Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

nicht nur in der Abteilung XII zu erfassen. „Unter
Nutzung der operativen Möglichkeiten auch anderer
Diensteinheiten" sollten sie auch aufgeklärt und bearbeitet
werden (vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache
12/3462, Dokument-Nr. 196, S. 1476).
Unabhängig von der Frage der nachrichtendienstlichen
Nutzung der sog. speziellen Firmenverbindungen
lagen dem Untersuchungsausschuß auch zahlreiche
Dokumente vor, die eine Abschöpfung der geschäftlichen
Verbindungen des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung durch die AG BKK für nachrichtendienstliche
Zwecke der HVA belegen. Beispiele
hierfür sind Informationen der AG BKK an die HVA
zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein im
Jahre 1988, die die AG BKK durch ihren IMB „ Siegfried"
(stellvertretender Generaldirektor der Intrac
HGmbH, Eberhard Seidel) von dessen Geschäftspartner
Adolf Hilmer erhalten hatte. Über zunehmend
enger werdende Geschäftsbeziehungen
konnte Seidel auf Weisung des MfS eine persönliche
Beziehung zu Hilmer aufbauen und diese zur Abschöpfung
von Informationen nutzen (Dokument-Nr.
70).
cc) Hauptabteilung Spionageabwehr (HA II)
Neben der HA XVIII und der AG BKK befaßte sich
insbesondere die Hauptabteilung Spionageabwehr
(HA II) mit der Überwachung und „Abschirmung"
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung.
Generell war die HA II innerhalb des MfS für die Aufdeckung
und Abwehr geheimdienstlicher Angriffe
gegen die DDR auf politischem, ökonomischem und
militärischem Gebiet verantwortlich. Dazu gehörte
neben der „Bearbeitung" westlicher Geheimdienste
insbesondere die Überwachung von in der DDR lebenden
Deutschen aus der Bundesrepublik Deutschland
und von Ausländern in der DDR, die Sicherung
von Auslandsvertretungen in der DDR, die Überwachung
von Journalisten und Korrespondenten westlicher
Staaten in der DDR sowie die Sicherung der Zusammenarbeit
der SED und des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes
(FDGB) mit der DKP. Die besondere
Bedeutung der HA II innerhalb der Gesamtstruktur
des MfS wird darin sichtbar, daß sie direkt dem
Verantwortungsbereich des Ministers für Staatssicherheit,
Mielke, zugeordnet war.
Die HA II gliederte sich in 21 verschiedene Abteilungen
mit mehreren Arbeitsgruppen, wobei insbesondere die
Abteilung 19 im Zusammenhang mit dem Bereich Kommerzielle
Koordinierung tätig wurde. Der Personalbestand
betrug ca. 1.200 Mitarbeiter. Leiter der Hauptabteilung
war Generalleutnant Dr. Günther Kratsch.
Die Überwachungsfunktion der HA II gegenüber dem
Bereich Kommerzielle Koordinierung konzentrierte
sich vor allem auf die sog. Parteifirmen in der Bundesrepublik
Deutschland und in anderen westlichen
Staaten. Bei den sog. Parteifirmen, die der Abteilung
Firmen des Bereichs Kommerzielle Koordinierung unter
Leitung von Waltraud Lisowski unterstellt waren,
handelte es sich ursprünglich um Personengesellschaften
in den Händen von KPD/DKP-Funktionären
bzw. von der DKP nahestehenden Personen, an denen
der Bereich Kommerzielle Koordinierung später über
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
Holdinggesellschaften beteiligt war. Über diese Unternehmen
wurde u.a. auch die DKP finanziell unterstützt.
Daneben war die HA II in Zusammenarbeit mit der
HA XVIII und der AG BKK auch tür die allgemeine
Spionageabwehr im Bereich Kommerzielle Koordinierung
verantwortlich. Gemäß Befehl Nr. 14/83 des Ministers
für Staatssicherheit vom 1. September 1983 zur
„politisch-operativen Sicherung" des Bereichs Kommerzielle
Koordinierung waren alle sog. operativen
Maßnahmen und IM-Einsätze auf dem Gebiet der
Spionageabwehr durch die HA XVIII und die AG
BKK mit der HA II abzustimmen.
Der zentrale „operative Vorgang " zur Sicherung der
sog. Parteifirmen, der ab 1981 gemeinsam von der
HA XVIII/7 unter Leitung des stellvertretenden
Hauptabteilungsleiters, Oberstleutnant Hilmar
Wunderlich, und der HA II durchgeführt wurde, war
der sog. Komplex „Basis". Hinter dem Decknamen
„Basis" verbarg sich eine Konzeption „zur Organisierung
und Durchführung politisch-operativer Sicherungsmaßnahmen
im Zusammenhang mit Handels-
und Wirtschaftsunternehmen im nichtsozialistischen
Ausland mit speziellen kommerziellen Aufgaben".
Ursache für diese „Operation" war das starke
Interesse, das westliche Geheimdienste, insbesondere
der BND und die Ämter für Verfassungschutz der
Bundesrepublik Deutschland, an den sog. Parteifirmen
und deren Mitarbeitern zeigten (Dokument-Nr.
71).
Innerhalb der HA II war die Abteilung 19, die sich mit
der Zusammenarbeit der SED und des FDGB mit der
DKP und der Sozialistischen Einheitspartei West-Berlins
(SEW) sowie den chilenischen Emigranten in der
DDR befaßte, mit der Durchführung der Operation
„Basis" beauftragt. Die Verantwortung für die grundsätzliche
Koordination und Organisation der Zusammenarbeit
mit der HA XVIII trug der stellvertretende
Hauptabteilungsleiter Oberst Erich Lehmann (Dokument-Nr.
71) .
Die HA XVIII/7 und die HA II/19 legten im Zusammenhang
mit dem Vorgang „Basis" zu 22 sog. Parteifirmen
Dossiers über die Unternehmensorganisationen,
die Mitarbeiter, die jeweiligen Handelswaren,
die kommerziellen Verbindungen zur DDR und über
sonstige „operative Hinweise" an. Die HA XVIII/7
konzentrierte sich dabei schwerpunktmäßig auf die
Unternehmen Chemo-Plast Im- und Export GmbH,
Nolte KG, Richard Ihle GmbH, Inte rna, Imog und Inwaco
(Dokument-Nr. 72).
Im Zusammenhang mit der Operation „Basis" brachten
die HA II und die HA XVIII/7 zahlreiche IM und
GMS zum Einsatz. Allein für die HA XIII/7 waren 17
„operative Mitarbeiter" tätig, unter denen sich u.a.
Axel Pösz alias IMB „Buntspecht" und Hans-Joachim
Menzel alias IMB „Peter Reimann" befanden.
Die HA II war, über die sog. Absicherungsfunktion
hinaus, weiterhin deshalb von besonderer Bedeutung
für den Bereich Kommerzielle Koordinierung, weil die
leitenden Positionen in der AG BKK durchgehend mit
ehemaligen Mitarbeitern der HA II besetzt wurden.
Dies traf sowohl für den ersten Leiter der AG BKK,
Meinel, als auch für seinen Nachfolger, Herbrich, zu.