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Figuren bestehen, aber es kann vereinzelt auch zum Einsatz von neuen, „unbenutzten”<br />

Figuren kommen, deren Funktion zu Beginn des Spiels noch unbekannt ist. Jeder Figur<br />

kommt auf dem Spielplan eine feste Rolle bzw. Funktion zu. Zusätzlich wird zwischen den<br />

Spielfiguren ein bestimmtes Problem entwickelt, das alle miteinander verbindet. Das Problem,<br />

das nur anhand von verschlüsselten Hinweisen, die der Leser nach und nach während des<br />

Spiels erhält, vorgestellt wird, muss sowohl von der Spielfigur des Autors als auch vom Leser<br />

rückverfolgt und aufgelöst werden. Dabei muss der Leser durch geschickte Züge versuchen,<br />

die Konstellation der Figuren untereinander und ihre Züge nachvollziehen zu können. Das<br />

Spiel verläuft nach festen Regeln: Eine der vorhandenen Figuren muss Auslöser des Problems<br />

sein, die Hinweise müssen sich immer auf das Problem beziehen. Der Verlauf des Spiels ist<br />

durch verschiedene Phasen, die nach einem vorher aufgestellten Prinzip durchlaufen werden<br />

müssen, reglementiert.<br />

Diese Form des literarischen Spiels wird von Conan Doyle als Erstem eingesetzt. Dabei wird<br />

deutlich, dass die Detektivgeschichte ein eng begrenzter Spielraum ist, in dem mit jedem<br />

neuen Spiel aus verschiedenen, festgelegten Kategorien trotzdem immer wieder völlig neue<br />

Spielsituationen geschaffen werden können.<br />

Arthur Conan Doyle kann als Begründer der klassischen Detektivgeschichte angesehen<br />

werden, weil er der Gattung - im Gegensatz zu seinen Vorgängern - zum einen einen<br />

spielerischen Charakter im Wettkampf mit dem Leser verleiht, den vorherige mystery stories<br />

nicht hatten, zum anderen vor allem aber auch die Schematisierung und Reglementierung<br />

einer bis dato nicht festgelegten Literaturform durch ein Grundgerüst vornahm. Das<br />

Grundkonzept seines rigiden Grundschemas empfand er dabei selbst bald als zu eng und<br />

glaubte es auch durch Variationen nicht weiterentwickeln zu können, weshalb er versuchte,<br />

die Struktur auf formaler Ebene zu brechen. Auf Grund der Tatsache, dass die Erzählungen<br />

dadurch ihren ursprünglichen Charakter verloren, beendete Conan Doyle 1927 endgültig die<br />

Karriere des Meisterdetektivs Sherlock Holmes.<br />

Im Vergleich zum Schema der Agatha-Christie-Stories wird deutlich, wie extrem spezifisch<br />

die Form der Sherlock-Holmes-Stories ist. Trotzdem lässt sich feststellen, dass die oftmals an<br />

Conan Doyle geäußerte Kritik, sein Schema sei durch und durch klischeehaft und mit den<br />

Jahren völlig verflacht 713 , * nicht richtig ist. Denn wie sich durch die Analysen der<br />

vorliegenden Arbeit zeigen lässt, gibt es einen Rahmen, der aus zwar Konstanten besteht,<br />

712 Vgl. hierzu Hempfer, Gattungstheorie, S. 98.<br />

713 Vgl. zur Kritik an Conan Doyle Woelcken, Fritz: Der literarische Mord. Eine Untersuchung über die<br />

englische und amerikanische Detektivliteratur. Nürnberg 1953, S. 102.

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