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eindeutigen Lösung führen, wie Freeman schon in einem frühen Artikel zur<br />

Detektivgeschichte feststellte: „Die Folgerung muß zwangsläufig und eindeutig aus den<br />

Prämissen hervorgehen. Sie muss die einzig mögliche Folgerung sein und den versierten Leser<br />

nicht darüber im Zweifel lassen, daß sie unanfechtbar ist.“ 520<br />

In den Sherlock-Holmes-Stories lässt sich beim Einsetzen der clues eine starke Abstufung<br />

davon feststellen, wie stark sie verschlüsselt sind. Es gibt viele Erzählungen, in denen die<br />

clues so latent angelegt sind, dass sie vom Leser nicht richtig eingeordnet werden können - die<br />

überraschende Lösung der Erzählung „Silver Blaze“ (2/1) ist ein solcher Fall. Obwohl der<br />

Leser den als Täter verhafteten Hausierer sofort ausschließt, bleibt ihm trotz der clues -<br />

Hufspuren, ein stark gewürztes Curry, ein scharfes Messer - verborgen, wer letztlich der Täter<br />

gewesen ist, da er die clues nicht richtig einordnen kann. Tatsächlich gibt es aber auch<br />

Erzählungen, in denen der Leser die Lösung grundsätzlich weiß, weil er die clues richtig<br />

deuten kann. So kann er beispielsweise die Hinweise in der Erzählung „Copper Beeches“ -<br />

das blaue Kleid, der abgeschnittene Haarzopf - im Kontext der Erzählung richtig einordnen:<br />

Er ahnt, dass die Tochter der Rucastles nicht - wie beiläufig erwähnt - ausgewandert ist,<br />

sondern im Haus gefangen gehalten wird und eine andere junge Frau zum Schein ihren Platz<br />

einnehmen soll. In diesem Fall muss Holmes nur letzte, offene Fragen in Bezug auf das<br />

Verbrechen beantworten. Liegen viele der clues so offen auf der Hand, ist der Leser meist<br />

Zeuge beim letzten Ermittlungsschritt, einer spannungsgeladenen Aufklärungssequenz, bei der<br />

der - schon bekannte – Täter überführt wird. Detektivgeschichten mit so leicht zu<br />

dechiffrierenden clues sind jedoch eine Conan Doyle’sche Eigenart, die keiner seiner<br />

Nachfolger übernommen hat. Bei Agatha Christie beispielsweise ist es vor allen Dingen<br />

wichtig, dass bis zum Schluss viele Fragen des Lesers offen bleiben und dass die<br />

Schlussfolgerungen, die er gezogen hat, sich letztlich als absolut falsch erweisen.<br />

Die clues, die Conan Doyle in seinen Erzählungen einsetzt, lassen sich in verschiedene<br />

Gruppen einteilen. Oftmals geben Kleidungsstücke oder Accessoires Hinweise auf das<br />

wirkliche Geschehen. 521 Auch körperliche Besonderheiten der Figuren können Hinweise auf<br />

520 Freeman, R. Austin: „Die Kunst der Detektivgeschichte“. In. Buchloh, Jens/Becker, Peter: Der<br />

Detektiverzählung auf der Spur: Essays zur Form und Wertung der englischen Detektivliteratur. Darmstadt<br />

1977, S. 103-116. Hier: S. 110.<br />

521 Dazu gehören Staub- und Erdspuren an einer Hose („Red-Headed League“, 1/2), eine Brille („Case of<br />

Identity“, 1/3), ein Brautkleid („Noble Bachelor“, 1/10), das abgebrochene Stück eines Diadems („Beryl<br />

Coronet“, 1/10), ein auffälliges Kleid, das die neue Gouvernante tragen muss, und ein abgeschnittener Haarzopf<br />

(„Copper Beeches“, 1/12), ein Gehstock aus Blei und ein exotisches Tattoo („Gloria Scott“, 2/4), ein Kneifer<br />

(„Golden Pince-Nez“, 3/10), kostbarer, alter Schmuck („Lady Frances Carfax“, 4/6) und die überaus englische<br />

Kleidung eines angeblichen Amerikaners („Three Garridebs“, 5/6).

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