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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

für die Durchsetzung unserer For<strong>de</strong>rungen ..., daß die<br />

nichtoffiziellen Kanäle straff von oben bis unten<br />

durchorganisiert sein müssen, die notwendigen Verbindungen<br />

zu Personen vorhan<strong>de</strong>n sind, die entsprechen<strong>de</strong><br />

Kompetenzen besitzen <strong>und</strong> entsprechen<strong>de</strong><br />

Entscheidungen treffen können" . Noch <strong>de</strong>utlicher<br />

wer<strong>de</strong>nd fügte er hinzu: „Unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> <strong>und</strong> wenig<br />

einflußreiche Personen sind für solche Kanäle nicht zu<br />

gebrauchen" .<br />

Inner<strong>de</strong>utsche Verhandlungen hatten in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland stets nicht nur aufmerksame,<br />

son<strong>de</strong>rn auch kritische Beobachter. Der Beson<strong>de</strong>rheit<br />

<strong>de</strong>r inner<strong>de</strong>utschen Bemühungen konnte <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r<br />

vertrauliche Verhandlungsweg, <strong>de</strong>n Dr. Schalck-Golodkowski<br />

gewährleistete, immer dann von Nutzen<br />

sein, wenn die offiziellen Gespräche über einzelne<br />

Sachthemen beson<strong>de</strong>rs schwierig waren.<br />

Bis zum Herbst 1989 fand eine Vielzahl von inoffiziellen<br />

<strong>und</strong> z.T. geheimgehaltenen Kontakten statt. Zwischen<br />

1983 <strong>und</strong> 1989 trafen Dr. Schalck-Golodkowski<br />

<strong>und</strong> Dr. Strauß über 20 Mal persönlich zusammen.<br />

Min<strong>de</strong>stens ebenso häufig führte <strong>de</strong>r bayerische<br />

Fleischgroßhändler März, <strong>de</strong>r auf jahrzehntelange<br />

geschäftliche Beziehungen zum Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung zurückblicken konnte, Gespräche<br />

mit Dr. Schalck-Golodkowski. Unter Berücksichtigung<br />

<strong>de</strong>r persönlichen Telefongespräche <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Übermittlung von telefonischen <strong>und</strong> schriftlichen<br />

Nachrichten zwischen <strong>de</strong>n Büros von Dr. Strauß <strong>und</strong><br />

Josef März <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Büro von Dr. Schalck-Golodkowski<br />

ergibt sich eine Anzahl von mehr als 400 Kontakten.<br />

Die Gesamtzahl <strong>de</strong>r Treffen <strong>und</strong> Kontakte, die Dr.<br />

Schalck-Golodkowski zwischen 1967 <strong>und</strong> En<strong>de</strong> 1989<br />

mit Gesprächspartnern aus <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland hatte, hat <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

nicht ermitteln können. Es fällt auf, daß die Verhandlungsführer<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland erheblich<br />

weniger Vermerke über Treffen, Telefongespräche<br />

u.ä. mit Dr. Schalck-Golodkowski angefertigten<br />

als dieser. Insbeson<strong>de</strong>re bei <strong>de</strong>n vom B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />

beigezogenen Akten zu Kontakten zwischen Vertretern<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> Dr. Schalck-Golodkowski<br />

fehlten Vermerke über Gespräche mit Dr.<br />

Schalck-Golodkowski für <strong>de</strong>n Zeitraum Anfang 1983<br />

bis En<strong>de</strong> 1984. Das B<strong>und</strong>eskanzleramt bemerkte hierzu,<br />

daß in einer Vielzahl von Fällen zu diesen Kontakten<br />

keine Akten geführt wor<strong>de</strong>n seien. Darüber hinaus<br />

seien Vermerke in Sachakten zu unterschiedlichen<br />

Themenbereichen abgeheftet.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski dokumentierte hingegen<br />

seine Gespräche <strong>und</strong> Verhandlungen durch eine Vielzahl<br />

von Vermerken.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski führte im Laufe <strong>de</strong>r Jahre<br />

mit <strong>de</strong>n Vertretern <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

über eine Vielzahl von Themen Gespräche <strong>und</strong> Verhandlungen<br />

auf vertraulicher Ebene. Im Vorfeld <strong>de</strong>r<br />

zwischen <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

DDR geschlossenen Verträge wur<strong>de</strong>n die Gespräche<br />

zu Vereinbarungen bis zur Unterschriftsreife ausgehan<strong>de</strong>lt<br />

<strong>und</strong> damit abgeschlossen, daß die Vereinbarungen<br />

von Dr. Schalck-Golodkowski paraphiert wur-<br />

<strong>de</strong>n. Die Verhandlungsgegenstän<strong>de</strong> spiegelten alle<br />

Bereiche <strong>de</strong>r inner<strong>de</strong>utschen Beziehungen wi<strong>de</strong>r.<br />

