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den sie nach seinem baldigen Tod beerbte, und impliziert somit, dass Isadora Klein äußerst<br />

berechnend ist.<br />

In einer Schlüsselszene begegnen Holmes und Watson Isadora Klein als der personifizierten<br />

weiblichen, aggressiven Sexualität:<br />

A minute later we were in an Arabian nights’ drawing-room, vast and wonderful, in half gloom, picked out with<br />

an occasional pink electric light. The lady had come, I felt, to that time of life when even the proudest beauty<br />

finds the half-light more welcome. She rose from a settee as we entered: tall queenly, a perfect figure, a lovely<br />

mask-like face, with two wonderful Spanish eyes [...] 359<br />

Hier wird mit dem Motiv der „sexualized Eastern woman“ gespielt, das im 18. und 19. Jh.<br />

durch die Berichte von Abenteurern und Entdeckern, die Entdeckungsreisen durch die<br />

arabischen Länder unternahmen, Einzug in Kunst und Literatur gefunden hatte. 360 Allgemein<br />

war der Orientalismus im viktorianischen Zeitalter en vogue: ganze Räume und Häuser<br />

wurden im arabischen Stil eingerichtet. Es galt als besonders kultiviert, Antiquitäten aus<br />

Ägypten oder Arabien zu besitzen. Auch in der Kunst wird der Orientalismus zu einem<br />

zentralen Thema, wobei vor allen Dingen die libidinöse und laszive orientalische Frau zum<br />

Motiv wird. Die Maler präsentierten so ihre „fantasies of harem life and Eastern<br />

sexuality“ 361 .Ein typisches Beispiel für den Kunststil der Zeit ist Ingrès Gemälde „La Grande<br />

Odaliske“, auf dem die verführerische nackte Sklavin auf einem Diwan liegt. Conan Doyle<br />

übernimmt für die Schilderung der Begegnungsszene mit Holmes beinahe exakt die<br />

Ausstattung und das Auftreten der schönen Kurtisane dieses Bildes.<br />

Der Name „Isadora“ mag auf die Tänzerin Isadora Duncan verweisen, die zu Anfang des 20.<br />

Jahrhundert das Publikum durch ihre freizügigen und verführerischen Auftritte in Amerika<br />

und Europa schockierte. Bei ihren lasziv-provokanten Tänzen war Isadora Duncan oftmals<br />

beinahe nackt, was auf Grund der Moralvorstellungen des gerade erst zu Ende gegangenen<br />

viktorianischen Zeitalters vielerorts einen Eklat verursachte. 362 Auch Isadora Klein wird als<br />

berückende femme fatale, als Circe dargestellt. Durch ihre expressiv sexuelle Ausstrahlung<br />

symbolisiert sie die weibliche Sexualität an sich, der sich der Mann - wie im Adam-und-Eva-<br />

Mythos - nicht entziehen kann. Isadora Klein fungiert so als absolutes Anti-Bild der ‘guten’<br />

viktorianischen Frau. Sie, die unkontrollierbar ist, übt gleichzeitig völlige Kontrolle über die<br />

Männer aus, die ihr sämtlich verfallen. Anders als alle anderen Liebhaberinnen-Figuren wird<br />

hier nicht die Frau zum Spielball von Männern, sondern sie benutzt ihrerseits Männer zu<br />

359 Ibid., S. 93.<br />

360 Vgl. hierzu Matus, Unstable Bodies, S. 135.<br />

361 Ibid.

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