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36<br />

2.1.3.3 „The Purloined Letter“<br />

Abgesehen von der interessanten „Spielanleitung“, die Poe zur Veranschaulichung seiner<br />

analytischen Fähigkeiten in seine zweite Geschichte einbaute, weist die Erzählung ‘Marie<br />

Roget’eindeutig starke Schwächen auf: es mangelt ihr an Spannung, Handlung und<br />

Anschaulichkeit, was vor allen Dingen in der detaillierten Darstellungsweise, der<br />

Weitschweifigkeit der Erzählung, begründet liegt. „Too much detail obscures and misleads<br />

the analytic mind: that was Poe’s formula to gloss over the failure of ‘Marie Roget’.“ 121<br />

Vielleicht erkannte Poes selbst die kritischen Punkte der Erzählung „Marie Rôget“, denn<br />

darauf folgend gelingt es ihm in der dritten Rätselgeschichte um den Detektiv Dupin, eine<br />

ausgewogene Mischung zwischen einem analytischen und einem der Ermittlung gewidmeten<br />

Teil zu schaffen. Buchloh und Becker glauben, dass „[h]ier die Elemente des Rätsels und der<br />

Darstellung am besten ausgewogen [sind].“ 122 Anstatt - wie in „Marie Rôget“ - nur in<br />

Gedanken den Fall zu lösen, untersucht Dupin hier den Tatort, stellt Ermittlungen an und<br />

präsentiert am Ende eine überraschende Lösung, die den Leser jedoch nicht durch<br />

Abwegigkeit vor den Kopf stößt.<br />

In The Murders in the Rue Morgue Dupin searched better than the police and this revealed the ‘acumen’ on<br />

which his analysis is based. A detailed, data-involved type of investigation failed to feed theoretical investigation<br />

successfully in Marie Rôget, and here [in The Purloined Letter] Poe takes an approach whose determined<br />

123 *<br />

intangibility enables the story to cast its comforting spell.<br />

Dem Leser wird in „Purloined Letter“ keine Spielanleitung mehr gegeben, sondern er wird<br />

aktiv in die Geschichte miteinbezogen und tritt gegen Poe und dessen Spielfigur Dupin im<br />

Wettstreit um die richtige Lösung an. Durch die Schilderung des Falls wird der Leser ebenso<br />

informiert wie Dupin und sein Gehilfe. Dadurch hat er eine ähnliche Position wie der Erzähler<br />

inne, was bedeutet, dass auch er letztlich von Dupins Lösung überrascht wird und feststellen<br />

muss, dass er selbst den Fall nicht hätte lösen können. Nur Dupin als Spielfigur des Autors ist<br />

letztendlich fähig, aus den gegebenen Informationen die Lösung herauszufiltern; dadurch wird<br />

dem Leser „bewiesen“, wie gering seine geistigen Fähigkeiten im Gegensatz zu denen Poes<br />

sind.<br />

121 Knight, Form and Ideology, S. 59.<br />

122 Buchloh/Becker, Detektivroman, S. 43.<br />

123 Knight, Form and Ideology, S. 59.

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