Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

stimmter Geschäfte rechenschaftspflichtig war, gab
Baude selbst an, daß der Arbeitsgruppe von Dr.
Schalck-Golodkowski lediglich „organisatorische
Dinge" zur Verfügung gestellt worden seien. Eine finanzielle
Unterstützung oder Einflußnahme auf die
Geschäftstätigkeit hingegen habe nicht stattgefunden.
Für den Import von Embargowaren nutzte die AG
MAH bestehende Geschäftsverbindungen des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung, denen gegenüber
sie legendiert als Diensteinheit des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung auftrat. Zur Aufrechterhaltung
dieser Legende wurden Verhandlungen und
Telefonate etc. nur in den Diensträumen des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung oder der forum Handelsgesellschaft
mbH geführt (Dokument-Nr. 134).
Darüber hinaus beschaffte die Arbeitsgruppe Baude
in geringem Umfang Embargowaren über den HB 4
sowie in größeren Dimensionen über Wolfram Zahn.
Die Aufträge an Zahn wurden im Einverständnis mit
Dr. Schalck-Golodkowski und Manfred Seidel durch
Baude erteilt und abgewickelt.
Laut Aussage Zahns war ihm Baude etwa 1983/84
durch den Leiter der HA XVIII/8, Artur Wenzel, mit
der Maßgabe vorgestellt worden, ihn bei der Erledigung
seiner Aufgaben zu unterstützen. Zahn gab an,
daß es sich bei etwa 80% der Waren, die er für Baude
beschaffte, um Embargogüter gehandelt habe. Das
jährliche Beschaffungsvolumen habe etwa eine bis
1,5 Mio. DM betragen. Die Beschaffungen Zahns für
die AG Baude dienten zum Großteil spezifischen
nachrichtendienstlichen Belangen des MfS (Dokument-Nr.
135). U.a gehörten zu den Impo rten auch Beschaffungen
für die HA III (Funkaufklärung).
Aus einem Bericht Zahns über seine Beschaffungstätigkeit
für das MfS im Jahr 1985 geht hervor, daß zur
Tarnung seiner Aktivitäten auf dem Bereich der
Nachrichten- und Sicherheitstechnik keinerlei
schriftliche Unterlagen erstellt, sondern nur mündliche
Vereinbarungen getroffen wurden. Zur Tarnung
der Embargo-Impo rte wurde ein Lager der forum
HGmbH verwendet, in dem normalerweise Waren für
den Intershop-Verkauf eingelagert wurden.
Einsatz von Mitarbeitern und Geschäftspartnern des
Bereichs Kommerzielle Koordinierung für nachrichtendienstliche
Zwecke der MfS
Das MfS nutzte den Bereich Kommerzielle Koordinierung
bzw. dessen Auslandsverbindungen schließlich
auch zur Gewinnung nachrichtendienstlich relevanter
Informationen für die HVA. Die Erarbeitung der Informationen
erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen
der HVA, der HA XVIII und der AG BKK. Die
AG BKK und die HA XVIII leiteten einerseits alle bedeutenden
Informationen an die HVA weiter, beschafften
andererseits aber auch gezielt Informationen
für sie.
Wie im Zusammenhang mit den sog. HVA-Firmen bereits
beschrieben, setzte die HVA als eigene Informationsquellen
Geschäftsführer und Mitarbeiter dieser
Unternehmen ein. Der langjährige Geschäftsführer
der Asimex, Günter Asbeck, bestätigte vor dem BND,
daß der Auftrag der sog. HVA-Firmen in erster Linie
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
die nachrichtendienstliche Informationsgewinnung
gewesen sei. Außer in den sog. HVA-Firmen waren
für die HVA im Bereich Kommerzielle Koordinierung
zumindest zeitweise noch weitere Mitarbeiter tätig.
Es handelte sich dabei z.B. um den Mitarbeiter der Intrac
HGmbH, Axel Pösz alias IMB „Buntspecht", den
Geschäftsführer der BIEG mbH, Hans Joachim Herzer,
und vermutlich um den stellvertretenden Generaldirektor
der Intrac HGmbH, Lothar Leuthold. Außerdem
war es üblich, daß bei einer Versetzung von IM
anderer Diensteinheiten ins Ausland eine vorübergehende
Übergabe an die HVA erfolgte. Dies traf insbesondere
für einige von der HA XVIII/7 bzw. der AG
BKK geführte Mitarbeiter der IMES GmbH und der
Abteilung Handelspolitik des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung zu.
Dr. Schalck-Golodkowski gab bezüglich der Zusammenarbeit
von Mitarbeitern des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung mit der HVA in einer Vernehmung
bei dem Bundeskriminalamt an, daß er seinen
Mitarbeitern eine derartige Tätigkeit grundsätzlich
untersagt habe, da er insbesondere seine Tätigkeit als
Verhandlungsführer mit der Bundesrepublik
Deutschland nicht habe gefährden wollen. Aus diesem
Grund habe er den Leiter der HVA, Markus Wolf,
persönlich gebeten, keinen seiner Mitarbeiter anzuwerben.
Aufgrund der engen persönlichen Kontakte Dr.
Schalck-Golodkowskis zu Mitarbeitern der HVA, seiner
Rolle im Zusammenhang mit der Anleitung der
sog. HVA-Firmen und schließlich der Listen sog. spezieller
Auslandsverbindungen erscheint dem Untersuchungsausschuß
die Aussage Dr. Schalck- Golodkowskis
unglaubhaft.
Wie im Zusammenhang mit der Rolle der AG BKK bereits
dargestellt, wurden im Bereich Kommerzielle Koordinierung
auf Anweisung des Ministers für Staatssicherheit,
Mielke, und im Auftrag Dr. Schalck-Golodkowskis
Listen über Auslandsverbindungen im sog.
NSW und Kontaktpersonen erstellt, von denen angenommen
wurde, daß sie den Bereich Kommerzielle
Koordinierung auch unter „komplizierten Lagebedingungen
bzw. in besonderen Spannungssituationen"
bei der Durchführung seiner Tätigkeit unterstützen
würden. Zu den angenommenen Vertrauenspersonen
sollten persönliche Kontakte aufgebaut und nach
„politisch-operativen" Grundsätzen im engen Zusammenwirken
mit der AG BKK weitergeführt werden
(vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462,
Dokument-Nr. 157, S. 1202) Ziel der Führung und
Entwicklung dieser Kontakte war es, laut einem Brief
Dr. Schalck-Golodkowskis an den Leiter der HA Kader
und Schulung des MfS vom 4. April 1985, „abgedeckt
und unter Nutzung aller legalen Möglichkeiten
IM-Verbindungen aufzubauen" . (Dokument-Nr. 136)
Über die Verbindungen sollten vor allem besondere
Finanz- und Geschäftsoperationen im „NSW" und die
Beschaffung strategisch und militärisch wichtiger
Materialien, Ausrüstungen und Waffen durchgeführt,
aber auch Aufklärungsarbeit betrieben werden (vgl.
Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr.
157, S. 1202) Bei der Auswahl der in die Liste
aufzunehmenden Personen und Unternehmen
war Dr. Schalck-Golodkowski, wie das Beispiel des