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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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DRITTER TEIL:<br />

Ergebnis<br />

Im folgen<strong>de</strong>n geht es darum, die im empirischen Teil<br />

gewonnenen Einzelergebnisse zu einem Gesamtbild<br />

zusammenzufügen, um die Frage zu beantworten,<br />

welche Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Bereich Kommerzielle Koordinierung<br />

für die Volkswirtschaft <strong>de</strong>r DDR gehabt hat.<br />

Da dieser Teil auf die vorangegangene theoretische<br />

Gr<strong>und</strong>legung sowie empirische Untersuchung zurückgreift,<br />

ergeben sich zwangsläufig Wie<strong>de</strong>rholungen,<br />

die aber insofern auch durchaus gewollt sind, als<br />

wir es <strong>de</strong>m lediglich an unseren Ergebnissen interessierten<br />

Leser ersparen wollen, die ganze Untersuchung<br />

lesen zu müssen.<br />

I. Funktionsweise <strong>und</strong> Rolle <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Koko als Institution <strong>de</strong>r DDR-<br />

Knappheitswi rtschaft<br />

Wie schon im theoretischen Teil herausgearbeitet,<br />

kann die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Bereichs KoKo für die Volkswirtschaft<br />

<strong>de</strong>r DDR nur vor <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />

planwirtschaftlichen Systems <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Funktionsweise<br />

beurteilt wer<strong>de</strong>n. Der Bereich KoKo war Teil<br />

dieses Systems. Er verdankte seine Existenz zu<br />

einem erheblichen Teil <strong>de</strong>ssen Dysfunktionalität; insoweit<br />

stellte die Einrichtung <strong>de</strong>s Bereichs eine partielle<br />

Reform <strong>de</strong>s Außenwirtschaftssystems <strong>de</strong>r DDR<br />

dar.<br />

Das planwirtschaftliche System war ein Datum für<br />

KoKo. We<strong>de</strong>r Schalck noch <strong>de</strong>r Bereich waren für die<br />

konkrete Ausgestaltung <strong>de</strong>s Wirtschaftssystems <strong>und</strong><br />

für die Wirtschaftspolitik <strong>de</strong>r DDR verantwortlich.<br />

Schalck-Golodkowski hatte keine Möglichkeit, entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Verän<strong>de</strong>rungen im Lenkungssystem<br />

durchzusetzen. Er war nicht einmal Mitglied <strong>de</strong>s Politbüros!<br />

Darüber hinaus fragt es sich, ob Schalck<br />

überhaupt ein Interesse an wesentlichen Systemreformen<br />

haben konnte, da sie die Existenzberechtigung<br />

<strong>und</strong> die Existenzbedingungen <strong>de</strong>s Bereichs Ko-<br />

Ko weitgehend in Frage gestellt hätten.1)<br />

Durch die Schaffung von KoKo waren die Außenwirtschaftsbeziehungen<br />

<strong>de</strong>r DDR-Planwirtschaft mit <strong>de</strong>m<br />

nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet faktisch zweigeteilt.<br />

Es gab die NSW-Außenwirtschaftsbeziehungen<br />

<strong>de</strong>s Planbereichs <strong>und</strong> die NSW-Außenwirtschaftsbeziehungen<br />

KoKos. Damit hatte die DDR<br />

kein Außenwirtschaftsmonopol, son<strong>de</strong>rn faktisch ein<br />

Außenwirtschaftsduopol. Am NSW-Außenhan<strong>de</strong>lsumsatz<br />

war <strong>de</strong>r Planbereich etwa doppelt so stark<br />

beteiligt wie <strong>de</strong>r Bereich KoKo. Zwischen bei<strong>de</strong>n Bereichen<br />

bestand eine Aufgabenteilung. Konkurrenz<br />

<strong>und</strong> Reibungsverluste sollten durch Zusammenarbeit,<br />

insbeson<strong>de</strong>re auch auf höchster Ebene, also zwischen<br />

Schürer <strong>und</strong> Schalck, vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Bei<strong>de</strong><br />

Bereiche waren jedoch nicht gleichberechtigt.<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

KoKo hatte gegenüber <strong>de</strong>m Plansektor erhebliche<br />

Son<strong>de</strong>rvollmachten, Informationsvorsprünge <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>utlich erweiterte Handlungsmöglichkeiten; <strong>de</strong>r<br />

