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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Transferleistungen <strong>de</strong>r westlichen Kirchen wur<strong>de</strong>n<br />

ja erst durch die Abschaffung <strong>de</strong>r Kirchensteuer in<br />

<strong>de</strong>r DDR notwendig. Der Umfang <strong>de</strong>r Transferleistungen<br />

war nach oben begrenzt. Auch die Son<strong>de</strong>rbauprogramme<br />

<strong>und</strong> das Valuta-Markprogramm sollten<br />

ursprünglich dAr SED zur Durchsetzung ihrer<br />

Kirchenpolitik, d.h. in erster Linie <strong>de</strong>r Festigung <strong>de</strong>r<br />

Macht <strong>de</strong>r Partei dienen. Welches Gewicht die<br />

Staatsführung <strong>de</strong>r DDR auf diese Frage legte, erkennt<br />

man auch an <strong>de</strong>r „Qualifikation" <strong>de</strong>s für die<br />

sog. Kirchengeschäfte zuständigen Leiters <strong>de</strong>r HA I<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung, Manfred<br />

Sei<strong>de</strong>l. Sei<strong>de</strong>l war Stellvertreter Dr. Schalck-Golodkowskis<br />

<strong>und</strong> Offizier im beson<strong>de</strong>ren Einsatz <strong>de</strong>s<br />

Mf S.<br />

Die Kirchen konnten angesichts <strong>de</strong>r limitierten Hilfe<br />

ihre Bauprojekte nur in begrenztem Umfang durchführen.<br />

Vielfach wur<strong>de</strong>n die erfor<strong>de</strong>rlichen Genehmigungen<br />

verweigert. Bauprojekte wur<strong>de</strong>n zeitweise<br />

von Honecker persönlich gestoppt, um politischen<br />

Druck auszuüben.<br />

Der Mangel an Devisen führte letztendlich zu einer<br />

Lockerung <strong>de</strong>s Drucks. Das DDR-Prestigeobjekt Berliner<br />

Dom mußte allerdings von <strong>de</strong>r EKD finanziert<br />

wer<strong>de</strong>n. Es scheint, daß die Staatsführung <strong>de</strong>r DDR<br />

die Genehmigung weiterer, dringend benötigter Bauprojekte<br />

von <strong>de</strong>r Bereitschaft <strong>de</strong>s Westens, <strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>raufbau<br />

<strong>de</strong>s Berliner Doms zu finanzieren, abhängig<br />

machte. Verhandlungsführer war auch insoweit<br />

Dr. Schalck-Golodkowski.<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r Jahre kam es durch dieses System bei<br />

einzelnen Repräsentanten <strong>de</strong>r Kirchen auch zu <strong>de</strong>m<br />

von <strong>de</strong>r Staatsführung <strong>de</strong>r DDR gewünschten „Arrangement"<br />

mit <strong>de</strong>m System. So war gera<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>m<br />

vom Untersuchungsausschuß als Zeugen vernommenen<br />

Konsistorialpräsi<strong>de</strong>nten Dr. Manfred Stolpe zu<br />

beobachten, daß er im Laufe <strong>de</strong>r Jahre die gebotene<br />

Zurückhaltung zu <strong>de</strong>m kirchenfeindlichen SED-Regime<br />

aufgab.<br />

Deutlich wird dies anhand <strong>de</strong>s Textes eines Vortrages<br />

von Dr. Manfred Stolpe vom 21. November 1988 in <strong>de</strong>r<br />

französischen Friedrichstadtkirche Berlin zum Thema<br />

„15 Jahre Son<strong>de</strong>rbauprogramm"; in <strong>de</strong>m sich nach<br />

<strong>de</strong>m <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß vorliegen<strong>de</strong>n Text<br />

Dr. Stolpe zu <strong>de</strong>m stellvertreten<strong>de</strong>n Leiter <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Kommerzielle Koordinierung, <strong>de</strong>m Oberst im<br />

beson<strong>de</strong>ren Einsatz Manfred Sei<strong>de</strong>l, wie folgt äußerte:<br />

„Es ist bei uns aus gutem Gr<strong>und</strong> nicht üblich, diejenigen<br />

herauszustellen, die auch mitwirkten, aber<br />

noch im aktiven Dienst sind. Nur eine Ausnahme<br />

sei mir hier gestattet: Der leiten<strong>de</strong> Mitarbeiter <strong>de</strong>s<br />

Ministeriums für Außenhan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r DDR, Manfred<br />

Sei<strong>de</strong>l, wur<strong>de</strong> vor wenigen Tagen 60 Jahre alt. Lassen<br />

Sie mich meinen Dank an ihn auf die kurze Formel<br />

bringen: Ohne Sei<strong>de</strong>ls k<strong>und</strong>ige, entschlossene<br />

<strong>und</strong> verläßliche Hilfsbereitschaft wäre das Son<strong>de</strong>rbauprogramm<br />

nicht gewor<strong>de</strong>n. Es darf hinzugefügt<br />

wer<strong>de</strong>n, daß Manfred Sei<strong>de</strong>l allerdings hohe <strong>und</strong><br />

höchste Chefs hatte <strong>und</strong> hat, die zu ihm stan<strong>de</strong>n,<br />

auch wenn er manchmal ohne Netz arbeiten<br />

mußte."<br />

<strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag — 12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

