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6. Altenbericht

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Und da sich die Vielfalt der Möglichkeiten immer weiterentwickelt, stehen getroffene Entscheidungen<br />

immer wieder neu zur Disposition.<br />

Aus der Perspektive der Multioptionsgesellschaft wächst die Hintergrunderwartung, dass<br />

individuelle Akteure differente Alternsoptionen nutzen und vermehren. Es gilt, Optionalität<br />

bewusst als Chance wahrzunehmen und sich auch im Hinblick auf das Alter verschiedene<br />

Möglichkeiten offenzuhalten. Der Begriff „Multioptionalität“ will auf eine „Optionalisierung“<br />

des Alterns hinaus, das heißt auf eine Kultur des Alter(n)s, die „keine Lebensformen, Sitten<br />

und Gepflogenheiten mehr festschreibt“, sondern Vielfalt als Chance begreift und voll<br />

ausspielt (Baecker 2003: 22).<br />

Noch dazu wissen die Menschen in der Multioptionsgesellschaft um ihre Wahl-, Kombinations-<br />

und Aushandlungsmöglichkeiten. Sie prüfen ihre Optionen selbstbewusst, fragen<br />

sich bis ins hohe Alter fortwährend: „Wie wollen wir leben?“. Sie pflegen einen kritischen<br />

Umgang mit dem Altern, und zwar nach außen wie nach innen. Nach außen unternehmen<br />

sie kritische Kraftanstrengungen, um sich in der Vielfalt von Optionen zu behaupten,<br />

Chancen optimal zu nutzen, eigene Entwürfe zu versuchen. Das schließt allerdings das<br />

Risiko von Fehlurteilen und das Scheitern von Planungen und Perspektiven ein. Nach<br />

innen bedeutet Selbstreflexivität, beizeiten kritisch mit den eigenen Alters-Selbstbildern<br />

umzugehen, nämlich sie immer wieder zu überdenken, anzuzweifeln, nötigenfalls zu revidieren,<br />

was allerdings Verunsicherungen und Überforderungen einschließt. Keine Identifizierung<br />

ist abschließend; jede kann rückgängig gemacht, kann neu durchdacht, kann bis<br />

ins hohe Alter durch Wahrnehmung anderer Gelegenheiten und Optionen verändert werden.<br />

Altersbilder haben demnach nicht mehr zeitlich und räumlich umfassende, sondern<br />

nur mehr temporäre, situationale und selektive Gültigkeit, was übrigens auch Ironie und<br />

Selbstironie einschließt. Und diese Relativität und Perspektivität kann selbst wiederum<br />

zum Gegenstand von Beobachtungen und Kommunikationen, Prüfungen und Aushandlungen<br />

gemacht werden. Es kann zum Beispiel gefragt werden: Wer entwirft und will welches<br />

Altersbild aus welchen Interessen? Wie lassen sich Handlungsspielräume ausweiten,<br />

Lebenschancen maximieren, Lebensqualitäten optimieren? Unter diesen Bedingungen<br />

sind Altersbilder Beobachtungsformeln, die interessengeleitete Perspektiven und Willensrichtungen<br />

formalisieren.<br />

Auf die Anforderungen einer Multioptionsgesellschaft sind diejenigen Bevölkerungskreise<br />

am besten eingestellt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Berufserfahrungen gelernt haben,<br />

mit Unsicherheiten zu rechnen, Gelegenheiten zu ergreifen, Chancen zu maximieren.<br />

Auch für die Ausprägung zeitgemäßer Altersbilder sind solche soziokulturellen Eliten<br />

von besonderer Bedeutung, weil sie veralteten Altersrollen sowie Schreckensszenarien<br />

demografischer und rentenfiskalischer Statistiken selbstbewusst entgegenzutreten ver-<br />

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