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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Geisthardt hatte seinen Gesprächswunsch im B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />

persönlich Staatsminister Dr. Lutz Stavenhagen<br />

vorgetragen. Im Anschluß an dieses Gespräch<br />

übermittelte MDg Peter Staubwasser das Anliegen<br />

Geisthardts an <strong>de</strong>n BND, auf <strong>de</strong>ssen Vermittlung<br />

das Gespräch am 7. September 1990 in München<br />

stattfand. Vorher hatte Geisthardt auf Wunsch Dr.<br />

Schalck-Golodkowskis die gewünschten Themenkomplexe<br />

mitgeteilt. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r BND sich geweigert<br />

hatte, selbst an <strong>de</strong>n Gesprächen teilzunehmen,<br />

wur<strong>de</strong> auf Drängen Dr. Schalck-Golodkowskis Pfarrer<br />

Dr. Markus Rückert hinzugezogen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Ehepaar<br />

Schalck-Golodkowski bereits durch die Vermittlung<br />

einer vorläufigen Unterkunft in <strong>de</strong>r Wohnung<br />

seiner Mutter nach <strong>de</strong>r Ankunft in Bayern verb<strong>und</strong>en<br />

war.<br />

Über <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>s Gesprächs gibt es unterschiedliche<br />

Aussagen; Dr. Schalck-Golodkowski betont als eigentlichen<br />

Gr<strong>und</strong> für das Gespräch die Frage nach<br />

Tätigkeiten <strong>de</strong>s damaligen Ministerpräsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r<br />

DDR, Lothar <strong>de</strong> Maizière, für das MfS. Ein Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>n zuvor von Geisthardt übermittelten<br />

Themenkomplexen habe kaum bestan<strong>de</strong>n, die hätten<br />

„nur als 'Aufhänger' gedient". Geisthardt dagegen<br />

spricht von einer „wirtschaftspolitischen Vorlesung"<br />

von Dr. Schalck-Golodkowski über <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung, wogegen <strong>de</strong>r Komplex <strong>de</strong><br />

Maizière nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe.<br />

Das entspricht etwa <strong>de</strong>r Aussage Dr. Rückerts, <strong>de</strong>r<br />

noch das Thema „Innenleben <strong>de</strong>r Führungsspitze <strong>de</strong>s<br />

ehemaligen DDR-Staates" als Gesprächsinhalt in Erinnerung<br />

hatte.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski hat behauptet, Geisthardt<br />

habe ihm <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r seinerzeitigen CDU-<br />

Fraktion in <strong>de</strong>r Volkskammer, Dr. Günther Krause, als<br />

seinen unmittelbaren Auftraggeber genannt. Nach<br />

Aussage Dr. Rückerts hatte Geisthardt während <strong>de</strong>s<br />

Gesprächs geäußert, allein Dr. Krause wisse von diesem<br />

Treffen. Dies wur<strong>de</strong> von Dr. Krause vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

bestritten.<br />

Auch die Aussage von Geisthardt, er habe im Anschluß<br />

an das Gespräch mit Dr. Schalck-Golodkowski<br />

Dr. Krause mündlich <strong>Bericht</strong> erstattet, wird von diesem<br />

bestritten.<br />

Der frühere Ministerpräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r DDR, Lothar <strong>de</strong><br />

Maizière, geht nach einem Artikel <strong>de</strong>r Zeitung „Die<br />

Welt" vom 12. September 1991 davon aus, daß über<br />

ihn Stasi-Belastungsmaterial zusammengetragen<br />

wer<strong>de</strong>n sollte <strong>und</strong> daß das Gespräch Geisthardt/Dr.<br />

Schalck-Golodkowski womöglich doch von Bonn aus<br />

entsprechend „inspiriert" wor<strong>de</strong>n sei. Geisthardt habe<br />

ihm am 13. September 1990 über das Gespräch telefonisch<br />

berichtet.<br />

Eine Aufklärung <strong>de</strong>r Angelegenheit mit einer von<br />

Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r SPD im Untersuchungsausschuß gefor<strong>de</strong>rten<br />

Gegenüberstellung <strong>de</strong>r Zeugen Geisthardt<br />

<strong>und</strong> Dr. Krause wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Ausschußmehrheit abgelehnt.<br />

Der Untersuchungsausschuß hat festgestellt, daß Dr.<br />

Schalck-Golodkowski nach seiner Wohnsitznahme<br />

in Bayern Kontakte zu zahlreichen ehemaligen Mitarbeitern<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

<strong>und</strong> zu Bekannten aus <strong>de</strong>r Partei- <strong>und</strong> Staatsführung<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

