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auch die meisten der Handlungselemente und das setting weisen keine proportionale Zunahme<br />

an Variationsstärke auf. Die Variationen auf der Inhaltsebene bleiben durch alle Stories<br />

hindurch relativ konstant: es findet ein ständiges Wechselspiel von bekannten und<br />

unbekannten Elementen statt, was den Leser anspricht und in diesem Ausmaß seinen<br />

Erwartungen an die Sherlock-Holmes-Stories entspricht.<br />

Der äußere Rahmen, der Handlungsverlauf, wird hingegen jedoch zunehmend variiert und in<br />

den späteren Erzählungen immer stärker abgeändert. Somit lässt sich feststellen, dass die<br />

Erzählungen generell nicht „schlechter“ werden, sondern einfach ganz anders konstruiert sind<br />

als die Adventures mit einfachem Handlungsverlauf ohne stärkere Variation. Durch die<br />

starken Variationen, die vor allem in den letzten beiden Bänden auftreten, wird, wie oben<br />

beschrieben, die Position des Lesers verändert. Dies entspricht nicht den Erwartungen, die der<br />

Leser an die Sherlock-Holmes-Stories hat, denn er erwartet, an der Rätselaufklärung<br />

sozusagen „aktiv“ teilnehmen zu können anstatt bloßer Zuschauer zu sein.<br />

Für das Spiel zwischen Autor und Leser eignen sich de facto die Typen 1 und 2 sehr viel mehr<br />

als der Typ 3, denn hier hat der Leser selbst nicht mehr die Möglichkeit, mitzuraten, sondern<br />

wird in die Rolle eines Zuschauers verwiesen. Vom Standpunkt des Lesers sind in Bezug auf<br />

den Handlungsverlauf keine Variationen erwünscht, denn für die spielerische<br />

Auseinandersetzung mit dem Autor im Wettstreit um die Rätsellösung findet er seine Position<br />

nur durch die Augen bzw. die Perspektive Watsons, der selber aktiv an der Aufklärung<br />

teilnimmt. Conan Doyle, der selbst seines Schemas überdrüssig wurde, versucht, durch die<br />

starken Varianten des Handlungsverlaufs einen neuen Typ der Rätselgeschichte zu entwerfen.<br />

Dies gelingt zwar, wobei aber evident ist, dass der neue Typ den Leser - für eine<br />

Kriminalgeschichte unüblich - nicht in das Spiel um die Lösung des Falles mit einbezieht. Es<br />

bleibt somit festzuhalten, dass die Stories des Typs 3 als „richtige“ Kriminalerzählungen nicht<br />

wirklich zulässig sind, weil dem Leser die Chance des Mitratens genommen wird.<br />

Trotzdem entwirft Conan Doyle mit den Extremvarianten eine neue Form von Erzählungen<br />

mit Rätselspannungscharakter, die jedoch nicht mehr in der Tradition der klassischen<br />

Detektivgeschichte steht.

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