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funktionieren. Abwertend sind diese Begriffe im Englischen keineswegs gemeint: Cawelti<br />

bezeichnet sie beispielsweise als eine ganz eigene literarische Kunstform: „Formula literature<br />

is, first of all, a kind of literary art. Therefore, it can be analyzed and evaluated like any other<br />

kind of literature.“ 22 Dabei ist, wie im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu zeigen sein wird,<br />

freilich nur dem ersten Teil von Caweltis Zitat zuzustimmen.<br />

1.1.2 Zur Struktur von Trivialliteratur<br />

Tatsächlich bestehen zwischen der „hohen“ Literatur und der Trivialliteratur große<br />

Unterschiede. Diese wurden häufig zur Kritik an der Trivialliteratur herangezogen. Vor allem<br />

drei Kriterien werden wiederholt genannt, um zu belegen, dass sie nicht so anspruchsvoll sei<br />

wie die Hochliteratur. Diese drei Kriterien sind: fehlender Realismus, mangelnde Sozialkritik<br />

und unzureichende Charakterzeichnungen. Häufig wurde im Streit über den Wert oder Unwert<br />

der Trivialliteratur darauf hingewiesen, dass die dargestellte Handlung unwahrscheinlich sei<br />

und es keinen Bezug zu den Konflikten und Verhältnissen in der Gesellschaft gebe. Die<br />

Darstellung der Wirklichkeit werde dadurch verfälscht und der Wahrheitsanspruch, der dem<br />

Kunstwerk im Sinne der idealistischen Ästhetik immanent sein solle, fehle. Da triviale<br />

Erzählungen beinahe immer auf eine Zwangsharmonisierung hinausliefen, bestehe bestenfalls<br />

ein oberflächlicher Wirklichkeitsbezug, der mit der Realität des Lebens nichts gemein habe 23 .<br />

Das Fehlen des Schilderns von welthistorischen Konflikten, von komplexen und von<br />

individuellen Charakteren bedinge, dass, wie Broich 24 es nennt, eine „Deutung der Welt“<br />

nicht stattfinden könne. Daneben bedeute das Fehlen dieser drei Kriterien in der<br />

Trivialliteratur, die für die Interpretation von Hochliteratur so bedeutsam sind, dass sie nicht<br />

wie jene analysiert werden könne.<br />

Beim Anführen dieser Kritikpunkte wird leicht übersehen, dass die Erfüllung dieser Kriterien<br />

gar nicht das Ziel ist, das die ‘Trivialliteratur’ verfolgt. Sie will nicht sozialkritisch sein oder<br />

die Realität widerspiegeln, sondern dem Leser „escape and relaxation“ 25 bieten. Sie<br />

funktioniert nach anderen Mustern als die Hochliteratur: Sie ist eine Variationsgattung, ein<br />

Spiel mit verschiedenen Grundschemata und vielen Variationen. Dabei sind Spielcharakter<br />

22<br />

Cawelti, John G.: Adventure, Mystery, and Romance. Formula Stories as Art and Popular Culture.<br />

Chicago/London 1976, S. 8.<br />

23<br />

Vgl. Nusser, Trivialliteratur, S. 4ff.<br />

24<br />

Broich, Ulrich: „Formen des modernen Detektivromans“. In: Neusprachliche Mitteilungen aus Wissenschaft<br />

und Praxis, 31, 1978, S. 65-73.<br />

25 Cawelti, Adventure, S. 8.

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