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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

Die Art <strong>de</strong>r Einsetzung <strong>de</strong>r Lin<strong>de</strong>mann-Kommission<br />

zur Untersuchung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung entbehrte ebenfalls <strong>de</strong>s ernsthaften<br />

Willens zur Aufklärung ohne Ansehen <strong>de</strong>r han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />

Personen. Da hegt <strong>de</strong>r amtieren<strong>de</strong> Generalstaatsanwalt<br />

<strong>de</strong>r DDR <strong>de</strong>n Verdacht, daß im Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung staatliche Mittel<br />

gröblichst mißbraucht wer<strong>de</strong>n. Er wen<strong>de</strong>t sich<br />

<strong>de</strong>shalb zunächst an Dr. Lin<strong>de</strong>mann <strong>und</strong> macht<br />

auf <strong>de</strong>ssen Anraten Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Dr. Modrow<br />

<strong>de</strong>n Vorschlag, eine Regierungs-Kommission einzusetzen,<br />

die die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen<br />

unterstützen soll. Das Ergebnis dieses<br />

an sich sinnvollen Vorschlags war aber, daß ausge- -<br />

rechnet jener Dr. Lin<strong>de</strong>mann, <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Generalstaatsanwalt<br />

vertraute, als Leiter dieser Kommission<br />

eingesetzt wur<strong>de</strong>, die sodann ihre Hauptaufgabe<br />

aber nicht in <strong>de</strong>r Unterstützung, son<strong>de</strong>rn vielmehr<br />

in <strong>de</strong>r Behin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r staatsanwaltschaftlichen<br />

Arbeit sah.<br />

Selbst als nach <strong>de</strong>m Beschluß vom 21. Dezember<br />

1989 auch die Akten <strong>de</strong>r Hauptabteilung I gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

einsehbar waren, hat es die herrschen<strong>de</strong><br />

Führungsriege <strong>de</strong>s Bereichs verstan<strong>de</strong>n, zumin<strong>de</strong>st<br />

Teilbereiche <strong>de</strong>r Hauptabteilung I einer Prüfung<br />

zu entziehen. So wur<strong>de</strong>n die Unternehmen<br />

Interport <strong>und</strong> Intertechna von jeglicher Finanzrevision<br />

ausgenommen, bereits begonnene Prüfungen<br />

mußten „auf Weisung von oben" wie<strong>de</strong>r abgebrochen<br />

wer<strong>de</strong>n. Dies kann nur <strong>de</strong>n Zweck gehabt<br />

haben, Millionenbeträge aus diversen Sektoren<br />

<strong>de</strong>s Bereichs auf die Seite zu schaffen.<br />

In die Kette <strong>de</strong>r hierzu getroffenen Maßnahmen<br />

reiht sich nahtlos die Gründung <strong>de</strong>r Berliner Han<strong>de</strong>ls-<br />

<strong>und</strong> Finanzierungsgesellschaft mbH (BHFG)<br />

ein. Während die BHFG ihre Tätigkeit offiziell darauf<br />

beschränken sollte, die Abwicklung <strong>de</strong>r in Liquidation<br />

befindlichen Firmen <strong>de</strong>s ehemaligen<br />

Bereichs Kommerzielle Koordinierung zu En<strong>de</strong> zu<br />

führen, sollten die Kernunternehmen <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Kommerzielle Koordinierung in Wahrheit unter einem<br />

neuen Holding-Dach weiter existieren. Noch<br />

1990 erhielt die BHFG von Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Dr.<br />

Modrow <strong>de</strong>n Auftrag, eine Milliar<strong>de</strong> Valuta-Mark<br />

zu erwirtschaften.<br />

Während sich die Regierung Modrow nach außenhin<br />

konziliant gab, versuchte sie intern, <strong>de</strong>n Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung - wenn auch in<br />

verkleinerter Form - weiter existieren zu lassen.<br />

Dr. Modrow <strong>und</strong> die insoweit zuständigen Minister<br />

Dr. Beil <strong>und</strong> Siegert hatten aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

MfS-Erfahrungen das Prinzip <strong>de</strong>r Konspiration so<br />

verinnerlicht, daß sie es auch für die Tätigkeit <strong>de</strong>r<br />

BHFG anwandten. Nach<strong>de</strong>m die Bürgerinnen <strong>und</strong><br />

Bürger in <strong>de</strong>r DDR <strong>de</strong>r SED/PDS bei <strong>de</strong>n Wahlen<br />

am 18. März 1990 eine <strong>de</strong>utliche Abfuhr erteilt hatten,<br />

wur<strong>de</strong> am 29. März 1990 noch schnell vor <strong>de</strong>r<br />

Übergabe <strong>de</strong>r Amtsgeschäfte an Ministerpräsi<strong>de</strong>nt<br />

