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Figuren erfüllen so zum einen häufig die Erwartungen des Lesers, werden aber zum anderen<br />

durch unerwartete Variation auch zur Überraschung des Lesers eingesetzt.<br />

Interessanterweise lässt sich feststellen, dass Conan Doyle in Bezug auf die Figuren stets ein<br />

ausgewogenes Verhältnis von typischen und untypischen Figuren beibehält. D.h., dass er<br />

nicht, wie man vermuten könnte, in den späteren Erzählbänden auf der figuralen Ebene sehr<br />

viel stärker variiert als im ersten oder zweiten Band. Atypen oder außergewöhnliche Figuren<br />

lassen sich in ungefähr gleichem Verhältnis ebenso im ersten wie im letzten Band finden.<br />

Demgemäß nimmt die Variationsstärke der Figuren grundsätzlich nicht zu.<br />

Der Meinung Priestmans, dass durch das Einsetzen der „bösen Fünf“ das ursprüngliche<br />

Erfolgskonzept der Erzählungen zerstört wird und die Erzählungen deshalb später schlechter<br />

werden, ist nicht zuzustimmen. 660 Denn diese „bösen Fünf“ treten de facto nur in sechs der 56<br />

Erzählungen auf, während die meisten anderen Fälle weiterhin im familiären Bereich spielen<br />

und die Schwierigkeiten vorwiegend aus zwischenmenschlichen Beziehungen entstehen. Die<br />

Qualität der Erzählungen nimmt in Bezug auf die Figuren keinesfalls ab: Auch die späteren<br />

Erzählbände leben vom gleichen Wechselspiel zwischen bekannten und neuen Figuren.<br />

Bei genauer Betrachtung lässt sich feststellen, dass es nur wenige Erzählungen gibt, deren<br />

sämtliche Motive und Figuren in kaum abgewandelter Form in anderen Erzählungen zu finden<br />

sind. „Stockbroker’s Clerk“ (2/3) ist eine nur schwach abgewandelte Variante von „Red-<br />

Headed League“ (1/2) und arbeitet mit fast gleichen Motiven. In ähnlicher Weise wird die<br />

Erzählung „Six Napoleons” (3/8) mit ähnlichen Grundkonzepten und Figurenkonstellationen<br />

wie „Blue Carbuncle” (1/8) konstruiert. In allen anderen 54 Erzählungen wandelt Conan<br />

Doyle die Figuren zumindest leicht ab, kombiniert sie neu, setzt besondere<br />

Figureneigenschaften oder aber ein unbekanntes, neues Motiv zur Variation ein.<br />

Bezüglich der Figuren lässt sich abschließend feststellen, dass Conan Doyles<br />

Figurenrepertoire natürlich relativ begrenzt ist und er sehr stark bestimmten Mustern bei der<br />

Konstruktion seiner Erzählungen folgt. Demzufolge gleichen sich selbstredend viele<br />

Erzählungen in hohem Maße. Dabei ist aber zu beachten, dass es dem Schema auch nicht<br />

zuträglich wäre, ständig bahnbrechende, innovative Figurenvarianten in den Erzählungen<br />

einzusetzen. Denn gerade der sehr festgelegte Figurenkreis mit fixierten Rollen macht ja den<br />

Charakter der Erzählungen - im Wechselspiel mit innovativen, anders angelegten Figuren -<br />

aus. Aus diesem Grund wird Conan Doyle seinen Figuren nie untreu: bis zum Schluss behält<br />

660 Vgl. zu Priestmans These Kap. 3.1.1.

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