20.07.2013 Aufrufe

6. Altenbericht

6. Altenbericht

6. Altenbericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

stimmung (bis aktive Unterstützung) nicht nur seitens der Politik, sondern auch vonseiten<br />

der (damaligen) Bundesanstalt für Arbeit, der Gewerkschaften, der Unternehmen und<br />

insbesondere der Betroffenen – und zwar aus jeweils unterschiedlichen Gründen: Während<br />

in der Politik arbeitsmarktpolitische Gründe dominierten, sahen die Gewerkschaften<br />

in der Frührente gleichsam eine soziale Errungenschaft der Arbeiterbewegung. Für die<br />

(meisten) älteren Beschäftigten bedeutete die frühzeitige Verabschiedung mit dem „Goldenen<br />

Handschlag“ den „frühen Beginn einer späten Freiheit“.<br />

Das Eigeninteresse der Betroffenen an einem frühen Ausstieg aus dem Erwerbsleben („je<br />

früher desto besser") wird durch zahlreiche empirische Umfragen aus den 1980er Jahren<br />

belegt. Ein früher Ruhestand galt im Bewusstsein der weitaus meisten (nicht nur älteren)<br />

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen als zivilisatorische Errungenschaft im Sinne eines<br />

„sozialen Besitzstandes", vielfach auch angesehen als „gerechte Gegenleistung“ für oftmals<br />

jahrzehntelange (entfremdete) Arbeitskraftverausgabung für den Betrieb. Das so<br />

konstruierte Bild vom „wohlverdienten Ruhestand“ wurde vor allem in den 1980er Jahren<br />

zu einer lange Zeit parallel zur „Nutzlosigkeit des Alters“ bestehenden Legitimation, die bis<br />

heute seine Bedeutung nicht vollends verloren hat. Auch räumte das Bild vom wohlverdienten<br />

Ruhestand vielen eine – zumindest theoretische – Chance ein, die in der Arbeitswelt<br />

individuell erfahrene Nutzlosigkeit durch neue und selbst verantwortete Freiheiten zu<br />

kompensieren. Insbesondere der Freizeit- und Tourismusbranche dürften diese Altersbilder<br />

erheblichen Zustrom an Nachfrage durch Ältere beschert, ebenso wie sie für viele<br />

pädagogische Berufsgruppen (mit und ohne gerontologischem Hintergrund) neue Beschäftigungschancen<br />

eröffnet haben. Andererseits gab es schon sehr früh vehemente<br />

Gegner und Gegnerinnen des Frühverrentungstrends. Heraufbeschworen wurde das Bild<br />

der durch die vorzeitige Berufsaufgabe „krankgemachten“, sozial ausgeschlossenen älteren<br />

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, gleichsam mit Randgruppen-Status, für die<br />

sich die vorzeitige Berufsaufgabe als zweifelhaftes Geschenk erweisen würde. Allerdings<br />

konnte sich dieses Argument nie wirklich durchsetzen. Zudem erbrachten empirische Studien<br />

hohe Zufriedenheitswerte unter den Frührentnern und Frührentnerinnen und in vielen<br />

Fällen Belege für eine Verbesserung des Gesundheitszustandes nach der vorzeitigen<br />

Berufsaufgabe.<br />

Spätestens in der dritten Phase der Politik für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen<br />

seit Mitte der 1980er Jahre fand die Frühverrentung ihre offizielle Legitimation als arbeitsmarktpolitisches<br />

Regulierungsinstrument. Sie diente nunmehr explizit dazu, Arbeitslosigkeit<br />

abzubauen und die Arbeitsmarktchancen Jüngerer zu erhöhen. Wichtige Stationen<br />

waren u. a. der „Leistungsbezug bei Arbeitslosigkeit unter erleichterten Voraussetzungen“<br />

(1986), die „verlängerte Bezugsdauer von Arbeitslosengeld“ (1986/87) sowie<br />

182

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!