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149<br />

Beschreibung eines Dorfes aus Northumberland zeigt das in der Literatur oftmals<br />

romantisierte Dorfleben in seiner Realität:<br />

Wretched houses piled here and there without order - filth of every kind scattered about or heaped up against the<br />

walls - horses, cows and pigs lodged under the same roof as their owners, and entering by the same door - in<br />

many cases a pigsty beneath the only window of the dwellings - 3000 people, 60 horses and 50 cows, besides<br />

hosts of pigs and poultry - such is the village of Wark. 416<br />

Anders als vielleicht vermutet, gibt es auf Grund der schwierigen Lebensumstände eine hohe<br />

Kriminalitätsrate in ländlichen Regionen. Vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

lassen sich überraschend viele Gewaltverbrechen und Diebstähle auf dem Land ausmachen,<br />

und erst die Verbesserung der Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung durch<br />

politische Offensiven in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts ließ die unverhältnismäßig hohe<br />

Kriminalitätsrate sinken. 417 Allerdings kommt es aus ungeklärten Gründen vor allen Dingen in<br />

den 80er Jahren zu einem erneuten Anstieg der ländlichen Kriminalitätsrate. 418 Auf die für die<br />

ländlichen Regionen typischen Delikte und Verbrechen wird später noch genauer<br />

eingegangen. 419 Diese Tatsachen stehen der grundsätzlich positiven Zeichnung des englischen<br />

Landlebens im viktorianischen Zeitalter durchaus entgegen.<br />

In der Literatur bleibt die kritische Darstellung der Stadt als Ort der Anonymität und des<br />

Lasters durchgängig bestehen. Für die Viktorianer war ein „modernes“ Leben nur in der Stadt<br />

mit ihren neuzeitlichen Errungenschaften und rapiden Veränderungen möglich. Dabei<br />

entwickelten sich die Städte im viktorianischen Zeitalter in einem kaum zu beschreibenden<br />

Ausmaß: Hatte zu Anfang des Jahrhunderts nur London mehr als 100 000 Einwohner gehabt<br />

(es waren ca. 865 000), erreichten im Jahr 1891 23 Städte in England diese magische<br />

Bevölkerungsgrenze. 80% des Bevölkerungszuwachses zu dieser Zeit war in den Städten zu<br />

vermelden. 420 Durch die rapide Zunahme an Bevölkerung, Arbeitsstätten und Industrie änderte<br />

sich natürlich auch das Gesicht der urbanen Welt: „The compact town of the past, where no<br />

street was more than a few minutes’ walk from open fields, gave way to cities in whose<br />

centers ugly banks and looming warehouses covered the sites of artisans’ shops.“ 421 Diese<br />

besondere Form der Urbanisierung war völlig neu in der Geschichte der Menschheit. Somit<br />

waren zunächst auch die Erwartungen und Erfahrungen in Auseinandersetzung mit der Stadt<br />

415<br />

Ibid., S. 57.<br />

416<br />

Beschreibung eines ländlichen Slums aus Sicht von James Caird, wie zitiert in Hoppen, Mid-Victorian, S. 18.<br />

417<br />

Vgl. hierzu Hoppen, Mid-Victorian, S. 20.<br />

418<br />

Ibid.<br />

419<br />

Vgl. hierzu Kap. 3.2.1.3.<br />

420<br />

Altick, Richard D.: Victorian People and Ideas. London 1973, S. 76.<br />

421 Ibid.

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