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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag — 12.Wahlperiode
gerobjektes, gab es faktisch eine doppelte Unterstellung
der Mitarbeiter und zwar gegenüber der IMES
GmbH und dem MfS; danach war das Personal uneingeschränkt
dem MfS unterstellt. Die Wach- und Sicherungskräfte
im Lagerobjekt waren legendiert als
Betriebsschutz „B".
Verflechtung mit dem MfS - die Legendierung des Lagers
Zur Sicherung der Geheimhaltung war das Objekt legendiert
als: IMES Impo rt-Export GmbH, 1086 Berlin,
Friedrichstraße, Bet riebsteil Kavelstorf. Bei dem Waffendepot
Kavelstorf handelte es sich um ein geta rntes
Objekt des MfS, errichtet in Abstimmung mit dem Minister
für Staatssicherheit E rich Mielke. Die zivile Legende
für das Lager wurde aufgebaut, um Verbindungen
der IMES GmbH zum MfS und zu den bewaffneten
Organen auszuschließen. Der Widerspruch
zwischen der zivilen Legende des Objektes und der
tatsächlichen Nutzung für Lagerung und Umschlag
von militärischen Erzeugnissen und Technologie
mußte vor der Öffentlichkeit geheim bleiben.
Gemäß der „operativen Analyse der Arbeitsgruppe
BKK" vom 16. Juni 1989 bestanden enge Arbeitsbeziehungen
zwischen der Leitung des BCD des MfS
und der IMES GmbH bezüglich des Waffen- und Munitionsdepots;
der Bereich BCD war für die Absicherung
des Lagers verantwortlich. Es heißt dort: „Es besteht
die Aufgabe, durch st rikte Einhaltung der Abdeckung
des Lagers als Betriebsteil IMES und der
dort eingesetzten Mitarbeiter Kenntnisse über das Lagergut
bzw. direkte Verbindungen des AHB IMES
zum MfS zu verhindern" . (Dokument-Nr. 68)
Alle Aufgaben und Maßnahmen hinsichtlich der Absicherung
des Objektes lagen in der Zuständigkeit
der Diensteinheit BCD. Der Bereich BCD führte zusammen
mit der Verwaltung Rückwärtige Dienste
(VRD) des MfS die Waffentransporte von und nach
Kavelstorf für die IMES GmbH durch.
Für die Abwicklung des kommerziellen Teils der
Maßnahmen waren ausschließlich IMES-Angehörige
zuständig. Das Betreten des Lagerobjektes unterlag
hohen Sicherheitsvorkehrungen und erfolgte ausschließlich
in Abstimmung und Koordinierung mit
dem BCD. Neben dem Lagerpersonal verfügte nur ein
kleiner Personenkreis über eine Zugangsberechtigung.
Zu den Personen zählten u.a. Erhard Wieche rt ,
Kurt Hillmann, Dieter Uhlig, Willi Engel und Andreas
Krüger, in deren Gegenwart in der Regel die Geschäftspartner
der IMES GmbH und WITRA GmbH
das Lager besuchen konnten, um die Waffen und Erzeugnisse
vor dem Kauf zu begutachten. Die Demonstration
der Waren im Lager gehörte zu den allgemeinen
Gepflogenheiten im internationalen Waffenhandel
(Dokument-Nr. 228). Wegen des hohen Sicherheitsbedürfnisses
fand eine Kontrolle der Geschäftsleute
im Rahmen sog. politisch-operativer Maßnahmen
statt, die sich auf das Einholen von Personeninformationen
bezogen. Diesbezügliche Besuche des
Lagers waren rechtzeitig abzustimmen und in einer
entsprechenden Besucherübersicht festzuhalten, für
die der Leiter der AG BKK verantwortlich war (Dokument-Nr.
164).
In den dem Untersuchungsausschuß vorliegenden
Akten findet sich aber keine Besucherliste des Lagers,
die Aufschluß über die Zahl und die Personen
geben könnte, denen Zutritt gewährt wurde. Zu den
ermittelten Besuchern gehören die internationalen
Waffenhändler Nicola Nicola und Dafermos sowie
Geschäftsleute aus dem Iran und aus Uganda. Die
Frage nach einem etwaigen Besuch des damaligen
Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Dr. Uwe
Barschel, im Lager Kavelstorf, über den es Behauptungen
und Spekulationen gegeben hat, ist, verbunden
mit gemutmaßten Kontakten Barschels zu Waffenhändlern
und zum Bereich Kommerzielle Koordinierung,
vom Untersuchungsausschuß untersucht
worden. Der Fahrer von Dr. Uwe Barschel, Karl-Heinz
Prosch, machte gegenüber der Zeitschrift „Stern"
(Artikel vom 15. April 1992) und in der „Report"-Sendung
am 26. Oktober 1992 die Angabe, den Ministerpräsidenten
von Schleswig-Holstein zum IMES-Waffenlager
nach Kavelstorf gefahren zu haben. Vor dem
Untersuchungsausschuß hat Karl-Heinz Prosch diese
Behauptung bei eingehender Befragung einerseits
nicht wiederholt, andererseits einen Lagerbesuch
weiterhin nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus verfügt
der Untersuchungsausschuß über keine konkreten
Anhaltspunkte, die einen solchen Besuch bestätigen.
Auflösung des Lagers Kavelstorf
Die Bürgerproteste in Kavelstorf, die in der Auflösung
des Waffen- und Munitionsdepots gipfelten, richteten
sich gegen die Nutzung eines derartigen Objektes
und den Waffenhandel. Vor dem Hintergrund der sich
abzeichnenden politischen Umwälzungen im Herbst
1989 und der Aufdeckung des getarnten Lagerobjektes
erfolgte bereits im September/Oktober 1989 der
Abtransport des brisanten Schriftgutes aus dem Lager,
das die Verbindungen der IMES GmbH zum MfS
transparent machte, durch den Bereich BCD nach
Berlin. Im November 1989 schließlich gab Oberst
Dreßler die Weisung zur Auslagerung der brisanten
Waffen- und Munitionsbestände sowie der noch vorhandenen
schriftlichen Unterlagen. Ein Teil des Lagerbestandes
wurde vorübergehend vom MdI übernommen.
Die Auslagerung der Dokumente bzw. ihre
Vernichtung sollte den Zusammenhang zwischen
dem Lagerobjekt und dem MfS vor der Öffentlichkeit
verheimlichen. Eine Vernichtung von Dokumenten
fand statt; das Ausmaß der Vernichtungsaktion
konnte jedoch durch den Untersuchungsausschuß
nicht festgestellt werden.
Angesichts der massiven Bürgerproteste und der instabilen
politischen Lage war eine Aufrechterhaltung
des Lagers Kavelstorf unter der Unternehmensbezeichnung
„IMES" unhaltbar. Auf der Gemeinderatsversammlung
am 2. Dezember 1989, die auf Empfehlung
des Rates der Gemeinde Kavelstorf auf dem Lagergelände
stattfand, sollten von seiten der IMES
GmbH Erhard Wiechert und Kurt Hillmann sowie Johannes
Walter als Lagerleiter zu den Fragen der Bürger
Stellung nehmen. Im Mittelpunkt standen Fragen
nach der Tätigkeit der IMES GmbH bzw. ihres Zweigbetriebs
in Kavelstorf, nach den im Lager eingelagerten
Gütern, nach dem Import militärischer Güter und