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106<br />

„Shrinking job opportunities for women increased the attractions of domestic service.“ 267 Für<br />

Mädchen aus armen, aber untadeligen Familien war dieser Arbeitsbereich die einzige Chance,<br />

eine andere Aufgabe zu erfüllen, als Hausfrau und Mutter zu sein. Für verheiratete Frauen war<br />

diese Art von Tätigkeit zumeist ausgeschlossen: „The whole ethos of Victorian culture was<br />

antagonistic to the notion that married women with children should work for money at all<br />

[...]“ 268 . Für viele Arbeiterfamilien bedeutete es großes Glück, wenn eine Tochter als<br />

Hausmädchen in Stellung war, denn das Mädchen unterstützte mit seinem wenn auch<br />

geringen Gehalt den Rest der Familie. Kost und Logis erhielten Dienstmädchen neben dem<br />

geringen Lohn zumeist frei, und sie lebten mit anderen Dienstmädchen zusammen unter dem<br />

Dach im kältesten Teil des Hauses. Die Mädchen hatten nur sehr wenige Freiheiten und<br />

Freizeit und durften nur zu seltenen Anlässen ihre Familien besuchen. Der Höhepunkt des<br />

Jahres war für das Hauspersonal der 2. Weihnachtstag, heute als Boxing Day bekannt, weil an<br />

diesem Datum die Bediensteten ihre Christmas Boxes, also Geschenke, bekamen. 269 Es<br />

versteht sich von selbst, dass die jungen Mädchen nicht immer das Glück hatten, auf gute<br />

Dienstherren zu treffen. Häufig wurden sie als rangniedrigste Person des Haushalts auf jede<br />

erdenkliche Art und Weise - auch sexuell - ausgebeutet und missbraucht. Sozialer Aufstieg<br />

war kaum möglich; allerdings konnten sich die Mädchen innerhalb des Haushaltes zunächst<br />

zur privaten Zofe der Hausherrin oder aber in gesetzterem Alter zur „Vorgesetzten“ der<br />

anderen Hausmädchen, also zur Haushälterin, hocharbeiten, die die Anordnungen für die<br />

anderen Hausmädchen traf und die Aufgaben verteilte. Leben und Arbeit der Hausangestellten<br />

waren überaus hart und beschwerlich; Calder erklärt zur Arbeit eines Hausmädchens im<br />

viktorianischen Haushalt:<br />

The mid-Victorian urban terraced house was organized something like this: in the attic lived the servants; in the<br />

basement, badly lit and ventilated, they did their work. On the ground floor there would be a dining-room and<br />

perhaps a study or library, on the first floor a drawing-room, possibly two connected folding doors, and on the<br />

second floor bedrooms. [...] For the servants in such a house the arrangements could hardly have entailed more<br />

work. In order, for instance, to take hot water or fuel to the bedrooms they had to climb three flights of stairs.<br />

Many of those tea parties that Victorian heroines preside over meant carrying trays of heavy silverware up two<br />

flights of stairs. For every pull of the bell in the drawing-room a servant had to ascend from the basement. 270<br />

Conan Doyle verklärt in den Sherlock-Holmes-Erzählungen die Rolle des Dienstmädchens<br />

oder der Haushälterin: Alle weiblichen Figuren, die in diesem Bereich tätig sind, stehen ihrem<br />

Dienstherrn oder ihrer Dienstherrin loyal gegenüber und verschleiern häufig gar zu Gunsten<br />

267<br />

Hoppen, Theodore K.: The Mid-Victorian Generation 1846-1886. (New Oxford History) Oxford 1998, S. 58.<br />

268<br />

Ibid., S. 57.<br />

269<br />

Fischer, Paul/ Burwell, Geoffrey P.: Kleines England Lexikon. 2. überarb. Auflage. München 1991, S. 90.<br />

270<br />

Calder, Jenni: Women and Marriage in Victorian Fiction. London 1976, S. 84.

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