Viele Verhandlungen zogen sich über z. T. Monate<br />

o<strong>de</strong>r gar Jahre hin, bis ein Abschluß erzielt wer<strong>de</strong>n<br />

konnte. Dr. Schalck-Golodkowski führte die Verhandlungen<br />

in <strong>de</strong>r überwiegen<strong>de</strong>n Zahl <strong>de</strong>r Fälle nur<br />

dann, wenn für die DDR <strong>de</strong>r finanzielle Nutzen groß<br />

genug war.<br />

Sofern <strong>de</strong>r finanzielle Nutzen für die DDR zu gering<br />

erschien, war es nach Aussage <strong>de</strong>s früheren Leiters<br />

<strong>de</strong>r Ständigen Vertretung <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland in Berlin (Ost), Günter Gaus, sogar möglich,<br />

daß die DDR die Verhandlungen abbrach.<br />

Die Kosten für die verhan<strong>de</strong>lten Projekte wur<strong>de</strong>n von<br />

<strong>de</strong>r DDR in <strong>de</strong>r Regel zu hoch angegeben. Es gelang <strong>de</strong>n<br />

Verhandlungsführern <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

in <strong>de</strong>n meisten Fällen, eine Reduzierung <strong>de</strong>r Kosten<br />

zu erreichen. Letztendlich wur<strong>de</strong> jedoch immer<br />

auch ein politischer Preis bezahlt, d.h. es wur<strong>de</strong>n von<br />

seiten <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung neben <strong>de</strong>n Kosten auch die<br />

Vorteile im <strong>de</strong>utschlandpolitischen Sinn berücksichtigt,<br />

die solche Lösungen mit sich brachten. Dies wur<strong>de</strong><br />

bei Vereinbarungen zum Nutzen von Berlin immer wie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utlich. Beson<strong>de</strong>rs bei langfristigen Projekten erwarteten<br />

die b<strong>und</strong>es<strong>de</strong>utschen Verhandlungspartner<br />

erhebliche stabilitätsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Auswirkungen auf die<br />

inner<strong>de</strong>utschen Beziehungen insgesamt.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Personen,<br />

die seit <strong>de</strong>n 70er Jahren auf b<strong>und</strong>es<strong>de</strong>utscher Seite<br />

seine Verhandlungspartner waren, als kompetenter,<br />

zuverlässiger <strong>und</strong> korrekter Verhandlungspartner geschil<strong>de</strong>rt,<br />

mit <strong>de</strong>m man schwierige Probleme erörtern<br />

konnte. Wenn dieser etwas zugesagt habe, sei es auch<br />

bei <strong>de</strong>r Zusage geblieben. Dies sei wichtig gewesen,<br />

weil häufig über das mündlich Abgesprochene keine<br />

schriftlichen Vereinbarungen hätten getroffen wer<strong>de</strong>n<br />

können. Die Art <strong>und</strong> Weise seiner Verhandlungsführung<br />

habe dazu beigetragen, Verhandlungen, die<br />

in eine Sackgasse geraten waren, wie<strong>de</strong>r in Gang zu<br />

bringen. Einer <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong> hierfür war, daß er direkten<br />

Zugang zu Honecker <strong>und</strong> Dr. Mittag hatte. Dieser<br />

direkte Zugang ermöglichte es ihm, kurzfristige Entscheidungen<br />

herbeizuführen <strong>und</strong> diese unmittelbar<br />

in Gespräche einzubringen.<br />

Zwar hat Dr. Schalck-Golodkowski die Verhandlungen<br />

geführt <strong>und</strong> die Paraphierung vorgenommen, die<br />

Unterzeichnung <strong>de</strong>s Ausgehan<strong>de</strong>lten erfolgte jedoch<br />

jeweils durch die zuständigen Minister bzw. Staatssekretäre.<br />

Auffällig ist, daß Dr. Schalck-Golodkowski<br />

über die Vertraulichkeit hinaus, die bei <strong>de</strong>n inner<strong>de</strong>utschen<br />

Verhandlungen üblich war, gera<strong>de</strong>zu eine übertriebene<br />

„Geheimniskrämerei" um die Treffen betrieb.<br />

Auch die Gesprächspartner auf seiten <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland schätzten die Diskretion, mit<br />

<strong>de</strong>r Verhandlungsgegenstän<strong>de</strong> diskutiert <strong>und</strong> zum erfolgreichen<br />

Abschluß gebracht wer<strong>de</strong>n konnten.<br />

Zum Wahrheitsgehalt <strong>de</strong>r von Dr. Schalck-Golodkowski<br />

angefertigten Vermerke haben sich fast alle Zeugen<br />

vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß skeptisch geäußert,<br />

bis auf Dr. Schäuble. So wichen z.B. die Zeugenaussagen<br />

zu <strong>de</strong>n Verhandlungen über <strong>de</strong>n Milliar<strong>de</strong>nkredit<br />

<strong>und</strong> die von Dr. Schalck-Golodkowski angefertigten<br />

Vermerke in <strong>de</strong>r Darstellung stark vonein-

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