Planbereich war bürokratisch organisiert, <strong>de</strong>r KoKo-<br />

Bereich wur<strong>de</strong> dagegen von Schalck straff <strong>und</strong> unbürokratisch<br />

geführt <strong>und</strong> glich mehr einer militärischen<br />

Organisation, einem Familienunternehmen o<strong>de</strong>r —<br />

zumin<strong>de</strong>st in Teilen — gar einer Art Mafia. Es bestan<strong>de</strong>n<br />

vielfältige Kooperationsbeziehungen zwischen<br />

bei<strong>de</strong>n Bereichen, insbeson<strong>de</strong>re bei <strong>de</strong>n Technologieimporten<br />

<strong>und</strong> bei <strong>de</strong>n Im- <strong>und</strong> Expo rten <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r petrochemischen Indust rie, sowie<br />

auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Leiter bei<strong>de</strong>r Bereiche — Schalck<br />

<strong>und</strong> Schürer — als Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arbeitsgruppe<br />

Zahlungsbilanz. Es gab jedoch auch Konkurrenz zwischen<br />

bei<strong>de</strong>n Bereichen, Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen um<br />

knappe Ressourcen, die nicht auf Märkten, son<strong>de</strong>rn<br />

innerhalb <strong>de</strong>r Staats- <strong>und</strong> Parteihierarchie ausgetragen<br />

wur<strong>de</strong>n.<br />

Abbildung 3 stellt das zweigeteilte NSW-Außenwirtschaftssystem<br />

<strong>de</strong>r DDR wie<strong>de</strong>rum in <strong>de</strong>r hydraulischen<br />

Analogie <strong>de</strong>s Kornai-Mo<strong>de</strong>lls dar. An<strong>de</strong>rs als in<br />

Abbildung 1 besteht nun <strong>de</strong>r NSW-Außenwirtschaftssektor<br />

aus zwei „Kesseln", wobei das Größenverhältnis<br />

zwischen bei<strong>de</strong>n Bereichen dadurch ange<strong>de</strong>utet<br />

wird, daß <strong>de</strong>r Plankessel größer gezeichnet<br />

<strong>und</strong> mit größeren Zu- <strong>und</strong> Abflußröhren als <strong>de</strong>r Ko-<br />

Ko-Kessel ausgestattet ist. Was die relativ schwache<br />

Exportpumpe in <strong>de</strong>n Plankessel hineinför<strong>de</strong>rte wur<strong>de</strong><br />

entwe<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Importpumpe sofort wie<strong>de</strong>r abgesaugt<br />

o<strong>de</strong>r floß für <strong>de</strong>n Schul<strong>de</strong>ndienst ab. Das<br />

gleiche gilt für die Zuflüsse durch Devisenkredite,<br />

Transferleistungen <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepub lik <strong>und</strong> die aus<br />

<strong>de</strong>m KoKo-Kessel zugepumpten Mittel. Der KoKo-<br />

Bereich verfügte <strong>de</strong>mgegenüber über eine stärkere<br />

Saugpumpe zum Absaugen von Exportgütern aus<br />

<strong>de</strong>m Binnenkreislauf <strong>de</strong>r Wi rtschaft. Diese Pumpe<br />

war darüber hinaus bis zu einem gewissen Gra<strong>de</strong><br />

regulierbar, das heißt sie wur<strong>de</strong> im Zeitablauf auf<br />

eine zunehmend höhere Leistung eingestellt. Mitte<br />

<strong>de</strong>r 80er Jahre erreichte sie ihre Höchstleistung; seither<br />

stagnierte ihre För<strong>de</strong>rmenge. Durch die Röhrenanordnung<br />

(zurückübersetzt: durch seine Son<strong>de</strong>rvollmachten)<br />

verfügte <strong>de</strong>r KoKo-Bereich über die<br />

Möglickeit, einen gewissen Flüssigkeitsstand (Reserven)<br />

im Kessel zu gewährleisten. Die Pumpen <strong>de</strong>s<br />

Planbereichs waren nur bedingt regulierbar, da die<br />

Plankommission sehr viel stärker als KoKo von <strong>de</strong>n<br />

politischen Entscheidungen abhängig war, also die<br />

Importpumpe nur mit Zustimmung Honeckers zurückgefahren<br />

wer<strong>de</strong>n konnte, während die Expo rt<br />

-pumpe aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Exportschwäche <strong>de</strong>r DDR nicht<br />

störungsfrei funktionierte (die Exportpläne wur<strong>de</strong>n<br />

stets „untererfüllt"!). Die SPK hatte somit nur beschränkte<br />

Mögichkeiten, die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Expo rt-

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