Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

Bei der Beweiserhebung hat der Untersuchungsausschuß
einige der finanziellen Aspekte der Verflechtung
zwischen dem Bereich Kommerzielle Koordinierung,
den kommunistischen Wirtschaftsunternehmen
in der Bundesrepublik Deutschland, der SED sowie
der DKP deutlich machen können. Ob die Erkenntnisse
des Bundesamtes für Verfassungsschutz über
jährliche Unterstützungen der DKP aus der DDR in
Höhe von ca. 70 Mio. DM zutreffend sind oder ob der
Betrag tatsächlich höher lag, mußte offen bleiben. Bei
der Aufbringung der Gelder zur Unterstützung der
DKP und ihrer Aktivitäten spielten der Bereich Kommerzielle
Koordinierung und die ihm unterstellten
kommunistischen Wirtschaftsunternehmen jedenfalls
eine herausragende Rolle. Angesichts der Beweise,
die dem Untersuchungsausschuß über die Unterstützung
von DKP-Aktivitäten mit Hilfe des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung vorlagen, kann nicht
ausgeschlossen werden, daß die Hilfe an die DKP einen
größeren Umfang hatte als bislang angenommen.
Nach den Ergebnissen der Beweiserhebung flossen
aufgrund der Aktivitäten des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung der SED zwischen 1971 und 1989 ca.
300 Mio. VM zu.
Daß der Bereich Kommerzielle Koordinierung und Dr.
Schalck-Golodkowski die Voraussetzungen schufen
und Wege anboten, um den Mitgliedern der SED-
Führung in Wandlitz ein bequemes Dasein nach den
ideologisch verpönten westlichen Standards zu sichern,
trug nach Einschätzung des Untersuchungsausschusses
zweifellos dazu bei, Dr. Schalck-Golodkowskis
persönliche Rolle in den Augen der Staatsund
Parteispitze zu steigern. Insgesamt brachte der
Bereich Kommerzielle Koordinierung nach den Feststellungen
des Untersuchungsausschusses zwischen
1972 und 1989 ca. 80 Mio. VM für die Versorgung der
Bewohner der Waldsiedlung Wandlitz und der dort
Beschäftigten auf.
II. Verflechtung des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung mit dem Ministerium für
Staatssicherheit
Das besonders enge Verhältnis zwischen Dr. Schalck-
Golodkowski und der SED-Führungsspitze ist eine
Erklärung für die Sonderstellung des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung in der DDR, eine andere liegt
nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses
in der vielschichtigen Verflechtung des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung und seines Leiters
Dr. Schalck-Golodkowski mit dem Ministerium
für Staatssicherheit.
Schon die Gründung des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
läßt in erheblichem Maße die Rolle des
MfS erkennen, das auf diese Weise seinen Einfluß im
Außenhandel der DDR erhöhen und eigene wirtschaftliche
Möglichkeiten ausweiten wollte. Die
Gründung des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
ist Teil einer vom MfS seit 1965 entwickelten Konzeption,
die die Außenhandelsbeziehungen der DDR für
die nachrichtendienstliche Nutzung durch das MfS zu
erschließen versuchte. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung
wurde von Anfang an auf vielfältige Weise
gezielt für die Realisierung eigener Interessen des
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
MfS genutzt und stellte somit auch ein Instrument des
MfS dar.
Bei der Aufklärung von Umfang und Intensität, die
die Verflechtung zwischen dem Bereich Kommerzielle
Koordinierung mit dem MIS bis 1989 angenommen
hatte, haben dem Untersuchungsausschuß wesentliche
Beweismittel nicht zur Verfügung gestanden.
Im Bereich Kommerzielle Koordinierung wurden
nach der Flucht Dr. Schalck-Golodkowskis in die Bundesrepublik
Deutschland offensichtlich in großem
Umfang Akten über Aktivitäten jener Unternehmen
vernichtet, die in der Hauptabteilung I unter Manfred
Seidel mit dem MfS eng zusammengearbeitet hatten.
Da auch der gesamte Aktenbestand der Hauptverwaltung
Aufklärung (HVA) des MfS vermutlich vernichtet
wurde, ist es dem Untersuchungsausschuß nicht
möglich gewesen, die Kooperation der HVA mit dem
Bereich Kommerzielle Koordinierung umfassend aufzuklären.
Hinzu kommt, daß der langjährige Leiter
der HVA, Markus Wolf, vor dem Untersuchungsausschuß
die Aussage verweigert hat. Auch andere ehemalige
MfS-Mitarbeiter haben mit ihren Zeugenaussagen
wenig zur Aufklärung des Netzes der Zusammenarbeit
zwischen dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
und dem MfS beigetragen.
Als erschwerend hat sich weiterhin der Umstand erwiesen,
daß die beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen
DDR befindlichen Materialien teilweise noch
nicht vollständig aufbereitet waren.
Dies gilt in besonderer Weise für die Hauptabteilung
XVIII des MfS. In deren Zuständigkeit fielen jahrelang
die Aktivitäten des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
und der von ihm gesteuerten Unternehmen.
Dennoch hat der Untersuchungsausschuß in seiner
Beweiserhebung ein Bild von der Intensität der Verflechtung
des MfS mit dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
gewinnen können.
Der Bereich Kommerzielle Koordinierung wurde vom
MfS aufgrund seiner besonderen Geschäftsaktivitäten
und der damit verbundenen vermeintlichen starken
Gefährdung durch westliche Geheimdienste intensiv
überwacht und abgeschirmt. Diese Aufgabe erfüllte
zunächst die HA XVIII und ab 1983 die auf Initiative
Dr. Schalck-Golodkowskis eigens zu diesem
Zweck gegründete AG BKK. Unterstützt wurden
diese beiden Einheiten insbesondere durch die für die
Absicherung der sog. Parteifirmen des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung in der Bundesrepublik
Deutschland und im westlichen Ausland zuständige
HA II (Spionageabwehr) des MfS.
Neben der Überwachung des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung und der von ihm gesteuerten Unternehmen
durch das MfS gab es auch eine vielfältige
Zusammenarbeit. Eine Kooperation des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung kam nach den Erkenntnissen
des Untersuchungsausschusses mit folgenden
Diensteinheiten des MfS zustande:
Die Hauptabteilung Personenschutz (PS) erhielt für
die Versorgung der Waldsiedlung Wandlitz vom Be-