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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode
Laut Aussage von Meinel war seine Herkunft aus dem
Bereich der Spionageabwehr die Ursache für die Ernennung
zum Leiter der AG BKK. Er erklärte dies damit,
daß der Schutz des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
vor feindlichen nachrichtendienstlichen
Angriffen eindeutig im Mittelpunkt der Arbeit der AG
BKK gestanden habe.
c) Personelle Verflechtung mit dem MfS
Zwischen dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
und dem MfS bestanden insofern sehr enge personelle
Verflechtungen, als zahlreiche offizielle und Inoffizielle
Mitarbeiter des MfS im Bereich Kommerzielle
Koordinierung beschäftigt waren. Ihr Einsatz im
Bereich Kommerzielle Koordinierung diente einerseits
der Umsetzung von Abwehr-, Sicherungs- und
Aufklärungsaufgaben, die das MfS im Zusammenhang
mit dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
erfüllte. Andererseits wurden sie zur Durchsetzung
eigener Ziele des MfS im Bereich Kommerzielle Koordinierung
genutzt. Letzterem dienten insbesondere
auch die Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). Dr.
Schalck-Golodkowski selbst hatte als OibE zuletzt
den Rang eines Oberst des MfS und war der wichtigste
Interessenvertreter des MfS im Bereich Kommerzielle
Koordinierung.
aa) Offiziere im besonderen Einsatz (OibE)
Die Besetzung von Leitungsfunktionen im Bereich
Kommerzielle Koordinierung mit OibE, d.h. mit eigenen
hauptamtlichen Mitarbeitern, war für das MfS
eine der wichtigsten Möglichkeiten, seinen Einfluß
geltend zu machen. Der hohe Anteil von sog. OibE im
Bereich Kommerzielle Koordinierung zeigt, wie stark
dieser Einfluß tatsächlich war.
Gemäß der MfS-Ordnung Nr. 6/86 zur Arbeit mit Offizieren
im besonderen Einsatz vom 17. März 1986 handelte
es sich bei OibE um „Angehörige des MfS, die
im Interesse der dem MfS übertragenen Verantwortung
zur umfassenden Gewährleistung der staatlichen
Sicherheit auf den Gebieten der Abwehr und
der Aufklärung unter Legendierung ihres Dienstverhältnisses
mit dem MfS auf der Grundlage eines Arbeitsrechts-
oder Dienstverhältnisses in sicherheitspolitisch
bedeutsamen Positionen im Staatsapparat, der
Volkswirtschaft oder in anderen Bereichen des gesellschaftlichen
Lebens (Einsatzobjekte) eingesetzt und
wirksam werden. "
Im Gegensatz zu den Inoffiziellen Mitarbeitern wurden
an die Persönlichkeit der OibE sehr hohe Anforderungen
gestellt. Sie mußten sich durch „bewiesene
Treue und Ergebenheit zur Partei der Arbeiterklasse
und feste Verbundenheit mit dem MfS auszeichnen",
die „Fähigkeit zur politisch-operativen Lageeinschätzung
und zur eigenverantwortlichen Lösung aller gestellten
Aufgaben" besitzen, eine „hohe politische
und fachliche Qualifikation" aufweisen, „charakterlich
und moralisch gefestigt und unter allen Lagebedingungen
unantastbar sein" sowie über eine entsprechende
„physische und psychische Belastbarkeit
verfügen" . Für den Einsatz als OibE waren darüber
hinaus nur solche Angehörige des MfS vorgesehen,
„die über eine langjährige politisch-operative Erfah
rung verfüg[t]en bzw. gezielt auf ihre Einstellung in
das MfS und den Einsatz als OibE planmäßig und
schwerpunktorientiert als Perspektivkader in der inoffiziellen
Zusammenarbeit vorbereitet wurden".
Der Einsatz von OibE erfolgte vor allem in Schlüsselpositionen.
Häufige Einsatzorte waren neben Führungspositionen
in Ministerien, Wirtschaft und Kultur
das Post- und Fernmeldewesen, Universitäten, Fernsehen
und Rundfunk, Kreis- und Bezirksdienststellen
der Volkspolizei und die Abteilung Inneres in den
Kreisen und Bezirken, die u.a. für die Kirchen und
Ausreisewilligen zuständig waren.
Die Besoldung der OibE erfolgte durch den jeweiligen
Arbeitgeber. Lag die Nettovergütung im Einsatzobjekt
des OibE jedoch unter dem ihm zustehenden
Gehalt als Mitarbeiter des MfS, wurde vom MfS eine
Ausgleichszahlung geleistet.
Laut Aussage des Bundesbeauftragten für die Unterlagen
des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik, Joachim
Gauck, waren im Sommer 1990 etwa 3.000 OibE bekannt.
Die Dunkelziffer wird allerdings erheblich höher
geschätzt.
Die OibE befaßten sich im Gegensatz zu den Inoffiziellen
Mitarbeitern nicht in erster Linie mit der Überwachung
von Personen, der Sammlung von Informationen
und der Verfassung dementsprechender Berichte,
sondern häufig mit Koordinierungsaufgaben.
Ihr Einsatz diente der Abstimmung und Koordination
von Maßnahmen des MfS zwischen ihrem Einsatzort
und dem MfS sowie der Gewährleistung „störungsfreier
Informationsbeziehungen" . Besonders in sicherheitsrelevanten
Fragen - -wurde
die direkte Einflußnahme
der OibE auf Entscheidungsprozesse am
Einsatzort gefordert. Bei den Führungsoffizieren der
OibE handelte es sich in der Regel um den Leiter der
Diensteinheit, der sie zugeordnet waren.
Der Schwerpunkt des Einsatzes von OibE im Bereich
Kommerzielle Koordinierung lag auf der Zentrale des
Bereichs. Das MfS besetzte dort fast alle leitenden Positionen
sowie die Stellen der persönlichen Sekretärinnen
und Kraftfahrer des Leitungspersonals mit OibE
und beeinflußte damit alle wichtigen Entscheidungen
direkt mit. Laut Befehl Nr. 14/83 des Ministers für
Staatssicherheit vom 1. September 1983 hatten neben
der AG BKK lediglich die Abteilung Verwaltung
Rückwärtige Dienste (VRD) und die HA VI das Recht,
OibE im Bereich Kommerzielle Koordinierung zum
Einsatz zu bringen. Der Einsatz hatte gemäß Befehl
Nr. 12/88 des Ministers für Staatssicherheit vom 21.
Juni 1988 entsprechend der Ordnung Nr. 6/86 über
die Arbeit mit Offizieren im besonderen Einsatz zu erfolgen
und bedurfte der Zustimmung des Leiters der
AG BKK, Meinel, und Dr. Schalck-Golodkowskis (vgl.
Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr.
196, S. 1476). Die OibE der AG BKK wurden
vor deren Gründung ausschließlich durch den Offizier
für Sonderaufgaben, Oberst Dr. Heinz Volpert, für das
Sekretariat des Ministers geführt. Erst mit der Gründung
der AG BKK wurden sie dem Leiter der Arbeitsgruppe,
Meinel, übergeben.
Für die AG BKK arbeiteten in der Zentrale des Be
reichs Kommerzielle Koordinierung insgesamt zwi-