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6. Altenbericht

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Pflegeversicherung, das Betreuungsrecht). An dieser Konzeption des Rechts sollte festgehalten<br />

werden. Es schützt vor Ausgrenzung und Sonderbehandlungen und vor damit<br />

verbundenen Diskriminierungen älterer Menschen, die im Rahmen einer polarisierenden<br />

Generationenpolitik funktionalisiert werden könnten. Die altersunspezifische Gestaltung<br />

des deutschen Rechts leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Integration älterer<br />

Menschen und zu einem Altersbild, das von rechtlicher und faktischer Kompetenz älterer<br />

Menschen geprägt ist. Die rechtliche Unterstellung unbegrenzter rechtlicher Handlungsfähigkeit<br />

– im Übrigen grundsätzlich auch bei bestellter Betreuung – unterstützt Leitbilder<br />

der Selbstverantwortlichkeit, der Autonomie und Selbstbestimmung.<br />

Im deutschen Recht können gleichwohl zahlreiche Altersgrenzen identifiziert und dokumentiert<br />

werden. Sie finden sich in vielen Rechtsbereichen: im Berufsrecht und Recht des<br />

öffentlichen Dienstes, im Sozialrecht (auch jenseits der Rentenversicherung), im Recht<br />

des Ehrenamtes und im Recht der kommunalpolitischen Wahlbeamten und Wahlbeamtinnen.<br />

Diese Altersgrenzen sind unterschiedlich motiviert: Sie sollen ältere Menschen<br />

schützen, sollen Berechtigungen vermitteln, und sie sollen die Gesellschaft vor Risiken<br />

schützen, die von älteren Menschen ausgehen können. Sie sehen das Recht auf Ablehnung<br />

und Übernahme von Bürgerpflichten vor. Von einer konsistenten Anwendung der<br />

Altersgrenzen im deutschen Recht kann keine Rede sein. Dies gilt auch für Altersgrenzen<br />

im Berufsrecht: Warum Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen länger arbeiten dürfen als<br />

Notare und Notarinnen ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die strikten Altersgrenzen für<br />

Sachverständige und die Berechtigung von Ärzten und Ärztinnen, (bis 2009 außerhalb<br />

des Kassenarztrechts) ohne Altersbegrenzung beruflich tätig sein zu können. Das Gleiche<br />

gilt für Altersgrenzen im Ehrenamt. Im Berufsrecht ist durch die Aufhebung der Altersgrenzen<br />

für Kassenärzte und Kassenärztinnen angesichts der regionalen ärztlichen Unterversorgung<br />

die Legitimation für berufliche Altersgrenzen unter dem Gesichtspunkt des<br />

Schutzes der Bevölkerung grundlegend ins Wanken geraten. Dieser Umbruch könnte<br />

konstruktiv für eine grundlegende Revision von Altersgrenzen im Berufsrecht, aber auch<br />

für Altersgrenzen bei ehrenamtlichen Tätigkeiten genutzt werden.<br />

Die zumeist als Berechtigung für Altersgrenzen angeführte unterstellte verminderte Leistungsfähigkeit<br />

älterer Menschen prägt negative Altersbilder in der Bevölkerung, aber auch<br />

in der Selbstwahrnehmung älterer Menschen. Die mit Altersgrenzen im deutschen Recht<br />

zumeist verbundene unwiderlegbare Vermutung einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit<br />

älterer Menschen steht in einem Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen über<br />

die Kompetenz älterer Menschen (Igl 2009a). Sie ist sachlich nicht zu rechtfertigen und<br />

stellt eine Diskriminierung zu Lasten älterer Menschen dar. Im Sinne differenzierter Altersbilder<br />

sind Flexibilisierungen bei den Altersgrenzen sowohl im Berufsrecht als auch<br />

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