Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

schaffung von embargobehinderter Technologie berichtet.
Zu den Aufgaben Wenzels gehörte nach Aussage
Seidels u.a. die Absicherung von Transportwegen
und Personen sowie die Zusammenarbeit mit der
HVA des MfS.
Insgesamt kommt der GBA nach den bisherigen Ermittlungen
zu dem Ergebnis, daß ganze Diensteinheiten
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung ebenso
wie die operativen Diensteinheiten des MfS den Regeln
der Geheimhaltung, Abschottung und Dienstbereitschaft
unterlagen. Als weiteres Ergebnis steht für
den GBA fest, daß der Handelsbereich 4 des AHB
Elektronik Export-Import, die HA XVIII des MfS und
der SWT der HVA bei der Durchbrechung des westli- -
chen Handelsembargos arbeitsteilig und kooperativ
vorgingen. Das Auftreten des Handelsbereichs 4 unter
der Bezeichnung AHB Elektronik Expo rt-Import
und als gegenüber dem MfS selbständiges Organ
wird als Tarnung angesehen.
Der GBA untersucht auch Dr. Schalck-Golodkowskis
Rolle als möglicher Informant für die HVA. Aus der
umfangreichen Berichterstattung Dr. Schalck-Golodkowskis
an Erich Mielke konnten allerdings nur wenige
Schriftstücke sichergestellt werden. Es handelt
sich hierbei u.a. um Vermerke über seine Verhandlungen
und Gespräche mit dem bayerischen Ministerpräsidenten
Dr. Franz Josef Strauß, dem Staatsminister
beim Bundeskanzler Dr. Jenninger und Josef
März (März KG, Rosenheim). Aus diesen begründete
sich der Verdacht einer nachrichtendienstlichen Verwendbarkeit
für die HVA.
Dr. Schalck-Golodkowski hat dazu in seiner verantwortlichen
Vernehmung im September 1991 ausgesagt,
seine Berichte an Mielke seien nicht zur Weiterleitung
an die HVA bestimmt gewesen. Derartiges sei
ihm auch nicht bekanntgeworden. Eine Weiterleitung
von Berichten wäre auch nicht in seinem Sinne gewesen.
Der ehemalige Leiter der Militärischen Fachauswertung
der Abteilung VII der HVA, Dr. Heinz Busch, hat
jedoch im Rahmen seiner Zeugenvernehmung vor
dem GBA berichtet, er habe aus dem Inhalt eines ihm
übergebenen Berichtsfragments den Schluß gezogen,
daß Dr. Schalck-Golodkowski der Berichterstatter sei.
Der Zeuge identifizierte einen Bericht Dr. Schalck-
Golodkowskis vom 25. Juli 1983 über die „Einschätzung
von Franz-Josef Strauß zu aktuellen Fragen der
Kampfkraft der Warschauer Pakt-Staaten, Stand: 24.
Juli 1983" als das betreffende Berichtsfragment.
Noch nicht abschließend geklärt werden konnte, ob
die HVA im außenpolitischen, wirtschaftlichen und
wissenschaftspolitischen Bereich weitere Papiere Dr.
Schalck-Golodkowskis auswertete. Jedenfalls aber
wird die Aussage Dr. Schalck-Golodkowskis, seine Informationen
seien keinesfalls durch die HVA genutzt
worden, nach dem Ergebnis der Ermittlungen als unglaubhaft
eingeschätzt.
Die Ermittlungen gegen Dr. Schalck-Golodkowski
dauern an. Ob und wann gegen ihn Anklage wegen
geheimdienstlicher Agententätigkeit (§ 99 StGB) erhoben
werden kann, ist noch nicht abzusehen.
Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode Drucksache 12/7600
Außer den Verfahren gegen Dr. Schalck-Golodkowski,
Manfred Seidel und Karl Meier sind beim GBA
eine ganze Reihe weiterer Verfahren gegen Mitarbeiter
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung bzw.
gegen Personen, die mit dem Bereich zusammengearbeitet
haben, anhängig.
Gegen Siegfried Stöckert, ehemaliger Sektorenleiter
Elektronik-Mikroelektronik in der Hauptabteilung III
des Bereichs Kommerzielle Koordinierung, wurde im
Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als IM „Leo" der
Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung
(AG BKK) des MfS wegen des Verdachts der geheimdienstlichen
Agententätigkeit ermittelt (3 BJs 1091/
92-3). Es ergab sich jedoch kein hinreichender Tatverdacht
einer geheimdienstlichen Tätigkeit gegen
die Bundesrepublik Deutschland, so daß das Verfahren
gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt wurde.
Gegen Heinz Baude, den ehemaligen Leiter der beim
Bereich Kommerzielle Koordinierung angesiedelten,
in Wirklichkeit jedoch dem MfS unterstellten Arbeitsgruppe
Ministerium für Außenhandel (AG MAH), die
u.a. die Beschaffung von Embargowaren zur Aufgabe
hatte, läuft ebenfalls ein Ermittlungsverfahren (3 BJs
925/92-3). Er wird der geheimdienstlichen Agententätigkeit
im Zusammenhang mit der Beschaffung von
Technik, die das MfS gegen die Bundesrepublik
Deutschland einsetzte, beschuldigt. Die Ermittlungen
dauern an. Sie werden vom Bayerischen Landeskriminalamt
im Auftrag des GBA geführt.
Ein weiteres Verfahren wegen geheimdienstlicher
Agententätigkeit richtet sich gegen Gerhardt Ronne
berger, den ehemaligen Leiter des Handelsbereichs
4/AHB Elektronik Export-Import, dessen Aufgabe der
Import von Embargowaren auf dem Gebiet der Mikroelektronik
war (3 BJs 1039/91-3). Ronneberger wurde
bereits vernommen und hat umfangreiche Aussagen
gemacht, die im Hinblick auf weitere Ermittlungen
wertvolle Hinweise gaben. Eine abschließende Beurteilung
steht jedoch noch aus.
Wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit
wird auch gegen den ehemaligen stellvertretenden
Generaldirektor des Kombinats Mikroelektronik,
Wolfram Zahn, ermittelt (3 BJs 1036/91-3). Zahn
war ebenfalls für die Beschaffung von Embargowaren
zuständig und fungierte dabei als Verbindungsmann
zwischen dem MfEE (Ministerium für Elektronik und
Elektrotechnik), dem Bereich Kommerzielle Koordinierung
und dem MfS.
Der GBA ermittelt weiter gegen den bereits erwähnten
Staatssekretär im MfEE, Karl Nendel (3 BJs 161/
93-3).
Ein weiteres Verfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher
Agententätigkeit richtet sich gegen Herbert
Brosch, den ehemaligen Geschäftsführer der Intertechna
GmbH und HIM des MfS (3 BJs 40/92-3).
Die Intertechna diente dem MfS als Deckmantel für
die Beschaffung von Hochtechnologie für nachrichtendienstliche
Zwecke aus dem damals sog. Nichtsozialistischen
Wirtschaftsgebiet. Nachrichtendienstlich
geführt wurde sie von dem in einem gesonderten
Ermittlungsverfahren (3 BJs 1145/91-3) verfolgten
Horst Müller, von 1980 bis Anfang 1990 Leiter der Abteilung
XIV des Sektors Wissenschaft und Technik