03.01.2013 Aufrufe

Seite - RWTH Aachen University

Seite - RWTH Aachen University

Seite - RWTH Aachen University

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

225<br />

Phase 1 „Wahrnehmungs- und Unbestimmtheitsphase“: Feststellung eines Rätsels, das<br />

sich entweder in einem einzigen Überraschungsmoment oder in mehreren Stufen darstellen<br />

kann [bei Barthes: Thematisierung, Position sowie explizite Formulierung des Rätsels]<br />

Phase 2 „Reflexphase“: durch die Augen der Betrachterfigur nimmt der Leser die Reaktion<br />

der Figur wahr, wodurch die Spannung gesteigert wird, da sich der Leser mit der Figur<br />

identifiziert. In dieser Phase findet somit eine starke Spannungssteigerung durch Identifikation<br />

statt.<br />

Phase 3 „analytische Phase“: Äußern von Verdächtigungen, Mutmaßungen,<br />

Lösungshypothesen; Legen von falschen Spuren und richtigen Hinweisen [in der<br />

Kriminalgeschichte: Ermittlungsphase]<br />

Phase 4 „Widerstandsphase“: Retardation der Lösung durch Hindernisse und Suggerierung<br />

von Unlösbarkeit des Rätsels [bei Barthes: Blockierung], sowie Hinweise auf die Lösbarkeit<br />

des Rätsels [bei Barthes: Antwortversprechen]. Das Widerspiel von Blockierung und<br />

Antwortversprechen ist wiederholbar und kann flexibel im Text eingesetzt werden.<br />

Phase 5 „Klärungsphase“: Auflösen des Rätsels in einzelnen Schritten, wobei auch hier das<br />

Fortschreiten der Handlung bis zum Lösungsmoment retardiert wird, bspw. durch<br />

aufgeschobene Antwort (der Detektiv gibt zu erkennen, dass er den Täter überführt hat, gibt<br />

seine Erklenntnis aber noch nicht preis), Präsentieren einer Teillösung und letztlich<br />

vollständige Enthüllung des Rätsels.<br />

Dabei sind die Phasen nicht, wie es bei Betrachtung der Modelle den Anschein haben könnte,<br />

rigide getrennt, sondern gehen oft nahtlos ineinander über. 618<br />

Detektivgeschichten unterliegen somit grundsätzlich dem Prinzip des<br />

Rätselspannungsschemas, wobei jeder Autor die Möglichkeit hat, das Schema individuell zu<br />

gestalten. Auch die Struktur der Sherlock-Holmes-Stories ähnelt grundsätzlich dem<br />

vorgestellten Modell. Wie das Conan Doyle’sche Modell des Handlungsverlaufs und seine<br />

Variationsmöglichkeiten aussehen, soll im Folgenden erläutert werden.<br />

3.3.2 Der Handlungsverlauf der Sherlock-Holmes-Stories<br />

Der Handlungsverlauf der Sherlock-Holmes-Geschichten entspricht mit seinen verschiedenen<br />

Sequenzen beinahe exakt dem Rätselspannungsschema. So lässt sich auch hier eine deutliche<br />

Einteilung in Phasen feststellen, wobei jeder Phase eine bestimmte funktionale Rolle im<br />

Handlungsverlauf zukommt.<br />

618 Wenzel, „Spannung“, S. 28.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!