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Weiblichkeit vom Autor oftmals gleichzeitig in Frage gestellt wurde. Als Beispiel führt sie<br />

Marian Halcombe aus Wilkie Collins‘ The Woman in White an, die gar ein männliches<br />

Komplott gegen ihre Verwandte Laura Fairlie verhindert und somit eine starke Frau darstellt,<br />

daneben jedoch in ihrer Beschreibung mit männlich anmutenden Gesichtszügen ausgestattet<br />

wird. 389 Nicht sie selbst, sondern die engelgleiche, devote Laura Fairlie heiratet letztlich den<br />

Helden des Romans.<br />

Auch Conan Doyle ignoriert die Geschehnisse seiner Zeit in Bezug auf die Frauenbewegung,<br />

dabei erschien der letzte Band der Sherlock-Holmes-Stories erst im Jahr 1927.<br />

Die Frauenfiguren bei Conan Doyle sind zumeist nur schwache, hilflose Frauen, die<br />

männlicher Hilfe - nämlich der des Supermannes Holmes - bedürfen, damit ihr Leben wieder<br />

in geordnete Bahnen zurückgeführt werden kann: „[Holmes] has long been a defender of the<br />

helplessly endangered or the falsely accused. Indeed, such clients always make up the bulk of<br />

his practice. The most memorable one, inevitably, are women in need of protection [...].“ 390<br />

In den Stories wird keine Frau gezeigt, die selbstständig und unabhängig ihr Leben leben<br />

kann, 391 außer Mrs. Maberley, die nach dem Tod ihres Mannes beschließt, die Welt<br />

kennenzulernen und Dinge zu tun, die ihr bis dato nicht möglich waren. Ungewollt präsentiert<br />

Conan Doyle somit die groteske Szenerie, dass eine Frau nur nach dem Tod ihres Ehemannes<br />

frei sein kann, was mit Sicherheit nicht seine Intention gewesen ist.<br />

Die einzigen Figuren, in denen die Thematik der New Women anklingt, wie Isadora Klein und<br />

Irene Adler, die auch ohne männliche Führung in der Welt zurechtkommen, verheiraten sich<br />

am Ende der Erzählungen, wobei Ersterer noch - auf Grund ihres unmoralischen<br />

Lebenswandels - ihr Untergang prophezeit wird, falls sie sich nicht in die Hände eines sie<br />

führenden Mannes begibt. Für beide stellt die anstehende Eheschließung die Rettung vor sich<br />

selbst, vor der eigenen Ungezügeltheit, dar.<br />

Mary Sutherland, die de facto die einzige weibliche Hauptfigur ist, die einer beruflichen<br />

Tätigkeit nachgeht, wird von Conan Doyle mit ridikülen Attributen, wie z.B. übertriebener<br />

Garderobe, ausgestattet, um aufzuzeigen, dass ihr Werdegang einer wahren Dame nicht<br />

würdig ist.<br />

Natürlich sieht der Leser die weiblichen Figuren nur durch den male gaze von Watson, der<br />

jedoch für den male gaze des Autors und den einer ganzen von Männern beherrschten Epoche<br />

steht, die eigenartigerweise nach einer Frau benannt wurde. Doch trotz ihres Einflusses und<br />

389 Vgl. hierzu Schabert, Literaturgeschichte, S. 580.<br />

390 Ousby, Crime and Mystery Book, S. 53.

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