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Obwohl Verhütung generell streng verboten war und als unmoralisch galt, schienen mehr und<br />

mehr Frauen ihre einzige Pflicht nicht mehr darin zu sehen, viele Kinder zu gebären. Obwohl<br />

die Mutterschaft weiterhin in der Öffentlichkeit glorifiziert wurde 379 , sahen Frauen wegen der<br />

häufigen Todesfälle bei Müttern und Kindern Schwangerschaften immer häufiger als „grim<br />

duty“ 380 an. Tatsächlich wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts Frauen seltener schwanger<br />

und die Familien kleiner. 381<br />

Generell lässt sich aus den verschiedensten Pamphleten und Magazinen des späten<br />

viktorianischen Zeitalters die Tendenz erkennen, dass Frauen unabhängiger werden wollten,<br />

und langsam aber stetig wuchs die Frauenbewegung. Die New Woman, häufig als blue-<br />

stocking 382* bezeichnet, forderte ihre Rechte, wollte Unabhängigkeit und<br />

Entscheidungsfreiheit für ihre eigenen Belange.<br />

Muss man Conan Doyle wegen seiner Ignoranz gegenüber der Entwicklung der<br />

Frauenbewegung und seiner schwärmerischen Glorifizierung und einer daraus resultierenden<br />

Degradierung der Frauen zum „schwachen Geschlecht“ in seinen Erzählungen als Macho, als<br />

Frauenfeind betrachten? Wohl eher scheint Conan Doyle ein typisches Kind seiner Zeit<br />

gewesen zu sein: Weiblichkeit wurde generell gleichzeitig mit Schwäche, aber auch mit<br />

moralischer Überlegenheit gegenüber dem Mann in Verbindung gebracht, wobei der Frau<br />

grundsätzlich bestimmte Werte zugerechnet wurden, die dem Mann abgesprochen wurden:<br />

„In addition to her innate moral superiority, woman’s primary function in life - bearing and<br />

bringing up babies - was believed to foster qualities of altruism, compassion, and a feeling of<br />

self-fulfilment [...]“ 383 . Diese Tugenden führten dazu, dass die Frau beizeiten als besseres,<br />

beinahe übermenschliches Wesen gepriesen wurde: „The ‘pedestal or pinnacle theory’, as the<br />

Women’s Suffrage Journal called it, regarded woman as a minor goddess to be worshipped<br />

from afar.“ 384 Auf Grund dieser Theorie konnte die Frau mit der Begründung, sie vor den<br />

Übeln und Gefahren der Welt bewahren zu wollen, vom Mann von allen Rechten und<br />

Pflichten des Lebens ausgeschlossen werden.<br />

379 Ibid., S. 160.<br />

380 Ibid.<br />

381 Calder, Women and Marriage, S. 162.<br />

382 „Blue-stocking“ war ursprünglich der Spottname für die Teilnehmerinnen eines Londoner schöngeistigen<br />

Zirkels, zu dem der Botaniker Stillingfleet anstatt mit den üblichen schwarzen mit blauen Strümpfen erschien.<br />

Später wurde die Bezeichnung generell für Frauen verwendet, die sich nach Ansicht der Gesellschaft mit Dingen<br />

beschäftigten, die sie nichts angingen.<br />

383 Zedner, Lucia: Women, Crime, and Custody in Victorian England. Oxford 1991, S. 24.<br />

384 Fernando, „New Woman“, S. 3.

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