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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Eine weitere Devisenquelle war <strong>de</strong>r sogenannte<br />

NSW-Tourismus. KoKo investierte Devisen für <strong>de</strong>n<br />

Bau <strong>und</strong> die Mo<strong>de</strong>rnisierung von Hotels, um ein im<br />

Hotel- <strong>und</strong> Gaststättengewerbe attraktives Angebot<br />

für Devisenausiän<strong>de</strong>r zu schaffen. Der Kauf von drei<br />

Airbus-Flugzeugen durch die Interflug folgte diesem<br />

Prinzip: Der Bereich KoKo finanzierte <strong>de</strong>n Ankauf,<br />

auf Devisenstrecken sollten Gewinne eingeflogen<br />

wer<strong>de</strong>n. Das Kreuzfahrtschiff MS Arcona wur<strong>de</strong> dagegen<br />

nur einige Monate im Jahr zur Devisenerwirtschaftung<br />

eingesetzt.<br />

Vertretertätigkeit<br />

Das Regime <strong>de</strong>r Zwangsvertretung (Anfragemonopol)<br />

bescherte <strong>de</strong>m Bereich KoKo eine wichtige Einnahmequelle,<br />

aus <strong>de</strong>r konvertible Devisen <strong>und</strong> Verrechnungseinheiten<br />

in erheblichem Umfang<br />

spru<strong>de</strong>lten. Unabhängig davon, ob Beratungs<strong>und</strong>/<br />

o<strong>de</strong>r Vertreterdienste begründbar waren (bei langjährigen<br />

Geschäftsverbindungen ist eine solche<br />

Dienstleistung völlig überflüssig), lösten grenzüberschreiten<strong>de</strong><br />

Waren- <strong>und</strong> Dienstleistungstransaktionen<br />

<strong>de</strong>r DDR mit <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik sowie mit <strong>de</strong>n<br />

übrigen westlichen Län<strong>de</strong>rn gr<strong>und</strong>sätzlich die Zahlung<br />

einer (Zwangs-) Vertreterprovision aus. Da anzunehmen<br />

ist, daß die Westfirmen bei Expo rten in die<br />

DDR die Provisionen im Preis kalkulierten, war das<br />

Anfragemonopol eine Art Importabgabe zugunsten<br />

<strong>de</strong>s Bereichs KoKo.<br />

In diesem Zusammenhang sind auch die Gegengeschäftsvereinbarungen<br />

zu erwähnen, die KoKo stets<br />

mit westlichen Unternehmen, die in die DDR lieferten,<br />

abzuschließen versuchte. Nahm <strong>de</strong>r westliche<br />

Partner entgegen <strong>de</strong>r eingegangenen Verpflichtung<br />

die vereinbarten DDR-Waren nicht ab, mußte er eine<br />

Vertragsstrafe in Höhe von 5 % (manchmal auch 8 %)<br />

<strong>de</strong>s vereinbarten Importwertes bezahlen. Konnte die<br />

DDR-Seite nicht liefern, kam es vor, daß die DDR-<br />

Betriebe mit <strong>de</strong>m ausländischen Pa rtner — <strong>de</strong>r von<br />

<strong>de</strong>n Lieferschwierigkeiten nichts wußte — eine Befreiung<br />

von <strong>de</strong>r Abnahmeverpflichtung gegen Geldzahlung<br />

(etwa in Höhe von 2,5 % <strong>de</strong>s Importwertes)<br />

vereinbaren konnten. Dies war we<strong>de</strong>r im Interesse<br />

KoKos noch <strong>de</strong>r Volkswirtschaft, so daß von seiten<br />

<strong>de</strong>r Führung versucht wur<strong>de</strong>, solche Praktiken zu unterbin<strong>de</strong>n.<br />

Kombinierte Im- <strong>und</strong> Exportgeschäfte<br />

KoKo war aktiv auf <strong>de</strong>m Fel<strong>de</strong> <strong>de</strong>r sogenannten<br />

Lohnvere<strong>de</strong>lung. Dabei importierte KoKo sogenannte<br />

Beistellungen, das heißt in <strong>de</strong>r Exportproduktion<br />

benötigte Vorprodukte, durch die eine Ausfuhr erst<br />

ermöglicht wur<strong>de</strong>. Ein Beispiel für solche Geschäfte<br />

waren die Fleischlieferungen in die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

durch <strong>de</strong>n Plan-AHB Nahrung im Auftrag <strong>de</strong>s Bereichs<br />

KoKo, für <strong>de</strong>n KoKo Futtermittelimporte finanzierte.<br />

Das Interesse <strong>de</strong>s Bereichs an solchen Geschäften<br />

bestand darin, daß ihm die Exporterlöse in<br />

Devisen bzw. Verrechnungseinheiten zuflossen, <strong>de</strong>m<br />

Exportbetrieb Mark <strong>de</strong>r DDR sowie Valuta-Anrechte.<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>r vom Bereich KoKo durchgeführten<br />

