Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

den Auffassung, die die Bestimmungen für politisch
und fachlich überholt ansah und den Drang der DDR
zur Organisation von Umgehungshandlungen stillschweigend
ausbaute.
Besondere Bankenkonstruktionen des Bereich
Kommerzielle Koordinierung
Der Bereich Kommerzielle Koordinierung bediente
sich zur Ausführung und zur Verschleierung seiner
Geldtransaktionen eines weltweit gespannten, über
200 Banken und deren Filialen umfassenden Bankennetzes.
Es hätte internationaler kriminalistischer Ermittlungen
bedurft, um auch nur annähernd den Akteuren
in diesem Netz auf die Schliche zu kommen. -
Die Aufklärung durch Treuhandanstalt und die Ermittlungsbehörden
der Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft
beziehen sich in der Regel auf bekanntgewordene
Bankverbindungen und Konten. Unkenntnis
herrscht angesichts des Schweigens der Hauptbeteiligten
in bezug auf die mit Bargeld gespeisten
Schwarzgeldkonten im In- und Ausland.
Durch die laufende Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses
wurden erst im Oktober 1993
Kenntnisse über die zum Bereich Kommerzielle Koordinierung
gehörenden Unternehmen Anstalt Mondessa,
Vaduz und Impag GmbH, Berlin (Ost) gewonnen.
Außerdem wurde die vom Bereich Kommerzielle
Koordinierung genutzte Konstruktion der Zusammenarbeit
zwischen der Bank für Handel und Effekten in
Zürich und der Otto Scheurmann Bank-KG in Berlin
(West) deutlich. Diese Bankenkonstruktion wurde
von Dr. Schalck-Golodkowski und Dr. Heinz Volpert
bereits in ihrer 1970 verfaßten Dissertation beschrieben.
(Vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462,
S. 247-249) Soweit dies bisher möglich war, sind die
durch den Untersuchungsausschuß gewonnenen Erkenntnisse
in den Feststellungsteil des Berichts aufgenommen
worden.
Die Anstalt Mondessa verfügte danach sowohl über
Konten bei der Bank für Handel und Effekten in Zü rich
als auch bei deren Niederlassung in Nassau/Bahamas
als auch bei der Otto Scheurmann Bank-KG. Für die
Konten der Anstalt Mondessa bei der Otto Scheurmann
Bank-KG trat Dr. Schalck-Golodkowski mit dem
Decknamen „Jürgen Keller" auf. Das Guthaben der
Anstalt Mondessa auf den Konten der Otto Scheurmann
Bank-KG wurde nicht zusammen mit den übrigen
Konten außerhalb der DDR, für die Dr. Schalck-
Golodkowski bevollmächtigt war, unmittelbar nach
seiner Flucht im Dezember 1989 zurückgeführt. Die
Guthaben wurden erst im Mai 1990 über den Umweg
Bank für Handel und Effekten, Zürich, an das Ministerium
der Finanzen und Preise der DDR überwiesen.
Dr. Schalck-Golodkowski hat in Gesprächen bei der
Treuhandanstalt am 2. Juli 1992 mitgeteilt, daß bei der
Otto Scheurmann Bank-KG weder von Unternehmen
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung noch von
ihm persönlich Konten unterhalten wurden. Bei einem
weiteren Gespräch am 20. August 1992 gab er
die Auskunft, daß weder Unternehmen des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung, noch er persönlich,
noch Rechtsanwälte und Steuerberater treuhänderisch
für den Bereich dort Konten unterhalten hätten.
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
Bei seinen Vernehmungen durch den Untersuchungsausschuß
am 2./3. Dezember 1993 und am 20. Januar
1994 hat sich Dr. Schalck-Golodkowski nur mit Mühe
an eine Anstalt Mondessa erinnern können. Die Verwendung
des Decknamens „Jürgen Keller" für Geschäftsabwicklungen
mit der Otto Scheurmann Bank
KG räumte er ein.
Bei der Otto Scheurmann Bank-KG hatte Sigrid
Schalck-Golodkowski unter ihrem Mädchennamen
Gutmann Ende August 1989 ein Schließfach eingerichtet,
für das Christa Wachsen eine Vollmacht besaß.
Im Auftrag von Sigrid Schalck-Golodkowski holte
Christa Wachsen im Januar 1990 drei große Umschläge
aus dem Schließfach. Zu dem Inhalt der Umschläge
verweigerte Sigrid Schalck-Golodkowski bei
Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft und
durch den Bayerischen Untersuchungsausschuß unter
Berufung auf § 55 StPO die Aussage.
Zur Aufklärung der Geschäftstätigkeit der Anstalt
Mondessa und der bei der Bank für Handel und Effekten
und der Otto Scheurmann Bank-KG für dieses Unternehmen
geführten Konten, beantragte die SPD im
Dezember 1993 weitere Zeugenvernehmungen durch
den Untersuchungsausschuß. Der Antrag ist von der
Ausschußmehrheit abgelehnt worden. Begründet
wurde dies mit dem Beschluß des Deutschen Bundestages
vom 17. Juni 1993 und den inzwischen bei der
Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht Berlin
aufgenommenen Ermittlungen. Die Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft, die aus unerfindlichen Gründen
zunächst zwei Jahre liegengeblieben waren, wurden
kürzlich wieder aufgenommen. Die Ermittlungen haben
offenbar noch nicht abgeschlossen werden können.
Nach Auffassung der SPD bestehen aufgrund der bisherigen
Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses
über die Anstalt Mondessa und über Konten dieser
Anstalt Zweifel daran, daß Dr. Schalck-Golodkowski
sämtliche staatliche Vermögenswerte zurückgeführt
hat. Diese Zweifel werden noch durch sein bisheriges
Auskunftsverhalten zu diesen Sachverhalten verstärkt.
13. Kenntnisse der Bundesregierung
Der Bundesregierung lagen seit Mitte der 70er Jahre
über ihre Dienste erste Erkenntnisse zur Person von
Dr. Schalck-Golodkowski und über den Bereich Kommerzielle
Koordinierung vor.
Einen ersten umfassenden Bericht, der einen weitreichenden
Einblick in den zum Teil verwerflichen und
kriminellen Hintergrund der Devisenbeschaffung des
Bereichs Kommerzielle Koordinierung und seiner
Verflechtung mit dem MfS ermöglichte, konnte der
BND der Bundesregierung Ende 1982 vorlegen. Dieser
Bericht enthält dataillierte Angaben über die Arbeitsweise,
Gliederung und leitende Personen des Bereichs.
Der Bericht gibt die Erkenntnisse des BND wider,
die durch die Befragung des Überläufers Günter As
beck, die Ende 1981 begonnen hatte, gewonnen
wurden.