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wird, dass der Leser gleichberechtigter Gegenspieler des Autors sei. Dieser ist dem Leser aber<br />

immer überlegen und einen Schritt voraus. .<br />

Poe ging es nicht nur um die spannende Darstellung eines Mordfalls, sondern auch um „die<br />

Exemplifikation der Denkmethode, die zu seiner Lösung führt“ 112 . In der Nachfolge der ihm<br />

vom Leser zugesandten Kryptogramme gibt er hier in umgekehrter Weise dem Leser ein<br />

Rätsel auf.<br />

2.1.3.1.1 Das Grundschema in „The Murders in the Rue Morgue“<br />

In der ersten Rätselgeschichte von Poe sind viele Elemente enthalten, die später für die<br />

Detektiverzählung konstitutiv werden: es gibt den Detektiv (Dupin), seinen in diesem Falle<br />

noch namenlosen Freund und Helfer, der auch als Erzähler fungiert, mehrere Opfer (Mme.<br />

L’Espanaye und ihre Tochter), Beteiligte (die Bewohner des Hauses in der Rue Morgue),<br />

einen Verdächtigen (Monsieur Le Bon) und den Täter (ein Orang-Utan).<br />

Das Delikt ist ein Doppelmord, der Schauplatz ist Paris. Durch die Wahl des Täters entfällt<br />

ein Motiv, obwohl dem Verdächtigen Monsieur Le Bon Habsucht vorgeworfen wird. Die<br />

Hinweise, clues, auf den Täter und die falschen Fährten überschneiden sich interessanterweise<br />

in dieser Erzählung: Stimmen in verschiedenen Sprachen, von denen die verschiedenen<br />

Hausbewohner berichten, stellen sich schließlich als das Gekreische des Affen heraus.<br />

Daneben dient der Orang-Utan aber auch als Spannungsträger, wirkt ein exotisches Tier, das<br />

Morde verübt, doch äußerst unheimlich.<br />

Auch der Handlungsablauf gleicht in Grundzügen dem späterer Krimis: Dupin und sein<br />

Freund stoßen in einer Zeitung auf das Rätsel des Doppelmordes, in der auch von den<br />

Zeugenaussagen berichtet wird, begeben sich zum Tatort und untersuchen diesen. Dupin<br />

liefert letztlich in einer Aufklärungsszene in seiner Wohnung die Lösung des Falles und<br />

erläutert, wie er zu seinen Schlüssen gekommen ist.<br />

Wie Poe selbst mit der von ihm entworfenen Grundform der Rätselgeschichte experimentierte<br />

und wie er Varianten dieser Form schuf, soll im Weiteren dargestellt werden.<br />

112 Böker, Uwe: „The Murders in the Rue Morgue“. In: Jens, Walter (Hg.): Kindlers Neues Literaturlexikon, Bd.<br />

13. München 1991, S. 489.

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