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beispielsweise Manfred in Walpoles The Castle of Otranto, der seine eigene Schwiegertochter<br />

ehelichen will. Bis zum heutigen Tag ist dieser Typ des grausamen Missetäters - in<br />

abgewandelter Form - in der Schauer- und Horrorliteratur zu finden.<br />

Im 19. Jh. taucht der Gothic villain auch in den sensational novels auf, so z.B. in der Figur des<br />

bösen Percival Glyde und seines Gehilfen Fosco in Wilkie Collins’ The Woman in White. Da<br />

dieses Buch als Vorläufer der Kriminalliteratur anzusehen ist, nimmt es nicht Wunder, dass<br />

die Figur des bösen Helden sich später auch in den Kriminalerzählungen manifestiert.<br />

In Conan Doyles Werk ist der Gothic villain eine feste Größe. In elf der 56 Erzählungen<br />

tauchen verschiedene Varianten des üblen Missetäters auf, die mehr oder weniger stark<br />

abgewandelt werden. Außer den sehr differenziert gezeichneten Bösewichten, die zu den<br />

untypischen Figuren gezählt werden müssen, lassen sich vier verschiedene Typen des Gothic<br />

villain in den Sherlock-Holmes-Stories ausmachen.<br />

Grimesby Roylott („Speckled Band“, 1/8) und Jephro Rucastle („Copper Beeches“, 1/12)<br />

werden sehr ähnlich beschrieben. Beide sind grausam und rücksichtslos, wirken mysteriös und<br />

besitzen gefährliche, wilde Tiere, die die Brutalität ihrer Herren symbolisieren. Beide gehen<br />

auf diabolische Art und Weise gegen ihre Töchter vor, deren Vermögen sie einbehalten<br />

wollen.<br />

Auch James Windibank aus „A Case of Identity“ (1/3) ist ein Gothic villain und eine<br />

schlechte Vaterfigur. Wie Dr. Roylott (1/8) und Mr. Rucastle (1/10) will er seine Stieftochter<br />

um ihr Erbe betrügen. Windibank wendet einen geschickten Plan an, damit seine Stieftochter<br />

nicht heiratet: Er verkleidet sich als Büroangestellter Hosmer Angel und bemüht sich<br />

vorgeblich um Marys Zuneigung. Windibank hofft, dass Mary, die sich unsterblich in Angel<br />

verliebt, nach dessen Verschwinden am Hochzeitstag und der daraus resultierenden<br />

Enttäuschung keinen anderen Mann mehr heiraten will. Durchtrieben und listig nimmt er so in<br />

Kauf, dass Mary als alte Jungfer ein unglückliches Leben führen wird.<br />

Alle drei Figuren weisen, indem sie brutal gegen die eigene Nachkommenschaft vorgehen, die<br />

schlimmste Form der menschlichen Perversion auf. 195 * Daneben wird in beiden Erzählungen<br />

ein zeittypisches Problem dokumentiert: Waren Väter als Familienoberhaupt nicht besonders<br />

vermögend, konnten eine potenzielle Hochzeit der Tochter und die zu zahlende Mitgift den<br />

finanziellen Ruin der Familie bedeuten. Conan Doyle setzt in den Erzählungen „Speckled<br />

Band“ und „Copper Beeches“ dieses soziale Problem als Motiv für ein Verbrechen ein:<br />

195 Die Töchter bleiben jedoch rein vom bösen Blut ihrer Väter: Sie sind nur die Stiefkinder des Gothic villain.<br />

Rucastle hingegen „vererbt“ seine Grausamkeit an seinen Sohn, der Tiere quält.

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