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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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dinierung in diesem Bereich. In kaum einem an<strong>de</strong>ren<br />

Aufgabenfeld <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

ist <strong>de</strong>nn auch die unmittelbare Verzahnung mit<br />

<strong>de</strong>m Ministerium für Staatssicherheit so augenfällig<br />

wie bei <strong>de</strong>r Beschaffung von Embargoware. Das Ministerium<br />

für Staatssicherheit brachte seine schon lange<br />

bestehen<strong>de</strong>n, nachrichtendienstlich geprägten „Beschaffungslinien"<br />

in die Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung ein. Der für die Beschaffung<br />

von Embargoware innerhalb <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Kommerzielle Koordinierung zuständige „Han<strong>de</strong>lsbereich<br />

4" arbeitete äußerst eng mit <strong>de</strong>r „Arbeitsgruppe<br />

MAH" <strong>de</strong>s MfS zusammen. Diese Organisationseinheit<br />

<strong>de</strong>s MfS war nicht nur räumlich nah beim<br />

Bereich Kommerzielle Koordinierung untergebracht;<br />

das MfS nahm auch intensiven Einfluß auf die Auswahl<br />

<strong>de</strong>s Führungspersonals <strong>de</strong>r Organisationseinheiten<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung, die<br />

sich mit <strong>de</strong>r Beschaffung von Embargoware befaßten.<br />

Insgesamt ist ein Netz von Verflechtungen zwischen<br />

<strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle Koordinierung <strong>und</strong> seinen<br />

Organisationseinheiten <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Organisationseinheiten<br />

<strong>de</strong>s MfS (Hauptabteilung XVIII/8, AG MAH,<br />

Sektor Wissenschaft <strong>und</strong> Technik <strong>de</strong>r HVA) festzustellen.<br />

Innerhalb dieser Organisationsstrukturen unterhielt<br />

das MfS eine Reihe von Tarnfirmen, die eng mit<br />

<strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle Koordinierung zusammenarbeiteten.<br />

Der Gr<strong>und</strong> für dieses scheinbare Organisationswirrwarr<br />

ist nicht nur historisch zu erklären. Er liegt<br />

auch in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utlich erkennbaren Bemühen <strong>de</strong>r<br />

Entscheidungsträger begrün<strong>de</strong>t, durch Aufspaltung<br />

von Aufgaben <strong>und</strong> Abschottung <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />

voneinan<strong>de</strong>r eine st rikte Geheimhaltung <strong>de</strong>r Aufgabenwahrnehmung<br />

sicherzustellen. Insofern hat <strong>de</strong>r<br />

Bereich Kommerzielle Koordinierung unter Dr.<br />

Schalck-Golodkowski die geheimdienstlich geprägte<br />

Sicherheitsphilosophie <strong>de</strong>s Ministeriums für Staatssicherheit<br />

in vollem Umfange übernommen <strong>und</strong> ausgebaut.<br />

Den Entscheidungsträgern <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle<br />

Koordinierung war klar, daß sie mit <strong>de</strong>r von<br />

ihnen veranlaßten Ausfuhr embargobehin<strong>de</strong>rter<br />

Hochtechnologie aus CoCom-Staaten gegen Rechtsvorschriften<br />

nahezu aller westlicher Industriestaaten<br />

verstießen, mit <strong>de</strong>nen sie sonst regulären Han<strong>de</strong>l<br />

trieben. Allerdings ist festzustellen, daß an diesem<br />

rechtswidrigen Technologietransfer in <strong>de</strong>r Regel immer<br />

auch ein Partner auf <strong>de</strong>r westlichen Seite eingeschaltet<br />

war. Die Lieferung von embargobehin<strong>de</strong>rter<br />

Hochtechnologie in die Staaten <strong>de</strong>s Warschauer<br />

Paktes konnte nur funktionieren, wenn sich auch<br />

auf westlicher Seite Händler <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r Hersteller<br />

von Hochtechnologie fan<strong>de</strong>n, die bereit waren, gegen<br />

das strafrechtlich sanktionierte Außenwirtschaftsrecht<br />

zu verstoßen. Der Untersuchungsausschuß<br />

hat insgesamt nicht festgestellt, daß, von wenigen<br />

Ausnahmen abgesehen, auf seiten westlicher<br />

Industrieunternehmen <strong>und</strong> Herstellern von Hochtechnologieprodukten<br />

eine gezielte Strategie zum<br />

Durchbrechen von Embargobestimmungen verfolgt<br />

wur<strong>de</strong>. Die meisten Hersteller von embargobehin<strong>de</strong>rter<br />

Hochtechnologie wur<strong>de</strong>n durch geschickte<br />

Manipulationen <strong>und</strong> Verschleierungen von Lieferwegen<br />

<strong>und</strong> Endabnehmern über <strong>de</strong>n tatsächlichen<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong> Drucksache 12/7600<br />

