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Kommentar:<br />

74<br />

Die Hauptfiguren Violet Hunter und Jephro Rucastle lassen sich in ähnlichen Varianten auch<br />

in anderen Erzählungen finden. Die Figur der Violet Hunter wird von Conan Doyle als Violet<br />

Smith mit ähnlichem Beruf, exakt gleichen Eigenschaften und sogar mit demselben<br />

Vornamen in der Erzählung „Solitary Cyclist“ (3/4) wieder aufgegriffen. Beide Figuren sind<br />

kluge, schöne Frauen, die sich nicht vor unheimlichen Ereignissen, die in ihrer Umgebung<br />

geschehen, fürchten und sie sogar alleine aufklären wollen. Weil sie dazu jedoch allein nicht<br />

fähig sind, bedürfen sie letztlich doch der Hilfe des Detektivs Holmes. Obwohl der Typ der<br />

Gouvernante (Typ W.II.4) mit den Figuren Violet Smith und Violet Hunter besonders<br />

stereotyp eingesetzt wird, wird er in anderen Erzählungen stärker variiert, so z.B. in „Wisteria<br />

Lodge“ (4/1) und „Thor Bridge“ (5/7). Die Gouvernante ist deshalb als Typ mit stärkerer<br />

Varianz anzusehen.<br />

In der Figur des Mr. Rucastle wird wiederum der typische Gothic villain mit dem bösen<br />

Stiefvater - wie schon in „Case of Identity“ (1/3) und „Speckled Band“ (1/8) - kombiniert.<br />

Diese Verknüpfung findet sich in „Copper Beeches“ zum letzten Mal; Conan Doyle bemerkte<br />

wohl selbst die Häufung dieses Typs im ersten Band und setzte ihn in dieser Form später nicht<br />

mehr ein. Rucastle wirkt unheimlich, aber auch faszinierend auf Violet Hunter. Wie Mr.<br />

Windibanks und Dr. Roylott möchte auch er aus Geldgier die Hochzeit seiner Tochter<br />

verhindern. Seine Bösartigkeit vererbt sich auf den männlichen Nachkommen, der schon im<br />

Kindesalter Tiere quält und tötet.<br />

Alice Rucastle ist wie die Stoner-Schwestern und Mary Sutherland aus „Speckled Band“ und<br />

„Case of Identity“ im Falle einer Hochzeit Erbin eines großen Vermögens. Wie die Stoner-<br />

Schwestern ist auch sie eine Gefangene ihres Vaters, was in dieser Erzählung aber noch<br />

verstärkt dargestellt wird, da sie überhaupt nicht das Haus verlassen darf und im Nebentrakt<br />

des Hauses eingesperrt wird. Das Thema des Gefangenhaltens findet sich auch in der „hohen<br />

Literatur“: So wird Bertha, die wahnsinnig gewordene Ehefrau Rochesters von diesem in<br />

Charlotte Brontës Roman „Jane Eyre“ auf dem Dachboden des Hauses gefangen gehalten. Sie<br />

ist der Prototyp der „[mad] woman in the attic“ 732 . * Auch Laura Fairlie in Wilkie Collins’ The<br />

Woman in White wird von Verbrechern, die sich ihr Vermögen aneignen wollen, in ein<br />

Irrenhaus gebracht. Nach dem Vorbild dieser „mad women“ aus der „hohen“ Literatur<br />

konstruiert Conan Doyle die Figuren der Stoner-Schwestern und Alice Rucastle (Typ W.II.2).<br />

732 Gilbert, Sandra M./ Gubar, Susan: The Madwoman in the Attic. The Woman Writer and the Nineteenth-<br />

Century Literary Imagination. New Haven/London 1979.

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