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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Der Untersuchungsausschuß ist nicht im einzelnen <strong>de</strong>r<br />

Frage nachgegangen, ob Rechtsanwalt Vogel auch<br />

Ausreisewillige zu seinem eigenen Nutzen o<strong>de</strong>r zum<br />

Nutzen <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

bzw. von <strong>de</strong>ssen Mitarbeitern um ihr Eigentum an<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bo<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r ehemaligen DDR gebracht<br />

hat. Je<strong>de</strong>nfalls beurk<strong>und</strong>ete er in seiner Eigenschaft<br />

als Notar wie<strong>de</strong>rholt Gr<strong>und</strong>stückübertragungen ausreisewilliger<br />

DDR-Bürger zugunsten <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Kommerzielle Koordinierung, wobei <strong>de</strong>n Ausreisewilligen<br />

wohl nicht <strong>de</strong>r Marktwert - nicht einmal in DDR-<br />

Mark - für die Gr<strong>und</strong>stücke zufloß. Unabhängig von<br />

<strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Selbstbegünstigung bzw. <strong>de</strong>r Begünstigung<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung, <strong>de</strong>s<br />

Ministeriums für Staatssicherheit o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Angehörigen<br />

besteht <strong>de</strong>r Verdacht, daß die Betroffenen unzureichend<br />

beraten wor<strong>de</strong>n sind. Die Abschöpfung <strong>de</strong>s<br />

Vermögens <strong>de</strong>r Ausreisewilligen wur<strong>de</strong> dadurch begünstigt,<br />

daß diesen in <strong>de</strong>r Regel nur die Möglichkeit<br />

einer Schenkung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Verkaufs ihrer Gr<strong>und</strong>stücke<br />

zum Schätzwert bekannt war. Die Gr<strong>und</strong>stücke hätten<br />

aber auch unter Verwaltung <strong>de</strong>r DDR gestellt wer<strong>de</strong>n<br />

können; darauf wur<strong>de</strong> nicht aufmerksam gemacht.<br />

Der Untersuchungsausschuß hat schließlich nicht geprüft,<br />

ob Rechtsanwalt Vogel in vorwerfbarer Weise<br />

zu einem Ferienhaus auf <strong>de</strong>r Insel Rügen gelangte,<br />

von <strong>de</strong>m behauptet wird, daß er es einer ausreisewilligen<br />

DDR-Bürgerin abgenötigt habe.<br />

dd) Rolle <strong>de</strong>r Kirchen <strong>und</strong> von Dr. Stolpe im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r humanitären Bemühungen<br />

Auch von seiten <strong>de</strong>r Kirchen gab es vielfältige Bemühungen<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r Häftlingsfreilassung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Familienzusammenführung. Die Ermittlungen haben<br />

keine sicheren Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die<br />

Kirchen im Rahmen ihrer Kontakte mit <strong>de</strong>m Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung gezielt zu Nutznießern<br />

bzw. Gehilfen von Gr<strong>und</strong>stücksübertragungen wur<strong>de</strong>n.<br />

Jedoch gab es durchaus Einzelfälle, in <strong>de</strong>nen Kirchenmitarbeiter<br />

wie Pastoren o<strong>de</strong>r Mitarbeiter <strong>de</strong>s<br />

Ministeriums für Staatssicherheit von <strong>de</strong>n Kirchen<br />

vermittelte Gr<strong>und</strong>stücke kaufen konnten. Dies je<strong>de</strong>nfalls<br />

hat Dr. Manfred Stolpe, vormals Konsistorialpräsi<strong>de</strong>nt,<br />

in seiner Vernehmung vor <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

eingeräumt.<br />

Keine Belege haben sich dafür ergeben, daß Dr. Manfred<br />

Stolpe im Rahmen seiner umfangreichen Kontakte<br />

mit <strong>de</strong>m Bereich „Kommerzielle Koordinierung",<br />

auch mit <strong>de</strong>ssen Leiter Dr. Schalck-Golodkowski<br />

<strong>und</strong> insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m Leiter <strong>de</strong>r Hauptabteilung<br />

I, Manfred Sei<strong>de</strong>l, zugunsten seiner Lan<strong>de</strong>skirche<br />

bzw. zugunsten von MfS-Mitarbeitern solche<br />

Gr<strong>und</strong>stückskäufe vermittelt hätte. Dr. Stolpe hat<br />

sich bei seiner Befragung durch <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß<br />

lediglich daran erinnern können, am Ran<strong>de</strong><br />

mit <strong>de</strong>m Fall Worgitzki befaßt gewesen zu sein.<br />

Dr. Manfred Stolpe hatte nicht nur gute Kontakte zum<br />

Bereich Kommerzielle Koordinierung <strong>und</strong> zu Dr.<br />

Schalck-Golodkowski <strong>und</strong> Manfred Sei<strong>de</strong>l, son<strong>de</strong>rn<br />

über einen langen Zeitraum hinweg auch enge Beziehungen<br />

zum Ministerium für Staatssicherheit. Dort<br />

war er, als IM „Sekretär" geführt, für das MfS wohl<br />

einer <strong>de</strong>r wichtigsten Gesprächspartner aus <strong>de</strong>m Kirchenbereich.<br />

Einzelheiten wer<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Unter-<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

suchungsausschuß 1/3 <strong>de</strong>s Landtags Bran<strong>de</strong>nburg<br />

untersucht <strong>und</strong> hoffentlich geklärt. Nach <strong>de</strong>m Eindruck<br />

