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Kommentar:<br />

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Lady Frances ist mit allen Attributen eine einmalige Figur und stellt auch ein einmaliges<br />

Opfer dar. Die einzige weibliche Hauptfigur in der gleichen Altersgruppe - sie wird als<br />

ungefähr vierzigjährig beschrieben - ist Eugenia Ronder aus „Veiled Lodger“ (5/10). Lady<br />

Frances stellt somit eine atypische young lady in distress dar. In keiner anderen Erzählung<br />

spielt eine verarmte Adlige eine Rolle, ebenso sind die Frauen in den Conan Doyle’schen<br />

Geschichten, wenn sie eine so tragende Rolle haben, beinahe ausschließlich jung und schön,<br />

wie z.B. Violet Smith aus „Solitary Cyclist“ (3/4). Sie entspricht somit nicht dem typischen<br />

Frauenbild, das ansonsten in den Sherlock-Holmes-Stories prominent ist: Sie ist in<br />

fortgeschrittenem Alter noch unverheiratet und reist alleine durch die Welt. Sie stellt somit<br />

einen Gegentyp zum angel in the house dar. Ihre Lebenseinstellung wird von Holmes<br />

kritisiert, der nicht glaubt, dass eine allein stehende Frau auf sich aufpassen kann. Aus diesem<br />

Grund muss Lady Frances am Ende mit Philipp Green eine Beziehung eingehen, weil sie<br />

erkennt - wie am Ende der Erzählung impliziert wird - dass sie ohne einen starken Mann an<br />

ihrer <strong>Seite</strong> nicht lebensfähig ist und durchläuft somit im Sinne Conan Doyles einen<br />

„Läuterungsprozess”. Obwohl Conan Doyle das zunächst entworfene Bild der Lady Frances<br />

gegen Ende revidiert und sie in eine typische angel-Rolle zurückführt, muss sie trotzdem auf<br />

Grund ihrer ungewöhnlichen Eigenschaften als besondere Figur gewertet werden. Daneben<br />

wird Lady Frances als „mysterious body in the coffin“ – ein Motiv aus den Gothic Novels -<br />

eingesetzt, ein Bild, das nur noch ein Mal in „Shoscombe Old Place“ (5/12) aufgegriffen wird.<br />

Auch Philipp Green, der Lady Frances seit Jahren liebt, aber immer von ihr zurückgewiesen<br />

wurde, stellt eine Ausnahmefigur dar. Er ist zunächst der Hauptverdächtige und trägt die Züge<br />

eines typischen Gothic villain: Von Zeugen wird er als wild, barsch und böse beschrieben. Im<br />

zweiten Teil stellt er sich jedoch als überaus guter und liebevoller Mensch heraus, der Holmes<br />

und Watson gar bei der Aufklärung des Falles assistiert. Er stellt einen Atyp zum Gothic<br />

villain dar.<br />

Eine Besonderheit dieser Geschichte ist das Einsetzen eines Gaunerpärchens, nämlich der<br />

zwei „alias“-Figuren „Holy“ Peters und Mrs. Fraser. Obwohl Conan Doyle diese „alias“<br />

Funktion für Verbrecher häufig einsetzt, z.B. in „Man with the Twisted Lip“ (1/6) und in<br />

„Wisteria Lodge“ (4/1), ist sie hier insofern ungewöhnlich, als dass ein Mann und eine Frau<br />

gemeinsam ihre Identitäten wechseln, um miteinander Verbrechen begehen zu können. „Holy<br />

Peters“ ist ein richtiger Bösewicht, der seine Verbrechen - das Ausrauben naiver, allein<br />

stehender Frauen - gezielt plant. Außergewöhnlich ist ebenso Mrs. Fraser/Shlessinger, die die

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