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154<br />

fortschrittlicher und aufgeklärter Ort vorgeführt, an dem Verbrechen begangen werden, die<br />

eher in der hohen Bevölkerungszahl und der Anonymität der Großstadt begründet sind. Knight<br />

bezeichnet die englische Hauptstadt als „physical world of the audience of the Strand<br />

Magazine“ 438 , wodurch Conan Doyle auch Nähe zum Umfeld des Lesers schafft. Anders als in<br />

den Romanen, wo London oftmals als ein dunkler, mystifizierter Ort dargestellt wird, der<br />

einer Unterwelt gleicht, hat die Metropole in den Stories eine andere Funktion: „His [Sherlock<br />

Holmes’] world is modern, real London, not some imagined or mistily foreign city“ 439 .<br />

In den Stories der Adventures wird, anders als in den Romanen, durch den Kontrast zwischen<br />

Stadt und Land auch eine semantische Trennung zwischen den settings geschaffen: die Stadt<br />

ist zivilisiert und fortschrittlich, das Land rückständig und primitiv. Dies drückt sich letztlich<br />

auch in den Verbrechen aus, die an den verschiedenen Schauplätzen begangen werden: Die<br />

städtischen Delikte sind in den Adventures deutlich raffinierter und durchtriebener. Die<br />

Verbrechen, die Holmes in der Stadt untersucht, sind Bankraub 440 , Betrug 441 sowie diverse<br />

Diebstähle 442 . Zudem muss Holmes das mysteriöse Verschwinden der Braut von Lord St.<br />

Simon in „Noble Bachelor“ (1/10) aufklären.<br />

Das ländliche Leben wird - wahrscheinlich auch beeinflusst durch die sensational novels 443 -<br />

keinesfalls als friedlich und heilbringend dargestellt; nein, gerade hier hat das Böse die<br />

Möglichkeit, sich auf besonders grausame Art und Weise oft unbemerkt zu entfalten. Holmes<br />

selbst weist auf die Diskrepanz zwischen der Stadt und dem Land hin und merkt an, dass das<br />

Land ihm selbst als sehr viel bedrohlicher erscheine als die Stadt:<br />

„It is my belief, Watson, founded upon my experience, that the lowest and vilest alleys in London do not present<br />

a more dreadful record of sin than does the smiling and beautiful countryside.“<br />

„You horrify me!“<br />

„But the reason is very obvious. The pressure of public opinion can do in the town what the law cannot<br />

accomplish. There is no lane so vile that the scream of a tortured child, or the thud of a drunkard’s blow, does not<br />

beget sympathy and indignation among the neighbours, and then the whole machinery of justice is ever so close<br />

that a word of complaint can set it going, and there is but a step between the crime and the dock. But look at<br />

these lonely houses, each in its own fields, filled for the most part with poor ignorant folk who know little of the<br />

law. Think of the deeds of hellish cruelty, the hidden wickedness which may go on, year in, year out, in such<br />

places [...]“ 444<br />

438<br />

Knight, Form and Ideology, S. 94.<br />

439<br />

Ibid., S. 80.<br />

440<br />

„Red-Headed League“, (1/2).<br />

441<br />

„Case of Identity“ (1/3) und „Man with the Twisted Lip“ (1/6).<br />

442<br />

„Blue Carbuncle“ (1/7) und „Beryl Coronet“ (1/11).<br />

443<br />

Man denke an das grausame Gefangenhalten der Woman in White durch den Grafen Fosco im gleichnamigen<br />

Roman von Wilkie Collins und die Morde der schönen Lady Audley in Lady Audley’s Secret von Braddon.<br />

Schauplatz beider Romane sind reizvolle Manor Houses auf dem Land.<br />

444<br />

„Copper Beeches“ (1/12), S. 286.

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