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180<br />

wissenschaftliche Arbeiten gestützt, und lange besuchten Wissenschaftler Gefängnisse, um<br />

die physischen Unterschiede der Gefangenen zu „normalen“ Menschen zu untersuchen:<br />

„Early in the nineteenth century phrenologists had visited prisons to make case studies of convicts in the belief<br />

that the inordinate mental faculties led to crime. They detected irredeemables from the shape of their heads, their<br />

desperate and fixed expressions and their mental ‘bravado’.“ 517<br />

In Verbindung damit ging man davon aus, dass Verbrecher auf einer niedrigen<br />

Entwicklungsstufe stehengeblieben seien und versuchte im Zuge dieser Theorie, Verbrechern<br />

tierische Merkmale und tierisches Aussehen nachzuweisen. So glaubte beispielsweise ein<br />

Besucher des Gefängnisses in Newgate, an den Gefangenen „animal propensities“ 518 erkennen<br />

zu können.<br />

Conan Doyle spielt häufig auch mit dem Irrglauben, dass böse Menschen tierische Züge<br />

tragen; nicht selten weist Watson auf die Ähnlichkeit eines Verbrechers mit einem Tier hin.<br />

So beschreibt Watson beispielsweise in „Black Peter“ (3/6) das Gesicht des Mörders Patrick<br />

Cairns als „bull-dog face“, während die grausame Mrs. Fraser in „Lady Carfax“ (4/6) „ferret<br />

eyes“ besitzt und der Erpresser Charles Augustus Milverton (3/7) sich „like a rat“ bewegt.<br />

Als tatsächliche clues können die Beschreibungen der Figuren jedoch nicht angesehen<br />

werden. Die clues haben in der klassischen Detektivgeschichte die Aufgabe, dem Leser eine<br />

Lösung zu suggerieren. Der Leser stellt so beim Lesen der Detektivgeschichte eigene<br />

Vermutungen zur Lösung des Falls an. Letztlich kann aber die wahre, vollständige Lösung nur<br />

durch den Detektiv gefunden werden, der die clues - im Gegensatz zum Leser - richtig<br />

einordnen kann. Denn realiter ist die Detektivgeschichte eben so angelegt, dass dem Leser die<br />

Lösung - zumindest teilweise - verschlossen bleibt. „Die clues, Tatbestände und<br />

Informationen, die später Bestandteil der Lösung werden sollen, werden zunächst falsch<br />

kontextualisiert oder so dargeboten, daß der Leser nichts mit ihnen anfangen kann.“ 519 Der<br />

Leser erhält zwar bei der Lösung des Falls des Eindruck, dass er den Fall hätte lösen können -<br />

was natürlich so vom Autor intendiert ist -, hat aber de facto dazu keine Möglichkeit, da ihm<br />

oftmals auch vom Autor Informationen vorenthalten werden, was ihm aber im Moment der<br />

Aufklärung des Falls nicht auffällt. Die clues dürfen letztlich nur zu einer richtigen,<br />

517<br />

De Guistino: Conquest of Mind: Phrenology and Victorian Social Thought. London 1975, S. 145-53. Wie<br />

zitiert in Emsley, Crime, S. 64.<br />

518<br />

Vgl. Emsley, Crime, S. 64.<br />

519<br />

Suerbaum, Ulrich: „Vom Kreuzworträtsel zum Roman. Theorie und Praxis der Detektivgeschichte bei<br />

Dorothy L. Sayers“. Herget/Weber (Hgg.): Theorie und Praxis im Erzählen des 19. und 20. Jahrhunderts.<br />

Studien zur englischen und amerikanischen Literatur zu Ehren von Willi Erzgräber. Tübingen 1986, S. 182-193.<br />

Hier: S. 189.

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