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46<br />

„A Scandal in Bohemia“; „The Boscombe Valley Mystery“, „The Adventure of the Illustrious<br />

Client“, „The Adventure of the Sussex Vampire“, „The Devil’s Foot“. 150<br />

Die ersten Sherlock-Holmes-Geschichten weisen nach Knight immer einen direkten Einstieg<br />

in das Geschehen auf: In den ersten drei Erzählungen taucht Holmes’ Name schon im ersten<br />

Absatz auf, die Anfänge sind kurz und suggestiv. Dies liegt vor allem auch darin begründet,<br />

dass der Leser des Strand Magazine, in dem die Sherlock-Holmes-Stories vor den<br />

Buchfassungen erschienen, durch die kurzen, rätselhaften Anfänge angeregt werden sollte, das<br />

Magazin in Serie zu kaufen - darum musste schon in der Anfangssequenz, die der Leser<br />

vielleicht nur kurz überflog, der Name von Holmes auftauchen. 151 Die „direct openings“ 152<br />

zeigen den Detektiv in direkter Beziehung zum Geschehen und reduzieren die Distanz zum<br />

Leser 153 - ein kurzer Einstieg mit der populären Figur wirkte wie ein Magnet auf den Leser.<br />

Die späteren Geschichten folgen zwar dem gleichen Schema, sind aber dennoch zunächst<br />

mehr mit der Vorstellung eines Rätsels beschäftigt als mit der Figur Holmes.<br />

Die Figuren in Detektivgeschichten weisen keine subtilen Charakterzeichnungen auf; sie sind<br />

bloße Bausteine, um die Handlung voranzutreiben. Besonders formelhafte Beschreibungen<br />

gibt es von Figuren, die als Opfer fungieren: Schon seit der Rätselgeschichte um Mme.<br />

Espanaye und ihre Tochter in „Marie Rôget“ wirken alle Mordopfer farblos und nichtssagend<br />

– sie sind nur funktional und als Katalysator für die Ermittlung anzusehen, deshalb ist es (in<br />

der klassischen Detektivgeschichte) nicht notwendig, eine besondere Beschreibung der Opfer<br />

abzugeben. Es darf nicht zuviel Augenmerk auf das Opfer gerichtet werden, da dies von der<br />

Ermittlung des Detektivs ablenken würde. Der Detektiv selbst hat kein eigenes Interesse an<br />

der Aufklärung des Rätsels; für ihn ist es nur Mittel zum Zweck, sein Können unter Beweis zu<br />

stellen.<br />

Die Handlungen der Sherlock-Holmes-Geschichten sind knapp; sie zeigen viele verschiedene<br />

Vorfälle auf relativ kleinem Raum auf. Es besteht eine starke Handlungsdichte: Es werden<br />

keine überflüssigen Vorfälle, Beschreibungen oder Personen erläutert - in bester Short-Story-<br />

Manier, wie sie von Poe vorgeschlagen wurde. Doyle selbst wusste um die Wichtigkeit eines<br />

solchen stringenten und knappen Plots und bemerkte: „[E]very story really needed as clear-cut<br />

and original a plot as a longish book would do.“ 154 Die kurzen Beschreibungen einer Person<br />

150<br />

Hervorhebungen von der Verfasserin.<br />

151<br />

Knight, Stephen, Form and Ideology, S. 71.<br />

152<br />

Ibid.<br />

153<br />

Der sehr distanziert wirkende Detektiv war nach Ansicht Knights einer der Gründe, warum die ersten Romane<br />

Conan Doyles um die Figur Sherlock Holmes kein Erfolg waren.<br />

154<br />

Conan Doyle, Arthur: Memories and Adventures. London 1924.

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