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Väter, die ihre Töchter um das ihnen zustehende Erbe bringen wollen und dabei auch vor<br />

brutaler Gewalt und Mord nicht zurückschrecken. Dies geschieht in den Erzählungen „Case of<br />

Identity“ (1/3), „Speckled Band“ (1/8) und „Copper Beeches“ (1/12).<br />

Bezüglich der weiblichen Figuren beschreibt Knight bloß einen auffälligen Typ, nämlich den<br />

der schönen Frau, die als Retterin der männlichen Hauptfigur auftritt. So verhilft<br />

beispielsweise die nur im Hintergrund agierende, geheimnisvolle Elise in der Erzählung<br />

„Engineer’s Thumb“ (1/9) Victor Hatherley zur Flucht vor den Geldfälschern, die nach<br />

seinem Leben trachten. Knight bezeichnet das Motiv der schönen Retterin als „legend[] of<br />

Victorian manhood“ 171 , da es ein Stoff ist, der sich häufig in den großen Romanen der frühen<br />

viktorianischen Periode finden lässt. 172<br />

Knight stellt die These auf, dass die späteren Sherlock-Holmes-Stories schlechter werden,<br />

weil Conan Doyle die Erzählungen, die auf die Adventures folgen, nach einer anderen<br />

Maxime konzipiert: Anstatt die Spannung wie im ersten Band aus den Beziehungen der<br />

Figuren untereinander zu entwickeln, konstruiert er ab dem zweiten Erzählband eine<br />

eindeutige Polarisierung zwischen Gut und Böse, indem er die wirklich üblen Schurken wie<br />

Prof. Moriarty, Colonel Moran und Charles Augustus Milverton einsetzt. Somit entsteht die<br />

Spannung nach Knights Ansicht nicht mehr aus einer komplexen Figurenkonstellation,<br />

sondern wird durch die Gegenüberstellung von Holmes und einem gefährlichen, mächtigen<br />

Gegner unweigerlich vorausgesetzt. „Excitement is manipulated into the stories, rather than<br />

rising from innate patterns of plot [...]“. 173<br />

Grundsätzlich ist anzumerken, dass Knight viele interessante Figuren und Motive übersieht,<br />

was vor allem darin begründet liegt, dass er bei seiner Analyse nicht systematisch vorgeht und<br />

Motive, Schauplätze, Figuren und Erzählperspektive de facto nicht präzise trennt. So bleiben<br />

viele wichtige und auch auffällige Punkte bei seiner Untersuchung unbeachtet. Besonders in<br />

Bezug auf weibliche Figuren wirkt die Analyse äußerst oberflächlich - nur ein einziger<br />

Figurentyp findet überhaupt Erwähnung.<br />

Priestman erkennt anders als Knight sechs charakteristische Storytypen, die jeweils durch ein<br />

bestimmtes Motiv geprägt werden. Jedes einzelne der Motive definiert wiederum die Figuren,<br />

die in der Erzählung auftreten.<br />

Der erste Storytyp zeichnet sich durch das Geheimbund-Motiv aus, das in neun der<br />

Erzählungen zu finden ist. Diese Erzählungen verlaufen nach einem bestimmten Muster: Der<br />

170 Ibid., S. 96.<br />

171 Vgl. Knight, Form and Ideology, S. 100.<br />

172 Vgl. z.B. die Retterinnen in Charlotte Brontës Jane Eyre sowie auch in Wilkie Collins‘ The Moonstone.

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