<strong>de</strong> Maizière die BHFG gegrün<strong>de</strong>t. Sie entwikkelte<br />

sich sehr schnell zu einer Versorgungsanstalt<br />

für abgehalfterte SED-Genossen. Da diese Genossen<br />

sich nunmehr auch als „das Volk" fühlten, versuchten<br />

sie in <strong>de</strong>r Folgezeit konsequent die „Privatisierung"<br />

von „Volkseigentum" zu ihren Gun-<br />

sten. Folgerichtig bezeichnete die Staatsanwaltschaft<br />

bei <strong>de</strong>m Kammergericht Berlin die BHFG<br />

„als quasi Nachfolgeorganisation <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Kommerzielle Koordinierung <strong>de</strong>r Regierung Modrow<br />

aufgr<strong>und</strong> eines Vorschlages von Personen,<br />

die auch in <strong>de</strong>r Vergangenheit enge Verbindungen<br />

in <strong>de</strong>n „Strukturen" in <strong>de</strong>r DDR hielten". Welchen<br />

Zweck die Gründung dieser Gesellschaft<br />

hatte, wird <strong>de</strong>utlich, wenn es in <strong>de</strong>m <strong>Bericht</strong> <strong>de</strong>r<br />

Staatsanwaltschaft heißt:<br />

„Aus <strong>de</strong>r Übersicht <strong>de</strong>r Beweismittel wird <strong>de</strong>utlich,<br />

daß entgegen <strong>de</strong>m ursprünglich formulierten<br />

Auftrag weniger liquidiert wur<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn<br />

vielmehr versucht wur<strong>de</strong>/wird, in neugebil<strong>de</strong>te<br />

Betriebe einzudringen <strong>und</strong> Einflußmöglichkeiten<br />

zu eröffnen bzw. auszubauen. Das wird<br />

<strong>de</strong>utlich an einer Reihe von Firmenneugründungen,<br />

die ebenfalls von <strong>de</strong>r Treuhandanstalt vorgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n könnten. Durch Verän<strong>de</strong>rungen<br />

in <strong>de</strong>n Gesellschaftsverhältnissen mehrerer<br />

GmbHs wird ferner <strong>de</strong>r Versuch unternommen,<br />

im Einzelfall die Treuhandanstalt zu unterlaufen.<br />

"<br />

<strong>und</strong><br />

„Mit geringen Abstrichen sind auch nicht die<br />

von <strong>de</strong>r Regierung Modrow eingesetzten<br />

300.000.000,- DM, die aus <strong>de</strong>n Vermögensteilen<br />

KoKo an die BHFG gingen, für Strukturverän<strong>de</strong>rungen<br />

in <strong>de</strong>r Wirtschaft <strong>de</strong>r DDR - ggf. als aus<br />

zureichen<strong>de</strong> Darlehen - verwen<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n. "<br />

Insbeson<strong>de</strong>re Dr. Modrow <strong>und</strong> Dr. Beil tragen<br />

auch die Verantwortung dafür, daß infolge <strong>de</strong>r<br />

nicht unterb<strong>und</strong>enen Akenvernichtung die Aufklärungsarbeit<br />

über die Geschäftsabläufe im Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung <strong>und</strong> die Ermittlungsmöglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Staatsanwaltschaften in<br />

erheblichem Umfang erschwert wor<strong>de</strong>n sind. Sie<br />

haben nach <strong>de</strong>r Flucht Dr. Schalck-Golodkowskis<br />

Prof. Gerstenberger als kommissarischen Leiter<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung eingesetzt,<br />

<strong>de</strong>r - wohl auch auf Weisung <strong>de</strong>r politischen<br />

Führung - seine Aufgabe weniger darin sah, das<br />

Vermögen <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

zu sichern, als vielmehr darin, min<strong>de</strong>stens<br />

durch die Duldung <strong>de</strong>s Vernichtens von Akten die<br />

Vermögensverhältnisse <strong>de</strong>s Bereichs zu verschleiern.<br />

Eine unklare Rolle spielte auch <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rkommission<br />

<strong>de</strong>s Ministerrates zur Untersuchung<br />

von Amtsmißbrauch <strong>und</strong> Korruption, Dr.<br />

Lin<strong>de</strong>mann. So behin<strong>de</strong>rte Dr. Lin<strong>de</strong>mann die Valuta-Kontrollgruppe,<br />

in<strong>de</strong>m er ihm vorliegen<strong>de</strong> Finanzvorgänge<br />

<strong>de</strong>r Revision nicht zugänglich<br />

machte. Die zuvor erwähnte Untersagung <strong>de</strong>r Finanzrevision<br />

bei <strong>de</strong>m Unternehmen Interport wur<strong>de</strong><br />

von Dr. Lin<strong>de</strong>mann ausgesprochen. Dies geschah<br />

unter <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>s Ministerrates mit Ministerpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Dr. Modrow (SED) an <strong>de</strong>r Spitze,<br />

ohne daß hiergegen eingeschritten wur<strong>de</strong>.<br />

Obwohl Dr. Lin<strong>de</strong>mann keinerlei Weisungskompetenz<br />

gegenüber <strong>de</strong>r Finanzrevision hatte, wur<strong>de</strong><br />

seiner Prüfungsuntersagung bei <strong>de</strong>r Interport Folge<br />

geleistet. Dieser Gehorsam ist nach Auffassung

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