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In zwei Stories werden Gehstöcke - in beiden Fällen auch die potenzielle Tatwaffe - als red<br />

herrings eingesetzt. In „Crooked Man“ (2/7) findet sich neben der Leiche Colonel Barclays<br />

ein exotischer Gehstock, der die Tatwaffe zu sein scheint und dem ehemaligen Soldaten<br />

Wood gehört. Auch in „Norwood Builder“ (3/2) wird am vorgeblichen Tatort der Gehstock<br />

des jungen McFarlane entdeckt. Da Erschlagen eine besonders brutale Art des Mordes<br />

darstellt, wird durch das Einsetzen der Gehstöcke ebenso wie mit Hilfe der Blutspuren und<br />

Knochenfunde eine besonders unheimliche, aber auch spannende Atmosphäre geschaffen.<br />

In anderen Stories setzt Conan Doyle vermehrt red herrings aus dem Bereich der sprachlichen<br />

Irreführung ein. Besonders interessant sind in Bezug auf die Conan Doyle’schen Geschichten<br />

die Homonyme, die zur Verwirrung des Lesers eingesetzt werden. So dient beispielsweise in<br />

der Erzählung „Speckled Band“ (1/8) das Wort „band“ dazu, dem Leser die Lösung zu<br />

erschweren, wird beiläufig doch auch suggeriert, dass „band“ die auf dem Anwesen des<br />

grausamen Roylott lebende Zigeunerbande bezeichnen könnte. Dass „band“ letztlich die<br />

Schlange bezeichnet, die sich an der Klingelschnur herunterlässt und von der geschockten<br />

Julia Stoner als „speckled band“ empfunden wird, wird erst durch Holmes aufgeklärt. In der<br />

Erzählung „Lion’s Mane“ (5/9) setzt Holmes den gleichen Sprachtrick, der auch als<br />

Äquivokation 533 bezeichnet wird, ein: Hier spricht der sterbende Biologielehrer von einer<br />

„lion’s mane“, die ihn verletzt habe. Erst am Ende klärt Holmes auf, dass eine Krake mit dem<br />

Namen Cyanea capillata im Englischen als Lion’s Mane bezeichnet werde - für den Leser ein<br />

unaufdeckbarer red herring. Ein Sprachrätsel taucht auch in der Erzählung „Boscombe<br />

Valley“ (1/4) auf: Der Gutsbesitzer McCarthy kann noch das Wort „rat“ murmeln, bevor er<br />

stirbt. Nur Holmes kann letztlich erkennen, dass es sich hierbei nur um einen Wortfetzen<br />

handelt, und McCarthy eigentlich das Wort „Ballarat“ geäußert hat. Das Rätsel um den<br />

Sterbenden hat also nichts - wie zunächst angenommen - mit einer Ratte zu tun, sondern gibt<br />

Hinweise auf die dunkle Vergangenheit des Opfers und seines Mörders in Australien. Eine<br />

Variante der Äquivokation wird in der Erzählung „Crooked Man“ (2/7) eingesetzt: kurz vor<br />

dem Tod des Colonels hören die Angestellten ihre Herrin den Namen „David“ ausrufen, was<br />

auf den Mörder hinzuweisen scheint. Letztlich stellt sich jedoch heraus, dass Mrs. Barclay den<br />

Namen als Schimpfwort für ihren Mann, der - wie König David - einen seiner Soldaten in den<br />

sicheren Tod schickte, weil er dessen Frau liebte, benutzte.<br />

im Haus von Lord Norberton in „Shoscombe Old Place“ (5/11), dessen Schwester verschwunden ist, befinden<br />

sich Knochen im Kamin, die der Täter vergeblich in Brand gesetzt zu haben scheint.<br />

533 Barthes, Roland: S/Z. Übers. von Hoch, Jochen. (Frankfurt: Suhrkamp), 1976 [1970], S. 207. Wie zitiert in<br />

Wenzel, Peter: „Spannung in der Literatur: Grundformen, Ebenen, Phasen.“ In: Borgmeier, Raimund/ Wenzel,<br />

Peter (Hgg.): Spannung: Studien zur englischsprachigen Literatur. Trier 2001, S. 22-35. Hier: S. 29.

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