<strong>de</strong>s 1. Untersuchungsausschusses scheint die<br />

Funktion von Dr. Stolpe über die eines normalen Inoffiziellen<br />

Mitarbeiters hinausgegangen zu sein. Offenbar<br />

hat Dr. Stolpe nicht nur Inhalte diverser Gespräche,<br />

Ergebnisse von Konferenzen <strong>und</strong> Syno<strong>de</strong>n mitgeteilt,<br />

son<strong>de</strong>rn auch seine Gesprächspartner vom<br />

MfS über die Haltung einzelner Teilnehmer zu einzelnen<br />

Themen unterrichtet. Darüber hinaus gibt es genügend<br />

Hinweise, daß Dr. Stolpe auch innerkirchliche<br />

Entscheidungsprozesse im Sinne seiner Gesprächspartner<br />

beim MfS zu beeinflussen versuchte.<br />

Ob diese Art <strong>de</strong>r Tätigkeit im Interesse <strong>de</strong>r evangelischen<br />

Kirche lag <strong>und</strong> ob sie mit <strong>de</strong>m Schaffen von<br />

Freiräumen für die kirchliche Tätigkeit durch ein Eingehen<br />

auf die Gegenseite gerechtfertigt wer<strong>de</strong>n<br />

kann, hat nicht <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß zu entschei<strong>de</strong>n,<br />

son<strong>de</strong>rn allenfalls die evangelische Kirche.<br />

Vorwürfe an die Kirchen, sie hätten an <strong>de</strong>r Übernahme<br />

von Beträgen in Mark <strong>de</strong>r DDR von Ausreisewilligen<br />

<strong>und</strong> Überlassung von DM-Beträgen an diese nach <strong>de</strong>r<br />

Ausreise in die B<strong>und</strong>esrepublik unziemlich verdient,<br />

teilt <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß nicht. In <strong>de</strong>r Regel<br />

konnten ausreisewillige DDR-Bürger ihr Barvermögen<br />

in Ost-Mark nach <strong>de</strong>n <strong>de</strong>visenrechtlichen Bestimmungen<br />

<strong>de</strong>r DDR bei einer Übersie<strong>de</strong>lung in die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland nicht ausführen. Sie nutzten<br />

<strong>de</strong>shalb die sich ihnen bieten<strong>de</strong> Gelegenheit, <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Institutionen <strong>de</strong>r Kirchen <strong>de</strong>r DDR Geld<br />

als „Spen<strong>de</strong>" zu überlassen, um sodann nach <strong>de</strong>r<br />

Übersiedlung einen Bruchteil <strong>de</strong>s Betrages von <strong>de</strong>n<br />

Kirchen im Westen in DM-Beträgen ausbezahlt zu erhalten.<br />

Mit dieser Regelung war bei<strong>de</strong>n Parteien gedient.<br />

Die Übersiedler hatten im Westen einen Kapitalgr<strong>und</strong>stock<br />

zu erwarten; die Kirchen in <strong>de</strong>r DDR konnten<br />

auf diese Weise Kapital in DDR-Währung bil<strong>de</strong>n.<br />

Von einer Übervorteilung <strong>de</strong>r Ausreisewilligen kann<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht gesprochen wer<strong>de</strong>n.<br />

ee) Son<strong>de</strong>rfall Autobahnbau<br />

Der Untersuchungsausschuß hat allen Anlaß zu <strong>de</strong>r<br />

Annahme, daß die Abrechnungsmetho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r „beson<strong>de</strong>ren<br />

humanitären Bemühungen" dazu geführt<br />

haben, daß im Jahr 1978 in <strong>de</strong>n Leistungen <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung<br />

für diesen Bereich auch ein Betrag von<br />

5,8 Mio. DM versteckt wor<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>r nicht durch die<br />

Entlassung von Menschen in die Freiheit begrün<strong>de</strong>t<br />

war, son<strong>de</strong>rn im Ergebnis <strong>de</strong>r Finanzierung von<br />

Grenzsicherungsanlagen auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r DDR am<br />

Grenzübergang Helmstedt/Marienborn diente. Es ist<br />

bezeichnend, daß sich <strong>de</strong>r damalige Ständige Vertreter<br />

<strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland bei <strong>de</strong>r DDR,<br />

Günter Gaus, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r infolge einer rechtskräftigen<br />

strafrechtlichen Verurteilung aus <strong>de</strong>m Beamtenverhältnis<br />

ausgeschie<strong>de</strong>ne frühere Ministerialdirektor<br />

Edgar Hirt bei ihrer Vernehmung durch <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß<br />

nicht konkret an diesen Vorgang haben<br />

erinnern wollen o<strong>de</strong>r können. Gleichwohl bestehen<br />

anläßlich <strong>de</strong>r ein<strong>de</strong>utigen Aktenvermerke aus<br />

<strong>de</strong>m Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten<br />

<strong>de</strong>r DDR <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Unterlagen <strong>de</strong>r Regierung <strong>de</strong>r<br />

DDR für <strong>de</strong>n Untersuchungsausschuß keine vernünftigen<br />

Zweifel daran, daß die seinerzeit von <strong>de</strong>r<br />

DDR gefor<strong>de</strong>rten Beträge zur Finanzierung <strong>de</strong>r

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