Lohnvere<strong>de</strong>lung fin<strong>de</strong>n sich komplizierte Konstruktionen,<br />

<strong>de</strong>ren volkswirtschaftliche Gesamteffekte<br />

schwer zu beurteilen sind. Ein solches Geschäft wird<br />

nachfolgend beispielhaft skizziert: KoKo importierte<br />

Futtermittel zur Aufzucht von Schweinen, die <strong>de</strong>r Bereich<br />

gegen <strong>de</strong>n außerplanmäßigen Bezug von Rohöl<br />

in die Sowjetunion exportierte. Das Rohöl wur<strong>de</strong> in<br />

Schwedt verarbeitet, die gewonnenen Mineralölprodukte<br />

wur<strong>de</strong>n im Westen vermarktet. Über diese Aktivitäten<br />

haben wir nur indirekt durch die Auswertung<br />

<strong>de</strong>r Vernehmungsprotokolle <strong>de</strong>s Bayrischen<br />

KoKo-Untersuchungsausschusses Kenntnis erlangt.<br />

Da we<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>n zeitlichen Rahmen, in <strong>de</strong>m diese<br />

Geschäfte durchgeführt wur<strong>de</strong>n noch über <strong>de</strong>ren<br />

Größenordnung Informationen zu gewinnen waren,<br />

können sie im empirischen Teil dieses Gutachtens<br />

nicht näher behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />

Kirchengeschäfte<br />

Die Evangelische <strong>und</strong> die Katholische Kirche in <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland unterstützten die Kirchen<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Einrichtungen in <strong>de</strong>r DDR, um zum<br />

einen die Bezahlung <strong>de</strong>r Mitarbeiter, zum an<strong>de</strong>ren<br />

<strong>de</strong>n Unterhalt <strong>de</strong>r Einrichtungen zu sichern. Diese<br />

Unterstützungsleistungen erfolgten in Form von Rohstofflieferungen<br />

(Kirchengeschäfte A <strong>und</strong> C), <strong>de</strong>ren<br />

Gegenwert <strong>de</strong>n kirchlichen Institutionen in <strong>de</strong>r DDR<br />

in Mark <strong>de</strong>r DDR wie in Valuta-Mark zugeführt wur<strong>de</strong>.<br />

Die Verhandlungen über Umfang <strong>und</strong> Struktur<br />

<strong>de</strong>r Rohstofflieferungen führte <strong>de</strong>r Bereich KoKo, die<br />

kommerzielle Abwicklung erfolgte ebenfalls über<br />

ihn. Den Einnahmen <strong>de</strong>s Bereichs stan<strong>de</strong>n Leistungen<br />

<strong>de</strong>s Bereichs gegenüber. Zum einen erfolgten<br />

Abführungen in Mark <strong>de</strong>r DDR an die kirchlichen<br />

Organisationen, zum an<strong>de</strong>ren materielle<br />

Leistungen wie beispielsweise die Durchführung <strong>de</strong>s<br />

Son<strong>de</strong>rbauprogramms <strong>de</strong>r Kirchen.<br />

In Anlehnung an diese Konstruktion erfolgte auch<br />

die Abwicklung <strong>de</strong>r humanitären Bemühungen <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esregierung um die Freilassung Inhaftierter <strong>und</strong><br />

im Rahmen <strong>de</strong>r Familienzusammenführung (Kirchengeschäft<br />

B). Auch hier erfolgten die Transferleistungen<br />

in Form von Rohstofflieferungen, die die<br />

DDR we<strong>de</strong>r im inner<strong>de</strong>utschen Han<strong>de</strong>l noch aus <strong>de</strong>m<br />

RGW zu günstigen Konditionen beziehen konnte.<br />

Die Verhandlungen wur<strong>de</strong>n vom Bereich KoKo<br />

wahrgenommen, die kommerzielle Abwicklung erfolgte<br />

über <strong>de</strong>n KoKo-AHB Intrac sowie das DDReigene<br />

Unternehmen Elmsoka in Vaduz. Da die vereinbarten<br />

Rohstoffe aus international han<strong>de</strong>lbaren<br />

Produkten bestan<strong>de</strong>n, konnten sie relativ leicht<br />

durch Verkauf in konvertible Devisen umgewan<strong>de</strong>lt<br />

wer<strong>de</strong>n. Dies ist im großen Umfang geschehen. Dem<br />

Bereich KoKo sind aber aus <strong>de</strong>r Abwicklung <strong>de</strong>s Kirchengeschäftes<br />

B nur begrenzt konvertible Devisen<br />

zugeflossen; die Transferleistungen wur<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n<br />

staatlichen Bereich nach Abzug <strong>de</strong>r „KoKo-Kosten"<br />

(z. B. Provisionszahlungen) abgeführt. Im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r Kirchengeschäfte B erzielte die DDR nicht unerhebliche<br />

Deviseneinnahmen, an <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Bereich<br />

KoKo nur partiell partizipierte.

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