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(„Blue Carbuncle“ (1/7)), dessen Auftreten auf Grund der einzigartigen Figurenkette, die im<br />

Zentrum des Geschehens steht, nur marginal von Bedeutung ist.<br />

Zumeist ist der Täter schon durch sein Äußeres als Bösewicht zu erkennen, so der<br />

unsympathische Reuben Hayes („Priory School“, 3/5) und der Schläger Steve Dixie („Three<br />

Gables“, 5/4). Ähnlich wie in ihrem Fall erfährt der Leser auch kaum etwas über Prescott, den<br />

Geldfälscher, dessen Druckmaschine „Killer Evans“ („Three Garridebs“, 5/6) sich zu eigen<br />

machen will.<br />

Typ M.I.2: Der „unheimliche Ausländer“<br />

Schon in den Gothic Novels manifestiert sich das Motiv von der Bedrohung der englischen<br />

Kultur und ihrer Werte durch dunkle Mächte von außen. Literarisch wird somit mit der Angst<br />

vor dem Eindringen des fremden, bedrohlichen „Anderen“ in Britannien, das entweder durch<br />

eine einzelne Figur oder aber durch eine unheimliche, besitzergreifende Macht symbolisiert<br />

wird, gespielt. Der grausame, blutsaugende Vampir Dracula ist nur ein Beispiel für eine Figur<br />

des sogenannten Colonial Gothic, das nicht nur die Angst vor Unheil aus den Kolonien,<br />

180 *<br />

sondern generell die Furcht vor allem Fremden zum Thema erhebt.<br />

Später hält das symbolträchtige Bild des fremden, bedrohlichen Ausländers auch Einzug in<br />

die Detektivliteratur: Männliche Figuren, die keine Engländer sind, werden in den Sherlock-<br />

Holmes-Stories beinahe ausnahmslos negativ dargestellt. Dies steht in engem Zusammenhang<br />

damit, dass Conan Doyle als Kontrapunkt zu den zumeist durch und durch integren,<br />

englischen Figuren Charaktere schaffen musste, die dem Leser in ihrem Verhalten und Wesen<br />

völlig fremd erscheinen sollten. Fremdheit wird von Conan Doyle derart instrumentalisiert,<br />

dass die Erzählungen einen umso mysteriöseren, geheimnisvolleren Anstrich erhalten. Das<br />

Einsetzen dieses Figurentyps ist somit nicht als reale Aversion oder Antipathie des Autors<br />

gegen Fremde zu verstehen, sondern dient vielmehr als Kunstgriff, um die Atmosphäre des<br />

Unheimlichen in den Erzählungen zu verstärken.<br />

Zum einen dienen südländisch-mediterrane Figuren mit ihrer Leidenschaftlichkeit und<br />

Unberechenbarkeit dazu, den transparenten, aufrechten englischen Figuren als wesensfremd<br />

entgegengesetzt werden. Als Verstärkung wird in diesem Fall häufig das Motiv des<br />

Geheimbundes eingesetzt, so gehören z.B. die Figuren Gennaro Lucca und Gorgiano („Red<br />

Circle“, 4/3) einer Mafia-ähnlichen Gruppierung namens „Red Circle“ an. Aloysius Garcia<br />

180 Vgl. hierzu Warwick, Alexandra: „Colonial Gothic“. In: Mulvey-Roberts, Marie (ed.): The Handbook to<br />

Gothic Literature. Houndmills 1998, S. 261-262.

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