<strong>de</strong>r ehemaligen DDR hatte. Die vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

befragten Zeugen verneinten die<br />

Frage nach <strong>de</strong>m Einfluß <strong>de</strong>r Kontakte auf <strong>de</strong>n Verkauf<br />

ehemaliger Unternehmen <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung o<strong>de</strong>r auf die Sicherung von<br />

Vermögenswerten für ehemalige „Seilschaften". Die<br />

SPD geht aber davon aus, daß diese Kontakte auch<br />

<strong>de</strong>r Steuerung <strong>und</strong> Vorbereitung von Vernehmungen<br />

durch <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß gedient haben.<br />

Dr. Schalck-Golodkowski stellte nach seinem Überwechseln<br />

in die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland zunächst<br />

Bedingungen für seine Gesprächsbereitschaft<br />

gegenüber <strong>de</strong>m BND. In dieser „Wunschliste" fin<strong>de</strong>t<br />

sich auch die For<strong>de</strong>rung nach B<strong>und</strong>espersonalpapieren<br />

unter Decknamen.<br />

Der BND entschloß sich laut einem Vermerk vom<br />

13. Februar 1990, die Ausstellung von Reisepässen<br />

<strong>und</strong> Führerscheinen auf <strong>de</strong>n Mädchennamen von Sigrid<br />

Schalck-Golodkowski, Gutmann, zu veranlassen.<br />

Die Irritationen, die im Untersuchungsausschuß<br />

durch die Beantwortung <strong>de</strong>r Anfrage <strong>de</strong>s Abgeordneten<br />

Peter Conradi, ob Dr. Schalck-Golodkowski vom<br />

BND Hilfe, „beispielsweise durch Ausstellung eines<br />

Reisepasses" , angeboten bekommen habe, entstan<strong>de</strong>n<br />

waren, konnten durch die Beweiserhebung <strong>de</strong>s<br />

Untersuchungsausschusses beseitigt wer<strong>de</strong>n. Spätestens<br />

seit Eingang <strong>de</strong>s Schreibens <strong>de</strong>s BND-Präsi<strong>de</strong>nten<br />

Dr. Wieck vom 28. März 1990 hätte <strong>de</strong>m B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />

bekannt sein müssen, daß die Antwort<br />

<strong>de</strong>s damaligen Koordinators <strong>de</strong>r Nachrichtendienste,<br />

Staatsminister Dr. Lutz Stavenhagen, wonach „Herrn<br />

Schalck-Golodkowski 'Hilfe' in <strong>de</strong>r von Ihnen geschil<strong>de</strong>rten<br />

Art we<strong>de</strong>r angeboten noch geleistet wur<strong>de</strong>",<br />

nicht zutreffend war. Angeblich war das Schreiben,<br />

das an die B<strong>und</strong>esminister Dr. Wolfgang Schäuble<br />

<strong>und</strong> Hans-Dietrich Genscher sowie an Dr. Lutz Stavenhagen<br />

(„persönlich") gerichtet war, im B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />

nicht eingegangen. Dort wur<strong>de</strong> es<br />

schließlich doch noch aufgef<strong>und</strong>en. Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

<strong>de</strong>n zuständigen Abteilungsleiter<br />

MDg Dr. Hermann Jung bereits einmal vernommen<br />

hatte, gab Staatsminister Dr. Lutz Stavenhagen<br />

<strong>de</strong>n Auftrag, erneut nach <strong>de</strong>m Schreiben zu suchen.<br />

Fündig gewor<strong>de</strong>n ist <strong>de</strong>r Geheimschutzbeauftragte<br />

<strong>de</strong>s B<strong>und</strong>eskanzleramtes im „immer sehr prall gefüllten"<br />

Panzerschrank von MDg Dr. Jung, <strong>de</strong>r das<br />

Schriftstück somit <strong>de</strong>r Weitergabe an <strong>de</strong>n eigentlichen<br />

Adressaten entzogen hatte.<br />

Am 2. Dezember 1991, drei Tage vor seiner Vernehmung<br />

durch <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß, trat Dr.<br />

Lutz Stavenhagen von seinem Amt zurück. Im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>n getroffenen Feststellungen wur<strong>de</strong><br />

MDg Dr. Hermann Jung von seinen Aufgaben im<br />

B<strong>und</strong>eskanzleramt entb<strong>und</strong>en.<br />

III. Zusammenfassung<br />

Das MfS war treiben<strong>de</strong> Kraft für Konzeption, Entstehung<br />

<strong>und</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung. Strategisch wichtige Personalstellen<br />

bis hin zu Kurieren <strong>und</strong> Fahrern wur<strong>de</strong>n mit Offizie-

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