03.01.2013 Aufrufe

Seite - RWTH Aachen University

Seite - RWTH Aachen University

Seite - RWTH Aachen University

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

136<br />

Im Kontrast zur Theorie der erhabenen und engelhaften Weiblichkeit steht die Realität. So<br />

zeigt die profunde Untersuchung von Zedner über die Kriminalität von Frauen beispielsweise<br />

ein anderes Bild der Verhältnisse: „In Victorian England women made up a far larger<br />

proportion of those known to be involved in crime than they do today [...] Criminal women<br />

were perceived and judged against complex, carefully constructed notions of ideal<br />

womanhood.“ 385 Auch die Lage der Prostituierten - ihre Zahl war unverhältnismäßig hoch 386 -<br />

wurde offiziell totgeschwiegen. Dies geschah aus gutem Grund, repräsentierte doch die<br />

straffällige und promiskuitive Frau die Negation des Ideals der Weiblichkeit.<br />

Die Frauenbewegung wurde zunächst von der Gesellschaft zwar wahrgenommen, aber lange<br />

Zeit als nicht relevant erachtet. Als jedoch ihre Forderungen mehr und mehr publik wurden<br />

und sich immer mehr Frauen der Bewegung anschlossen, wurde sie stark bekämpft. Die<br />

Gegner waren interessanterweise nicht nur Männer: Auch viele Frauen verurteilten und<br />

bekämpften die blue-stockings, da sie glaubten, dass die Frauenbewegung die Entweiblichung<br />

der Frau zum Ziel habe. So wird die New Woman beispielsweise im Magazin Lady’s Realm<br />

als „feminine Frankenstein“ 387 beschimpft.<br />

Calder begründet die schockierte Reaktion der viktorianischen Gesellschaft auf die<br />

Frauenbewegung damit, dass Männer überaus große Angst davor hatten, von der Bewegung<br />

überrollt zu werden und ihre Vormachtstellung in der Gesellschaft zu verlieren, weshalb<br />

Frauen von Grund auf jede Möglichkeit genommen werden sollte, sich zu entwickeln:<br />

„Perhaps at no other time in British history were men so afraid of women as in the Victorian<br />

period, hence the elaborate conspiracy of the establishment to hedge them in, and perhaps at<br />

no other time did they exploit women to such an extent." 388<br />

Nicht nur bei Conan Doyle fehlt jegliche Auseinandersetzung mit dem Bild der New Woman;<br />

generell lassen sich in der Literatur der Zeit kaum Hinweise auf die Frauenbewegung finden.<br />

Zwar zeigen viele Autoren die unglückliche, von Repression gezeichnete Lage vieler Frauen<br />

auf, so z.B. George Eliot, die, um ihre Werke publizieren zu lassen, bezeichnenderweise einen<br />

Männernamen annahm. Doch auch sie zeigt zwar die Nöte und Zwänge der Frauen der<br />

viktorianischen Zeit, dennoch lässt sich in ihren Werken keine Frau finden, die offensiv für<br />

ihre Eigenständigkeit kämpft. Schabert weist darauf hin, dass, wenn eine weibliche Figur in<br />

einem viktorianischen Roman als selbstbewusst und selbstständig dargestellt wurde, ihre<br />

385<br />

Zedner, Women, Crime, S. 12.<br />

386<br />

Vgl. hierzu Hoppen, Mid-Victorian Generation, 320 ff. sowie Calder, Women and Marriage, S. 89-93 und<br />

ebenso Fernando, „New Woman“, S. 19.<br />

387<br />

Lady’s Realm, Feb. 1887, wie zitiert in Calder, Women and Marriage, S. 164.<br />

388<br />

Calder, Women and Marriage, S. 88.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!