-<br />

Verbleib ihrer Produkte getäuscht. Dafür, daß Großhersteller<br />

<strong>de</strong>rartiger Technologie im eigenen Gewinninteresse<br />

ein solches Getäuschtwer<strong>de</strong>n billigend<br />

in Kauf genommen hätten, hat <strong>de</strong>r Untersuchungsausschuß<br />

mit wenigen Ausnahmen keine<br />

Hinweise feststellen können.<br />

Wesentlich an<strong>de</strong>rs stellt sich jedoch das Bild auf <strong>de</strong>r<br />

Ebene <strong>de</strong>r Händler bzw. Vermittler von Hochtechnologie<br />

dar. Hier waren ausgeprägte wirtschaftskriminelle<br />

Strukturen festzustellen, die in zahlreichen Fällen<br />

strafrechtliche Relevanz haben. Manipulationen<br />

von Vertragsunterlagen <strong>und</strong> Bestellungen waren<br />

ebenso an <strong>de</strong>r Tagesordnung wie das Ersetzen von<br />

tatsächlichen Lieferungen durch buchmäßige Übergabe<br />

von einem Zwischenhändler zum an<strong>de</strong>ren, um<br />

so gegenüber <strong>de</strong>n Herstellern <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Aufsichtsbehör<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>n tatsächlichen Endabnehmer von Hochtechnologieerzeugnissen<br />

zu verschleiern. Zum Repertoire<br />

<strong>de</strong>r Manipulationen gehörte sogar die Vortäuschung<br />

von Schiffshavarien <strong>und</strong> Brän<strong>de</strong>n, um embargobehin<strong>de</strong>rte<br />

Ware gleichsam „verschwin<strong>de</strong>n" zu lassen.<br />

Die kriminellen Züge dieser Verhaltensweisen zeigen<br />

sich auch bei <strong>de</strong>r Untersuchung <strong>de</strong>r Zahlungswege.<br />

In wenigen Einzelfällen wur<strong>de</strong>n Erzeugnisse <strong>de</strong>r<br />

Hochtechnologie im Wege „Ware gegen Bargeld" geliefert.<br />

In <strong>de</strong>r weitaus überwiegen<strong>de</strong>n Zahl <strong>de</strong>r Fälle<br />

erfolgten die Zahlungen durch <strong>de</strong>n Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung auf äußerst verschlungenen Wegen<br />

unter Inanspruchnahme verschie<strong>de</strong>ner international<br />

tätiger Banken, um sowohl im Interesse <strong>de</strong>r Lieferanten<br />

als auch <strong>de</strong>r Abnehmer die wahre I<strong>de</strong>ntität<br />

von Zahlen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Zahlungsempfängern zu tarnen.<br />

Wenn dann auf DDR-Seite nach Erhalt <strong>de</strong>r Ware alles<br />

unternommen wur<strong>de</strong>, um die Technologieerzeugnisse<br />

zu „neutralisieren", d.h. Firmenschil<strong>de</strong>r, Typenbezeichnungen,<br />

Handbücher usw. unkenntlich zu<br />

machen, so r<strong>und</strong>et dies sowohl auf westlicher als auch<br />

auf östlicher Seite das Bild ab, das insgesamt alle<br />

Kennzeichen organisierter Kriminalität trägt. Die<br />

westlichen Partner dieser organisierten Kriminalität<br />

han<strong>de</strong>lten dabei in <strong>de</strong>r Regel aus reinem Gewinnstreben,<br />

nicht etwa aufgr<strong>und</strong> politischer Überzeugung.<br />

Zum Bild <strong>de</strong>s „kriminellen Milieus", in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Bereich<br />

Kommerzielle Koordinierung tätig war, gehört<br />

auch die Tatsache, daß die DDR-Seite für die gelieferte<br />

Ware <strong>de</strong>utlich überhöhte Preise zu zahlen<br />

hatte, was mit <strong>de</strong>m strafrechtlichen Risiko <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

erhöhten organisatorischen Aufwand <strong>de</strong>r Embargohändler<br />

begrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Daß dabei auch für solche<br />

Waren „Risikozuschläge" gefor<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> gezahlt wur<strong>de</strong>n,<br />

die tatsächlich keinen Embargobestimmungen<br />

unterlagen <strong>und</strong> frei han<strong>de</strong>lbar gewesen wären, wirft<br />

ein bezeichnen<strong>de</strong>s Bild sowohl auf die kriminelle<br />

Energie <strong>de</strong>r hier tätigen Embargohändler als auch<br />

auf die Ineffizienz <strong>de</strong>r Organisation auf <strong>de</strong>r Abnehmerseite.<br />

Insgesamt ist nicht festzustellen, daß die erheblichen<br />

organisatorischen <strong>und</strong> finanziellen Bemühungen <strong>de</strong>s<br />

Bereichs Kommerzielle Koordinierung <strong>de</strong>r DDR<br />

Volkswirtschaft <strong>de</strong>n gewünschten Erfolg gebracht<br />

hätten. Die flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Einführung von Mikroelektronik<br />

auf technologischem Weltniveau blieb <strong>de</strong>r<br />

DDR-Industrie weitgehend versagt, <strong>de</strong>r erhoffte tech-

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