Drucksache 12/7600<br />

b) Humanitäre Bemühungen <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esregierung als Devisenquelle <strong>de</strong>r DDR<br />

aa) Häftlingsfreikauf<br />

Weitestgehend aufgeklärt wor<strong>de</strong>n ist auch <strong>de</strong>r Bereich<br />

Häftlingsfreikauf, das sog. Kirchengeschäft B.<br />

Wohl eines <strong>de</strong>r trübsten Kapitel in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r<br />

DDR <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

ist <strong>de</strong>ren geschicktes „Vermarkten" <strong>de</strong>r eigenen ausreisewilligen<br />

Bürger.<br />

Das Unrechtssystem, das eine Vielzahl seiner Bürger<br />

aus politischen Grün<strong>de</strong>n ihrer Freihheit beraubt<br />

hatte, das gewaltsam verhin<strong>de</strong>rte, daß von <strong>de</strong>n Eltern<br />

getrennte Kin<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r zu ihren Eltern kamen,<br />

das Familien auseinan<strong>de</strong>rriß, machte aus <strong>de</strong>m Leid<br />

seiner Bürger Geld. Die DDR-Führung war in bester<br />

Manier <strong>de</strong>r von diesem System so verachteten früheren<br />

Feudalaristokratie auf die I<strong>de</strong>e gekommen, die<br />

eigenen Lan<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>r „zu verkaufen" , um so an<br />

dringend benötigte Devisen zu gelangen. Zur Organisation<br />

dieser Devisenabpressung bediente sich die<br />

Staatsführung <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung.<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung, die sich als legitime Vertretung<br />

aller <strong>Deutscher</strong> ansah, mußte sich aus humanitären<br />

Erwägungen dieser in Not geratenen Menschen im<br />

Osten annehmen. Es ging darum, die aus politischen<br />

Grün<strong>de</strong>n unter schlimmen Haftbedingungen eingeschlossenen<br />

Menschen in die Freiheit zu holen.<br />

Nach <strong>de</strong>m ersten Freikauf durch die B<strong>und</strong>esregierung<br />

im Jahre 1963 - es wur<strong>de</strong>n acht politische Gefangene<br />

für <strong>de</strong>n Preis von insgesamt 320.000 DM in<br />

bar vorzeitig aus <strong>de</strong>r Haft in <strong>de</strong>n Westen o<strong>de</strong>r in die<br />

DDR entlassen - mußte noch einige Zeit vergehen,<br />

bis letztendlich das sog. Kirchengeschäft B systematisch<br />

anlaufen konnte. Wegen <strong>de</strong>r damaligen politischen<br />

Situation (es galt die Hallstein-Doktrin)<br />

konnte <strong>und</strong> wollte die B<strong>und</strong>esregierung selbst mit<br />

<strong>de</strong>n DDR-Machthabern nicht verhan<strong>de</strong>ln. Außer<strong>de</strong>m<br />

war es politisch nicht vertretbar, <strong>de</strong>m dortigen Regime<br />

die gewünschten Devisen bar zukommen zu<br />

lassen.<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r Jahre entwickelte sich sodann folgen<strong>de</strong>s<br />

System:<br />

Zunächst verhan<strong>de</strong>lte ein Vertreter <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung<br />

mit <strong>de</strong>m Vertreter <strong>de</strong>r DDR - in <strong>de</strong>r Regel Rechtsanwalt<br />

Vogel aus Berlin (Ost) - darüber, welche Häftlinge<br />

gegen wieviel Geld freigelassen wur<strong>de</strong>n. Anschließend<br />

vereinbarte <strong>de</strong>r als Vermittler eingeschaltete<br />

Ludwig Geißel vom Diakonischen Werk in Stuttgart<br />

- später seine Nachfolger - mit <strong>de</strong>m Bereich Kommerzielle<br />

Koordinierung, vertreten durch <strong>de</strong>n<br />

Schalck-Stellvertreter Sei<strong>de</strong>l, welche Waren als Gegenwert<br />

für die zuvor festgelegte Summe geliefert<br />

wer<strong>de</strong>n sollten. Nach<strong>de</strong>m das BMWi geprüft hatte, ob<br />

die Lieferung nicht gegen Embargobestimmungen<br />

verstieß, konnte das Diakonische Werk seine west<strong>de</strong>utschen<br />

Vertrauensunternehmen zur Lieferung an<br />

das Unternehmen <strong>de</strong>s Bereichs Kommerzielle Koordinierung<br />

Intrac HGmbH anweisen. Diese bestätigte<br />

<strong>de</strong>n Eingang <strong>de</strong>r Lieferung gegenüber <strong>de</strong>m Diakonischen<br />

Werk, das dies <strong>de</strong>m BMB weitermel<strong>de</strong>te. Sodann<br />

überwies die B<strong>und</strong>eskasse <strong>de</strong>m Diakonischen

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