern selbst Devisenkredite aufnehmen
mußte. Zur Vorfinanzierung der Leistungsimporte,
die auf den Beschluß des Politbüros vom 26. August
1986 beruhten, nahmen die Außenhandelsbetriebe
Intrac HGmbH, BIEG mbH und forum HGmbH
warengebundene Kredite und auch Devisenkredite
unter Mitwirkung der HA II und der DABA auf internationalen
Finanzmäkten auf.
Die Verwaltung der Kredite, d.h. die Aufnahme, die
Ausreichung, die Bezahlung der fälligen Zinsen und
die Tilgung übernahm die HA II des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung. Diese Dienstleistung, d.h.
die Funktion eines Kreditgebers bzw. -vermittlers ließ
sich die HA II durch Bearbeitungsgebühren vergüten,
die Bestandteil der Kreditkosten waren.
Eine bankähnliche Funktion mit dem Ziel der Devise
nerwirtschaftung übernahm der Bereich Kommer-
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
zielle Koordinierung auch bei der Gewährung von
Krediten an die Deutsche Außenhandelsbank AG
(DABA) und an das Ministerium der Finanzen. Um die
notleidende Zahlungsbilanz der DDR zu sichern,
räumte der Bereich dem Ministerium der Finanzen
und der DABA verzinsliche Kredite ein, anstatt einen
Einschuß aus den angehäuften Devisenreserven vorzunehmen.
Beispielsweise wurden 1985 mehrere Devisenkredite
in einer Gesamthöhe von mindestens
1,842 Mrd. Valuta-Mark von der HA II des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung nach Abstimmung mit
Dr. Günter Mittag dem Ministerium der Finanzen gewährt.
Zurückgezahlt werden sollte für diese Kredite
eine Gesamtsumme von 2,5843 Mrd. VM. Die Laufzeiten
der einzelnen Teilbeträge betrugen bis zu acht
Jahre.
1987 wurde zwischen der Deutschen Außenhandelsbank
AG und dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
ein Kreditvertrag über zwei Mrd. USD abgeschlossen.
Hintergrund für diesen Kredit bildete die
Sicherung der Zahlungsfähigkeit der DDR. Zu dieser
Zeit war es der DDR nämlich nicht möglich, ihren
Zahlungsverpflichtungen für im Ausland aufgenommene
Kredite nachzukommen. Es hätten erneut
Kredite auf den internationalen Finanzmärkten aufgenommen
werden müssen, was sich zu dieser Zeit
ungünstig auf die DDR ausgewirkt hätte. Zum einen
wären solche Kredite mit politischen Forderungen
an die DDR verbunden gewesen, zum anderen hätte
die DDR aufgrund ihrer hohen Verschuldung
schlechtere Konditionen in Form von höheren Zinsen
und kürzeren Laufzeiten in Kauf nehmen müssen.
Aus diesen Gründen machte Dr. Schalck-Golodkowski
am 16. April 1987 Dr. Mittag den Vorschlag,
der Deutschen Außenhandelsbank einen Kredit in
Höhe von zwei Mrd. USD zu auf internationalen
Kreditmärkten üblichen Konditionen aus den Liquiditätsreserven
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
zur Verfügung zu stellen. Diese Vorgehensweise
hätte gleichzeitig den Vorteil, daß Spekulationen
hinsichtlich wachsender Guthaben der DDR einerseits
und der Inanspruchnahme neuer Kredite andererseits
vorgebeugt würde. Dr. Mittag war mit dem
Vorschlag von Dr. Schalck-Golodkowski einverstanden.
Am 16. Juli 1987 wurde ein Kreditvertrag über
zwei Mrd. USD zwischen dem Bereich Kommerzielle
Koordinierung und der Deutschen Außenhandelsbank
AG abgeschlossen. Als Kreditgeber trat nicht
der Bereich Kommerzielle Koordinierung in Erscheinung.
1988 wurde für den Kreditgeber der Name
„Aweko" festgelegt. Der Zweck dieser Maßnahme
bestand da rin, den Umfang der im Bereich gebildeten
Liquiditätsreserven vor der Staatlichen Plankommission
und dem Politbüro (mit Ausnahme von Dr.
Mittag und wahrscheinlich Honecker) zu verheimlichen,
was auch gelang.
Der Kreditbetrag sollte in drei Tranchen ausgezahlt
werden. Tatsächlich wurden bis Januar 1990 die ersten
beiden Raten in einer Gesamthöhe von 1,5 Mrd.
USD an die DABA überwiesen. Die Finanzmittel
stammten aus Geldanlagen der HA II im Ausland und
den daraus erzielten Zinserträgen (Dokument-Nr.
710-712).