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Beschlußempfehlung und Bericht - bundestag.de - Deutscher ...

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Drucksache 12/7600 <strong>Deutscher</strong> B<strong>und</strong>estag —12. Wahlperio<strong>de</strong><br />

13. Veranlassung <strong>de</strong>r Beugehaftanordnung gemäß<br />

§ 70 Abs. 2 StPO wegen unberechtigter<br />

Zeugnisverweigerung<br />

a) Beugehaftverfahren Köhler<br />

Einige als Zeugen vernommene ehemalige Mitarbeiter<br />

<strong>de</strong>s MfS sind nicht bereit gewesen, Auskünfte zu<br />

nachrichtendienstlichen Aspekten <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>s MfS<br />

zu geben. Die Zeugen Gerhard Niebling <strong>und</strong> Klaus<br />

Köhler haben sich diesbezüglich auf eine zu diesem<br />

Themenkomplex ihrer Ansicht nach noch immer bestehen<strong>de</strong>n<br />

Schweigeverpflichtung aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r vom<br />

Ministerrat <strong>de</strong>r DDR mit Beschluß vom 16. Mai 1990<br />

bestätigten „Festlegungen zur Aufhebung <strong>de</strong>r<br />

Schweigepflicht" von MfS-Mitarbeitern (Erster Teilbericht,<br />

BT-Drucksache 12/3462, Dokument-Nr. 242,<br />

S. 1759) berufen.<br />

Der Untersuchungsausschuß hat diesen Rechtsstandpunkt<br />

immer zurückgewiesen <strong>und</strong> ist darin durch die<br />

B<strong>und</strong>esregierung, die Rechtsprechung <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>sparlamente<br />

bestätigt wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Rechtsauffassung <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung hat das<br />

B<strong>und</strong>esministerium <strong>de</strong>r Finanzen <strong>de</strong>m Untersuchungsausschuß<br />

mit Schreiben vom 3. September<br />

1991 wie folgt mitgeteilt: „Die B<strong>und</strong>esregierung geht<br />

davon aus, daß alle früher in <strong>de</strong>r öffentlichen Verwaltung<br />

beschäftigten Arbeitnehmer zum Thema <strong>de</strong>s 1.<br />

Untersuchungsausschusses uneingeschränkt auszusagen<br />

haben. Nach Ansicht <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esregierung<br />

wer<strong>de</strong>n von dieser Erklärung auch die früheren Minister<br />

<strong>de</strong>r DDR erfaßt. " Anläßlich <strong>de</strong>r Vernehmung <strong>de</strong>s<br />

Zeugen Dr. Wolfgang Vogel am 8. Oktober 1992, <strong>de</strong>r<br />

seinerzeit im anwaltlichen Mandat <strong>de</strong>s Ministerrates<br />

<strong>de</strong>r DDR gehan<strong>de</strong>lt hatte, erklärte ein Vertreter <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>esregierung zur Frage <strong>de</strong>r Fortwirkung einer<br />

hieraus sich ergeben<strong>de</strong>n anwaltlichen Schweigepflicht:<br />

„Hinsichtlich <strong>de</strong>r Tatsachen, die im Interesse<br />

<strong>de</strong>r DDR <strong>und</strong> ihrer Organe als Geheimnis zu behan<strong>de</strong>ln<br />

waren, geht die B<strong>und</strong>esregierung davon aus, daß<br />

frühere Schweigepflichten von Angehörigen <strong>de</strong>r ehemaligen<br />

Staatsverwaltung <strong>de</strong>r DDR sowie von Personen,<br />

einschließlich Rechtsanwälten, die aufgr<strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rer<br />

Beauftragungsverhältnisse für die Staatsverwaltung<br />

tätig waren, seit <strong>de</strong>m 3. Oktober 1990 nicht<br />

mehr bestehen. " Diesen Rechtsstandpunkt hat die<br />

B<strong>und</strong>esregierung mehrfach auf schriftliche parlamentarische<br />

Anfragen hin bekräftigt.<br />

Zu dieser Frage hat auch das B<strong>und</strong>esministerium <strong>de</strong>s<br />

Innern am 16. März 1993 eine Stellungnahme abgegeben.<br />

Es kommt darin nach eingehen<strong>de</strong>r Analyse<br />

<strong>de</strong>r für die geltend gemachte Schweigeverpflichtung<br />

in Betracht kommen<strong>de</strong>n Vorschriften zu <strong>de</strong>m Ergebnis,<br />

daß die seinerzeit in <strong>de</strong>r DDR bestehen<strong>de</strong> Pflicht<br />

zur Verschwiegenheit von Angehörigen <strong>de</strong>r Verwaltung<br />

mit Ablauf <strong>de</strong>s 2. Oktobers 1990 geen<strong>de</strong>t habe.<br />

