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26<br />

Geht man, wie oben beschrieben, von einem Wettkampf zwischen Autor und Leser aus, so ist<br />

die Figur des Detektivs als Spielfigur des Autors zu betrachten. Dadurch ergibt sich eine<br />

bemerkenswerte Konstellation: Die vom Autor in zwei Strängen konstruierte, verschlüsselte<br />

Erzählung wird von seiner „Spielfigur“, dem Detektiv, innerhalb der Geschichte wieder<br />

dechiffriert.<br />

Die Faszination des Lesers von der Detektivgeschichte steht in engem Zusammenhang mit der<br />

Struktur dieser Gattung: Die Überlagerung der offenen und unbekannten Handlungsstränge<br />

lädt den Leser zum Aufdecken der rätselhaften Vorgänge ein. Dabei verfolgt er zum einen die<br />

Schritte des Detektivs als dessen Konkurrent, gleichzeitig jedoch dienen die von diesem<br />

gegebenen Hinweise auch der eigenen Recherche. Die backward construction der Handlung<br />

spricht die Spielfreude des Lesers an: Durch die Geschichte des Mordes wird Neugier<br />

geweckt, durch die Geschichte der Ermittlung Spannung erzeugt und letztlich im dénouement<br />

die Erwartung des Lesers befriedigt. Dies geschieht dadurch, dass ihm als Effekt des<br />

„disentanglement“ eine überraschende Lösung präsentiert wird.<br />

[...] Poe [...] set [the typical features] in a composition that plays upon the reader’s sensibilities by first arousing<br />

his morbid curiosity, and having toyed with it for an appropriate length of time, by satisfying it in a wholly<br />

unexpected way. 87<br />

2.1.2 Zum Spielverständnis Poes<br />

Oben wurde bereits auf den Aufklärungsvorgang in der Detektivgeschichte und die<br />

Ähnlichkeit mit einem Spiel hingewiesen. 88 Neben der Struktur der Detektivgeschichte ist<br />

auch dieser Spielaspekt von großer Bedeutung. Interessant ist, dass sich Poe, der den<br />

spielerischen Charakter von Literatur in seinen Geschichten besonders betonte, in seinem<br />

ganzen Leben mit Spielen und Rätseln beschäftigte. In den tales of ratiocination fand er<br />

schließlich eine Form, sich mit dem Leser direkt in einem Spiel auseinanderzusetzen, und<br />

legte damit den Grundstein für eine ganz neue Form von Literatur.<br />

In seinen Jugendjahren war Poes Spielleidenschaft jedoch eine Last: Wegen Spielschulden<br />

und daraus resultierenden Problemen mit seinem Ziehvater 89 war er gezwungen, die<br />

Universität vorzeitig zu verlassen und einen nichtakademischen Beruf zu ergreifen. Doch<br />

87 Porter, Pursuit, S.27.<br />

88 Vgl. hierzu Kap. 1.2.2.<br />

89 Vgl. hierzu Meyers, Jeffrey: Edgar Allan Poe. His Life and Legacy. London 1992, S. 28-29.

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