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Datenreport 2002

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Die These von der Mitgliederkrise legt nahe, dass es den großen Organisationen<br />

kaum noch gelingt, den Interessen ihrer Mitglieder gerecht zu werden, geschweige<br />

denn für einen größeren Kreis von Bürgern wichtig zu sein. Werden die Mitglieder<br />

danach betrachtet, ob sie sich von ihren Organisationen auch vertreten fühlen,<br />

bestätigt sich diese Vermutung für die Gewerkschaften, politischen Parteien und<br />

Umweltgruppen nicht. Seit 1990 hat sich wenig an dem Bild geändert, dass sich<br />

etwa neun Zehntel der Mitglieder auch von ihren Organisationen vertreten fühlen.<br />

Die Kirchen, Interessenorganisationen eigener Art, da sie verfassungsrechtlich<br />

privilegiert religiöse Zielsetzungen verfolgen und das Mitgliedschaftskriterium der<br />

Freiwilligkeit im Sinne einer freien und bewussten Entscheidung zumeist nicht<br />

greift, trifft eine andere Entwicklung. Bei den Konfessionszugehörigen der katholischen<br />

und evangelischen Kirche ist der Anteil derjenigen, die durch die beiden<br />

Kirchen ihre Interessen vertreten sehen, zwischen 1990 und 1998 mit Ausnahme<br />

der Katholiken in Ostdeutschland beträchtlich gesunken. Das trifft allerdings<br />

nicht für diejenigen zu, die ihre Mitgliedschaft, wenn man so will, durch Kirchgang<br />

aktiv ausüben. Wird der Kirchgang im Gegensatz zur zumeist durch Geburt<br />

und Taufe festgelegten Konfessionszugehörigkeit als Kriterium für eine freiwillige<br />

Mitgliedschaft herangezogen, ergeben sich also auch bei den Kirchen kaum negative<br />

Entwicklungen. Unter freiwilligen Mitgliedern ist das Gefühl, durch die entsprechende<br />

Organisation auch mit den eigenen Interessen vertreten zu werden,<br />

in einem hohen Ausmaß vorhanden.<br />

Unter Nicht-Mitgliedern ergibt sich durchgängig ein anderes Bild. Seit 1990 hat<br />

der Anteil derjenigen, die sich durch die Gewerkschaften, politischen Parteien, Kirchen<br />

und Umweltgruppen vertreten sehen, ohne Mitglied zu sein, deutlich abgenommen.<br />

Einzig positiv hervorzuheben ist, dass sich diese Entwicklung gleichermaßen<br />

in Ost- und Westdeutschland vollzieht und sich in diesem Aspekt daher<br />

keine spezifische ostdeutsche Vertretungslücke andeutet. Der so genannte intermediäre<br />

Bereich der Politik, der Bereich, der zwischen dem einzelnen Bürger und<br />

dem Entscheidungssystem der Politik vermittelt, hat demnach in der Bevölkerung<br />

Deutschlands insgesamt stark an Bedeutung verloren. Ob das darauf verweist,<br />

dass die Bürger nicht mehr so stark wie früher wahrnehmen, dass diese Organisationen<br />

auch für sie relevante politische Güter produzieren, den Interessenorganisationen<br />

und politischen Parteien mithin die Verfolgung eigener begrenzter Partikularinteressen<br />

unterstellt wird und sie damit in den Augen der Bürger ihren bisher<br />

mehr oder minder universellen Vertretungsanspruch verlieren, lässt sich nicht abschließend<br />

beurteilen. Aber diese Entwicklung bedeutet mit einiger Sicherheit ein<br />

Schrumpfen des Reservoirs potenzieller Mitglieder. Dadurch könnte sich auch ein<br />

weiterer Rückgang in den Mitgliedschaften anbahnen (vgl. Tab. 2).<br />

Zusammengenommen verweisen die Ergebnisse darauf, dass der Grad politischer<br />

Integration, also das Ausmaß, in dem die Bürger durch eigene Beteiligung in die<br />

politische Willensbildung einbezogen sind, in den vergangenen zehn Jahren deutlich<br />

zurückgegangen ist. Die Politik findet nicht mehr so viel Interesse bei den<br />

Bürgern wie noch vor einem Jahrzehnt, die verschiedenen Formen politischer<br />

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