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Drucksache 12/7600 Deutscher Bundestag —12. Wahlperiode
Mit Befehl Nr. 14/83 vom 1. September 1983 unterstellte
sich der Minister für Staatssicherheit, Mielke,
den Leiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung,
Dr. Schalck-Golodkowski, unmittelbar.
In einer Unterlage aus dem Jahre 1985 finden sich
Aussagen über die Versorgungsstufen und Vergütungsgruppen
des MfS für Dr. Schalck-Golodkowski.
Aus dieser Aufstellung geht hervor, daß Dr. Schalck-
Golodkowski bis 1970 keine Bezüge vom MfS erhalten
hat. Ab 1970 bekam er in der Versorgungsstufe
XXI ein Gehalt von 1.800 Mark der DDR, ab 1971 in
der Versorgungsstufe XXII von 2.150 Mark der DDR
Das letzte Gehalt von 2.150 Mark der DDR wurde
auch nicht geändert, als Dr. Schalck-Golodkowski -
1975 zum Oberst befördert wurde. Im Mai 1985 fand
eine Neufestlegung des Gehaltes statt. Die Vergütung
betrug daraufhin 2.850 Mark der DDR.
1976 heiratete Dr. Schalck-Golodkowski in zweiter
Ehe Sigrid Gutmann, die seit 1968 für den Bereich
Kommerzielle Koordinierung tätig war. Sig rid Gutmann
arbeitete von 1968 bis Oktober 1975 als Inoffizielle
Mitarbeiterin für das MfS, ehe sie im selben
Jahr als OibE - Diensteinheit war das Sekretariat des
Ministers für Staatssicherheit - eingestellt wurde. Im
September 1983 wurde sie der AG BKK zugeordnet.
Die beiden Kinder aus erster Ehe, Thomas, geboren
1956, und Petra, geboren 1964, waren ebenfalls
hauptamtliche Mitarbeiter des MfS.
II. Dr. Schalck-Golodkowski als Leiter des
Bereichs Kommerzielle Koordinierung
Alexander Schalck-Golodkowski leitete von Anfang
Dezember 1966 bis zu seiner Flucht in die Bundesrepublik
Deutschland in der Nacht zum 3. Dezember
1989, also fast genau 23 Jahre lang, den Bereich Kommerzielle
Koordinierung. In dieser Zeit wuchs die
wirtschaftliche und politische Bedeutung des Bereichs
Kommerzielle Koordinierung im Rahmen der
DDR-Außenwirtschaft erheblich. Der Bereich Kommerzielle
Koordinierung wickelte in der zweiten
Hälfte der 80er Jahre etwa ein Viertel des gesamten
Außenhandels der DDR ab und beeinflußte unmittelbar
rund ein Drittel des Handels der DDR mit der Bundesrepublik
Deutschland, wie der Leiter der Staatlichen
Plankommission der DDR, Gerhard Schürer,
dem Untersuchungsausschuß schilderte. (Vgl. 146.
Sitzung, Protokoll S. 72) Dr. Schalck-Golodkowski
trug wesentlich dazu bei, daß der zunächst noch überschaubare
Bereich Kommerzielle Koordinierung sich
in den 70er und 80er Jahren zu einem eng mit dem
Ministerium für Staatssicherheit verflochtenen Unternehmenskomplex
entwickelte, der in der DDR-Planwirtschaft
eine wirtschaftliche, rechtliche und politische
Sonderstellung einnahm. Vor allem in der ersten
Hälfte der 70er Jahre weiteten sich die wirtschaftlichen
Handlungsmöglichkeiten Dr. Schalck-Golodkowskis
und des von ihm geleiteten Bereichs entscheidend
aus. Im Machtgeflecht von Staat, SED und
Staatssicherheit der DDR konnte sich Dr. Schalck-Golodkowski
eine einflußreiche Stellung sichern.
