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Figur George Burnwell, und des „angel in the house“ (W.II.1), verkörpert in der Figur Mary<br />

Holder, gekoppelt. Beide Figurentypen treten schon vorher in anderen Erzählungen auf. Auch<br />

die Figur des Arztes Leslie Armstrong in „Missing Three-Quarter“ (3/11) und die verrückten<br />

Wissenschaftler Lowenstein und Presbury werden mit typischen Figuren aus den Kategorien<br />

„auf der Suche nach einer verschwundenen Person“ (M.I.12) und „angel in the house“<br />

(W.II.1) kombiniert. Nur in dieser Erzählung und in „Musgrave Ritual“ (2/5) lassen sich<br />

jeweils zwei männliche, außergewöhnliche Figurentypen in einer Erzählung finden, und nur in<br />

einer Erzählung wird eine atypische weibliche mit einer atypischen männlichen Figur<br />

kombiniert, nämlich in „Lady Frances Carfax (4/6).<br />

Daneben ist evident, dass Conan Doyle selbst mit bestimmten Stereotypen spielt. So werden<br />

bestimmte Figuren eingesetzt, die dem Leser durch die schematische Behandlung des Typs<br />

aus vorhergegangenen Erzählungen bekannt zu sein scheinen. Letztlich teilt Conan Doyle den<br />

Figuren aber als Überraschungseffekt eine ganz andere Funktion zu oder stattet sie mit<br />

anderen Eigenschaften aus, wodurch häufig auch das Rätsel der Erzählung bedingt wird. Eine<br />

solche Figur ist der Butler Brunton aus „Musgrave Ritual“(2/5), der seit Jahren in<br />

Familiendiensten steht und immer loyal zu sein schien, bis er auf Grund von eigenartigen<br />

Verhaltensweisen entlassen werden muss. Am Ende findet Holmes heraus, dass Brunton die<br />

Familie Musgrave gar um den Familienschatz bringen wollte, was somit dem Typ des häufig<br />

eingesetzten „treuen Dieners“ (M.I.4) völlig konträr entgegensteht. Auf <strong>Seite</strong>n der weiblichen<br />

Figuren lässt sich die Verkehrung eines Stereotyps in der Figur der aus Südamerika<br />

stammenden Mrs. Ferguson ausmachen, die zunächst, wie die anderen exotischen und<br />

erotischen Frauen der Kategorie „Geliebte“ (W.I.2), durch ihre Andersartigkeit und ihr<br />

Temperament Unheil über die Familie zu bringen scheint. Erst Holmes kann aufklären, dass<br />

Mrs. Ferguson völlig falsch eingeschätzt wurde und ein wahrhaft guter Mensch ist.<br />

De facto lassen sich gewisse „Variationsgesetze“ in Bezug auf die Figuren in den Sherlock-<br />

Holmes-Stories erkennen:<br />

1. es lassen sich vier verschiedene Grundtypen (M.I., M.II., W.I. und W.II.) mit geringer und<br />

stärkerer Varianz ausmachen, die Conan Doyle hauptsächlich zur Konstruktion seiner<br />

Geschichten dienen<br />

2. davon werden gewisse Typen häufiger als andere miteinander gekoppelt<br />

3. gewisse Typen blockieren einander und schließen sich gegenseitig aus<br />

4. es gibt neutrale Figuren, die in beinahe jeder Erzählung auftreten können

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