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151<br />

Beim Anblick von Familienfotos aus dem viktorianischen Zeitalter präsentiert sich dem<br />

Betrachter eine demonstrativ zur Schau gestellte Harmonie und Geborgenheit. Zumeist zeigen<br />

die Bilder einen stolzen Hausherrn im Kreise seiner glücklichen Familie im friedlichen,<br />

eleganten Salon des Hauses. Für die Viktorianer war das Heim ein Ort von eminenter<br />

Bedeutung, symbolisierte es doch ein Bollwerk gegen alle Gefahren und Sicherheit vor allen<br />

Bedrohungen von außen. Somit war das ideale Heim nicht nur ein „place of peace and<br />

refuge“ 429 , sondern auch ein „place closed off from the outside world” 430 . Das Heim war ein<br />

Heiligtum, in das zwar Gäste eingeladen wurden und durch das der erworbene Wohlstand<br />

gern zur Schau gestellt wurde, daneben diente es aber auch - mehr als jemals zuvor in der<br />

Geschichte - zum Schutz der Privatsphäre der Familie. „The home as never before was a place<br />

quite distinct from the public world.“ 431 In diesem Sinne lässt sich nicht nur in den stetig<br />

wachsenden Städten, sondern auch auf dem Land eine Bauwut feststellen: Zum einen leisteten<br />

sich Mitglieder des neureichen Mittelstandes ein Haus auf dem Land, zum anderen führten<br />

viele Mitglieder der alteingesessenen gentry Umbauten an ihren Landgütern durch. Die neuen<br />

Bauten sollten auch bautechnisch ein Bollwerk gegen Einflüsse von außen darstellen.<br />

Architektonisch zeichneten sich die Häuser somit vor allem durch die Stilrichtungen aus, die<br />

schon in der Vergangenheit besondere Stärke und Eleganz symbolisiert hatten; so entstanden<br />

im 19. Jahrhundert vor allem Häuser im neogotischen und neoklassizistischen Stil, oftmals<br />

verziert mit Elementen aus der Tudorzeit.<br />

Gerade im Zuge dieses offensiv zur Schau gestellten Sicherheitsbedürfnisses kann eine<br />

Literaturrichtung entstehen, die mit den Ängsten der Zeit spielt. Die sensational novels<br />

erzählen von Tragödien, die sich im häuslichen Milieu abspielen und die sichere Welt einer<br />

Familie aus den Fugen geraten lassen. Das dominante Bild des viktorianischen Hauses als das<br />

eines Heiligtums, das sich gegen die feindliche und gefährliche äußere Welt gewappnet hat 432 ,<br />

wird durch Verbrechen ins Wanken gebracht, die sich „behind the closed door of the middle-<br />

class household“ 433 abspielen. „The sensationalism of the mid-Victorian period depended<br />

upon the contrast between the façade of the respectable middle-class home and the dark<br />

secrets which lurked behind it.“ 434<br />

429<br />

Calder, Jenni: The Victorian Home. London 1977, S. 98.<br />

430<br />

Zedner, Lucia: Women, Crime, and Custody in Victorian England. Oxford 1991, S. 156.<br />

431<br />

Trodd, Anthea: Domestic Crime in the Victorian Novel. London 1989, S. 3.<br />

432<br />

Ibid., S. 1<br />

433<br />

Ibid., S. 2<br />

434<br />

Trodd, Anthea: Domestic Crime in the Victorian Novel. London 1989, S. 53.

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