In der Anfangsphase seiner Tätigkeit als Leiter des
Bereichs Kommerzielle Koordinierung war Alexander
Schalck-Golodkowski dem Minister für Außenhandel
und Innerdeutschen Handel (MAI) der DDR unterstellt
und diesem rechenschaftspflichtig. Im Dezember
1966 löste Alexander Schalck-Golodkowski Horst
Roigk in der Leitung des Bereichs Kommerzielle Koordinierung
ab. Roigk hatte als hauptamtlicher Mitarbeiter
des MfS und Leiter der Kontrollabteilung im
MAI zunächst die Geschäfte des im April 1966 mit
Wirkung vom 1. Oktober 1966 gegründeten Bereichs
Kommerzielle Koordinierung geführt. Am 7. Dezember
1966 erfolgte Schalck-Golodkowskis offizielle Bestätigung
durch den Ministerrat der DDR in seiner
neuen Funktion als stellvertretender Außenhandelsminister
und Leiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung.
(Vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/
3462, Dokument-Nr. 10, S. 68)
Der Bereich sollte als staatliches Organ „kommerzielle
Aufgaben" des MAI wahrnehmen und die Erwirtschaftung
von Devisen außerhalb des DDR
Staatsplanes sichern. (Vgl. Erster Teilbericht, BT
Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 9, S.66) Dem Leiter
des Bereichs, zunächst „Bevollmächtigter" genannt,
wurden insbesondere die „Durchführung der
kommerziellen Beziehungen mit Religionsgemeinschaften
und anderen Institutionen" und die „Sicherung
der einheitlichen Leitung" der Außenhandelsunternehmen
Zentral-Kommerz Gesellschaft für internationalen
Handel mbH, Intrac Handelsgesellschaft
mbH, Transinter GmbH, Genex Geschenkdienst
GmbH und Intershop GmbH sowie der privaten
Außenhandelsunternehmen F.C. Gerlach Expo rt
-Import und G. Simon als Aufgaben übertragen. Ferner
hatte der Leiter des neu eingerichteten Bereichs
Zugriff auf die Fonds der Staatsreserve B, die er zur
„maximalen Erwirtschaftung kapitalistischer Valuten
außerhalb des Staatsplanes" nutzen sollte. Entsprechend
der Verfügung des Ministerrats Nr. 61/66 vom
1. April 1966 war Alexander Schalck-Golodkowski
zwar „nur gegenüber dem Minister" für Außenhandel
und Innerdeutschen Handel der DDR „rechenschaftspflichtig",
aber seine Kompetenzen waren relativ
begrenzt. Die „notwendigen Dienstanweisungen"
für den Bereich Kommerzielle Koordinierung
mußte der Außenhandelsminister erlassen. (Vgl. Erster
Teilbericht, BT-Drucksache 12/3462, Dokument-
Nr. 6 u. 7, S.,55-61) Gegenüber den Generaldirektoren
der dem Bereich unterstellten Außenhandelsunternehmen
war er „weisungs- und disziplinarbefugt",
aber für alle Vereinbarungen mit anderen DDR-Wirtschafts-
und Staatsorganen hatte er die Zustimmung
des Ministers einzuholen. Wie einer „Information"
des damaligen Außenhandelsministers aus dem Jahre
1966 weiter zu entnehmen ist, war Alexander
Schalck-Golodkowski nur berechtigt, „über die Konten
zu verfügen, die das MAI zur Durchführung der
speziellen Aufgaben des Bereiches ... bei der Deutschen
Notenbank, der Deutschen Außenhandelsbank
AG und der Deutschen Handelsbank AG" eingerichtet
hatte. (Vgl. Erster Teilbericht, BT-Drucksache 12/
3462, Dokument-Nr. 9, S. 66f.) Von einer autonomen
Devisenerwirtschaftung und -verwaltung, wie sie der
Bereich seit Mitte der 70er Jahre praktizieren konnte,
war in den Anfangsjahren nur in Ansätzen die Rede.
Durch zwei vom Minister der Finanzen der DDR ernannte
Revisoren, die die Finanzkontrolle über die
dem Bereich zugeordneten Unternehmen ausüben