Die mit Ministerratsbeschluß vom 16. Mai 1990 bestätigten<br />

Festlegungen könnten nicht als Verwaltungsakt,<br />

insbeson<strong>de</strong>re nicht als <strong>de</strong>m DDR-Recht ohnehin<br />

unbekannte Allgemeinverfügung qualifiziert wer<strong>de</strong>n.<br />

Bewerte man die Festlegungen als Rechtsnorm<br />

o<strong>de</strong>r als Verwaltungsvorschrift, wäre für die Fortgeltung<br />

eine ausdrückliche Regelung im Einigungsvertrag<br />

(EV) erfor<strong>de</strong>rlich gewesen. In <strong>de</strong>r Anlage II EV<br />

seien die Festlegungen aber nicht als fortgelten<strong>de</strong>s<br />

DDR-Recht aufgenommen wor<strong>de</strong>n. Sofern Schweigepflichten<br />

zu DDR-Zeiten durch Einzelverwaltungsakt<br />

auferlegt wor<strong>de</strong>n wären - was keiner <strong>de</strong>r vom Untersuchungsausschuß<br />

vernommenen Zeugen geltend<br />

gemacht habe -, hätte dieser sich nach Art. 19 EV<br />

i.V.m. § 43 Abs.2 VwVfG erledigt. Die Grün<strong>de</strong> hierfür<br />

könnten unterschiedlichster Natur sein. Eine Erledigung<br />

könnte hiernach <strong>de</strong>shalb eingetreten sein, weil<br />

- die gesetzlichen Regelungen, aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>rer eine<br />

Schweigepflicht auferlegt wur<strong>de</strong>, vom EV nicht<br />

fortgeführt wor<strong>de</strong>n seien;<br />

- die Schweigepflicht einen Gegenstand umfasse,<br />

an <strong>de</strong>m nur beson<strong>de</strong>re Organe <strong>de</strong>r DDR beteiligt<br />

seien <strong>und</strong> nur im rechtlichen bzw. organisatorischen<br />

Kontext <strong>de</strong>r noch bestehen<strong>de</strong>n DDR verstan<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n könnten;<br />

- das Regelungsobjekt, nämlich die Staats- <strong>und</strong><br />

Dienstgeheimnisse <strong>de</strong>r DDR, weggefallen seien.<br />

Die Stellungnahme <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esministeriums <strong>de</strong>s Innern<br />

kommt weiter zu <strong>de</strong>m Ergebnis, daß eine<br />

Schweigeverpflichtung we<strong>de</strong>r aus arbeitsrechtlichen<br />

Vorschriften noch aus <strong>de</strong>m Fahneneid folge. Nur im<br />

beschränkten Umfange unterlägen Rechtsanwälte<br />

mit Nie<strong>de</strong>rlassung in <strong>de</strong>r DDR im Rahmen eines Auftragsverhältnisses<br />

staatlicher Stellen <strong>de</strong>r DDR einer<br />

Verschwiegenheitspflicht (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO).<br />

Diese beträfe aber nicht mehr Tatsachen, die im Interesse<br />

<strong>de</strong>r DDR geheimzuhalten seien, son<strong>de</strong>rn nur solche,<br />

die vom Geheimhaltungswillen von Privatpersonen<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland umfaßt<br />

sind (zu <strong>de</strong>n Einzelheiten vgl. die Stellungnahme <strong>de</strong>s<br />

B<strong>und</strong>esministeriums <strong>de</strong>s Innern vom 16. März 1993,<br />

Dokument-Nr. 8).<br />

Auch das Plenum <strong>de</strong>s Deutschen B<strong>und</strong>estages hat<br />

sich mit dieser Problematik befaßt. Von <strong>de</strong>r Gruppe<br />

Bündnis 90/Die Grünen war am 12. Februar 1992 folgen<strong>de</strong>r<br />

Beschlußantrag eingebracht wor<strong>de</strong>n:<br />

„Der B<strong>und</strong>estag wolle beschließen:<br />

Der Deutsche B<strong>und</strong>estag for<strong>de</strong>rt die B<strong>und</strong>esregierung<br />

auf, unverzüglich alle geeigneten <strong>und</strong> erfor<strong>de</strong>rlichen<br />

Maßnahmen zu treffen, um die am 16.<br />

Mai 1990 vom DDR-Ministerrat beschlossenen<br />

„Festlegungen zur Aufhebung <strong>de</strong>r Schweigepflicht"<br />

(GBl.-DDR I S. 250), die als fortgelten<strong>de</strong>s<br />

DDR-Recht nach Art. 9 Einigungsvertrag nach wie<br />

vor gelten, dahingehend abzuän<strong>de</strong>rn, daß alle ehemaligen<br />

- hauptamtlichen <strong>und</strong> inoffiziellen - Mitarbeiter<br />

<strong>de</strong>s Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)/<br />

Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) in vollem Umfang<br />

von <strong>de</strong>r ihnen auferlegten Schweigepflicht<br />

über anvertraute Staats- <strong>und</strong> Dienstgeheimnisse -<br />

bei Wahrung schutzwürdiger Persönlichkeitsrechte<br />

Dritter - entb<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n„ (BT-Drucksache 12/<br />

2071).<br />

Der Untersuchungsausschuß hat <strong>de</strong>m Plenum <strong>de</strong>s<br />

Deutschen B<strong>und</strong>estages hierzu folgen<strong>de</strong> <strong>Beschlußempfehlung</strong><br />

zugeleitet:<br />

„Der B<strong>und</strong>estag wolle beschließen,<br />

1. folgen<strong>de</strong>r Entscheidung zuzustimmen:<br />

Der Deutsche B<strong>und</strong>estag ist <strong>de</strong>r Auffassung, daß<br />

bezüglich <strong>de</strong>r Tatsachen, die im Interesse <strong>de</strong>r ehe-<br />

maligen DDR <strong>und</strong> ihrer Organe als Geheimnis zu

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